Magdalena Glausen, der Bundesrat hat die Botschaft zur SGH-Revision veröffentlicht. Wie fällt die erste Einschätzung von HotellerieSuisse dazu aus?
Die SGH ist ein zentrales Förderinstrument für die Beherbergungsbranche – doch sie entspricht in ihrer heutigen Form nicht mehr ganz dem Zeitgeist. Wir begrüssen deshalb, dass sie im Rahmen der Revision modernisiert werden soll. Besonders positiv werten wir die vorgesehene Stärkung der SGH als Kompetenzzentrum zur Weiterentwicklung der Branche. Diese Beratungsfunktion ist ein wichtiger Pfeiler für eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Ausrichtung der Betriebe. Insgesamt ist die Revision somit zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung – ein Gewinn für die Branche. Ganz zufrieden können wir mit der Botschaft aber nicht sein: Zwei wichtige Anliegen wurden nicht berücksichtigt – nämlich die Erweiterung des Förderperimeters auf städtische Betriebe und das Impulsprogramm für energetische Sanierungen in Berggebieten.

Der Bundesrat will die SGH nicht für Stadthotels öffnen – trotz eines entsprechenden Parlamentsauftrags. Wie reagiert HotellerieSuisse auf diesen Entscheid?
Wir können nur schwer nachvollziehen, dass sich der Bundesrat hier über den Willen des Parlaments und über ein zentrales Anliegen der Branche hinwegsetzt. Die SGH ist ein Förderinstrument, das sich ausschliesslich an die Beherbergung richtet. Da sollte man meinen, dass eine Ausrichtung, die den aktuellen Bedürfnissen und Rahmenbedingungen der Branche entspricht, ein zentrales Ziel der Revision sein müsste. Wir werden uns nun im parlamentarischen Prozess dafür einsetzen, dass der Förderperimeter angepasst wird – oder eigentlich: dass ein Förderperimeter aus dem Gesetz gestrichen wird. So könnten künftig alle Beherbergungsbetriebe in der Schweiz gleichermassen von der SGH profitieren.

Warum ist es so wichtig, dass künftig auch städtische Individualbetriebe Zugang zu SGH-Fördermitteln erhalten?
Gerade kleinere und mittelgrosse, familiengeführte Stadthotels stehen vor den exakt gleichen Herausforderungen wie ihre Pendants in klassischen Tourismusregionen. Auch sie verfügen meist über eine Kostenstruktur, die Investitionen aus eigenen Mitteln erschwert. Und auch sie haben Mühe, ausreichend Fremdkapital bei Banken zu erhalten. Wenn die Beherbergung in den Städten längerfristig nicht ebenfalls von der SGH-Förderung profitieren kann, riskieren wir, dass in den Städten kleinere Betriebe, die zur Vielfalt beitragen, immer mehr von der Bildfläche verschwinden.

Auch energetische Sanierungen in den Bergen bleiben in der Vorlage aussen vor – dabei sind sie für viele Betriebe überlebenswichtig. Was bedeutet das für die Branche?
Beherbergungsbetriebe wollen ihren Beitrag zur Erreichung des Netto-Null-Ziels der Schweiz bis 2050 leisten. Gerade in den Bergregionen fehlen jedoch oft die finanziellen Mittel für energetische Sanierungen. Ein zentraler Faktor ist, dass solche Sanierungen dort bis zu 30 Prozent teurer ausfallen. Die Anfahrtswege, der Materialtransport und der kaum vorhandene Wettbewerb zwischen Handwerksbetrieben treiben die Kosten in die Höhe. Ohne Unterstützung droht die Umsetzung zu scheitern – obwohl der Wille zur Sanierung bei den Betrieben vorhanden ist. In diesem Zusammenhang muss auch das geplante Entlastungspaket kritisch betrachtet werden. Es würde das Gebäudeprogramm stark einschränken. Wenn gleichzeitig auch das Impulsprogramm nicht in die SGH-Revision aufgenommen wird, verunmöglicht das vielen Betrieben die Finanzierung von baulichen Massnahmen, welche einen essenziellen Beitrag zum Netto-Null-Ziel leisten.

Wenn die Beherbergung in den Städten längerfristig nicht ebenfalls von der SGH-Förderung profitieren kann, riskieren wir, dass in den Städten kleinere Betriebe, die zur Vielfalt beitragen, immer mehr von der Bildfläche verschwinden.

Das Parlament hat mit zwei angenommenen Motionen eigentlich klare Signale gesetzt. Warum blieben diese unberücksichtigt?
In der aktuellen politischen Lage besteht wenig Bereitschaft, den Staatshaushalt durch neue Ausgabeposten zu belasten – wie auch gewisse Rückmeldungen aus der Vernehmlassung nahelegen. Aber das allein darf nicht dazu führen, dass der Bundesrat den klar geäusserten Willen des Parlaments ignoriert. Deshalb werden wir das Parlament erneut mobilisieren, diese beiden Anliegen ins Gesetz zu bringen. Zudem möchten wir auf die Kostenstruktur hinweisen: Eine Erweiterung des Förderperimeters hätte keine negativen Auswirkungen auf den Staatshaushalt, da allfällige zusätzliche finanzielle Mittel rückzahlbare Darlehen darstellen. So musste der Bund seit Inkraftsetzung der Totalrevision von 2003 noch nie SGH-Darlehenskapital abschreiben. So oder so darf eine Erweiterung nicht auf Kosten der Berg- und Landhotellerie erfolgen, was vor dem Hintergrund der stabilen finanziellen Lage der SGH nicht der Fall wäre.

Was erwartet HotellerieSuisse jetzt vom Parlament?
Die Vorlage wird voraussichtlich in der Sommersession im Parlament behandelt. Bis dahin werden wir unsere Verantwortung wahrnehmen und die Parlamentarierinnen und Parlamentarier für die Relevanz unserer Anliegen sensibilisieren. Wir möchten aufzeigen, dass es eine verpasste Chance wäre, die Realität des heutigen Tourismus in der Schweiz zu ignorieren. An starren Definitionen von Kurort oder Fremdenverkehrsgebiet festzuhalten, ist nicht mehr zeitgemäss. Die Städte boomen – gerade internationale Gäste planen ihre Schweiz-Reise zunehmend von urbanen Zentren aus. Wenn wir diese Entwicklung nicht abbilden, schwächen wir den touristischen Standort Schweiz.