Es ist ein Exponat der aussergewöhnlichen Art, welches die Besucherinnen und Besucher an der diesjährigen Zuger Messe zu Gesicht bekommen: eine zum Hotelzimmer umfunktionierte Betonröhre, die beim Bau des 2018 fertiggestellten Entwässerungstunnels der Stadt Zug übrig blieb. Dank des ausgeklügelten Innenausbaus kommen auf den rund acht Quadratmetern keinerlei Komfortwünsche zu kurz. Dereinst sollen dem Prototyp fünf weitere Röhrenzimmer folgen, die pyramidenförmig aufgetürmt zur originellsten Herberge im Zugerland werden sollen.
Zwischen 2016 und 2018 wurde mit dem Projekt Seapipe 2.0 die neue «Vorflutleitung Zugersee» im Microtunneling-Verfahren verlegt. Die 1,8 Kilometer lange Röhre hat einen Durchmesser von 2,7 Metern. Sie befindet sich fünf bis zwölf Meter tief unter der Erde und ist das Kernstück des Grossprojektes «Entwässerung Zug Nord», welches Regenwasser aus dem nördlichen Teil der Stadt in den Zugersee führt. Sechs der Röhrenelemente von jeweils 4 Metern wurden nicht verbaut. Nun haben sie eine neue Bestimmung gefunden.
Zur Person
Dieter Brendel hat als Hochseekapitän von Containerschiffen und Yachten die Welt bereist. Später realisierte der Ingenieur spezielle Bauten wie den Pfahlbau «Lamin Lodge» in Gambia, das urige Restaurant «La Era» in einem Felsen auf Gran Canaria oder ein Skihaus mit Sommereisfeld in Hochstuckli. Mit seinem Unternehmen MEBAG Bau und Planungsträgerschaft AG erstellte Brendel unter anderem die neuen Bürogebäude der Nord Stream AG. Neben dem Röhrenhotel ist Dieter Brendel mit dem Skihaus Hochstuckli und dem Projekt Oldtimerland Schweiz an der Zuger Messe vertreten.
Gemütlich wie in einer Kajüte
Beim Upcycling-Projekt «Sleepipe» handelt es sich um eine Co-Produktion der Zuger Schreinerei Brändle und dem für seine Pionierbauten bekannten Projektentwickler Dieter Brendel. Rolf Brändle und Dieter Brendel kennen sich seit über 15 Jahren.
Gemeinsam haben sie mehrere Vorhaben realisiert, darunter den Bau und Ausbau der «Nord Stream 2», dem neuen Bürokomplex der Nord Stream AG an der Baarerstrasse. Die erprobte Zusammenarbeit führte auch beim Bau der «Sleepipe» zum Erfolg: «Hier drin ist’s gemütlich wie in einer Kajüte», lobt der ehemalige Kapitän Brendel die massgefertigte Ausstattung.
Kleiner Raum mit grossem Komfort
Das elektrifizierte Röhrenzimmer verfügt neben Schlafsofa, Tisch und Einbauschränken über eine durchdachte Badeinrichtung inklusive Lüftung sowie eine Fussbodenheizung. «Ob begehbarer Kleiderschrank oder beheizte Hundehütte – Spezialanfertigungen sind unser Steckenpferd», sagt Schreinermeister Rolf Brändle. «Eine kompakte Zimmerausstattung in einem kreisrunden Raum ist aber durchaus nichts Alltägliches. Die Herausforderung besteht darin, auf kleiner Fläche umfassenden Komfort zu bieten und dabei trotzdem ein grosszügiges Raumgefühl zu erzeugen». Wie die Herausforderung gemeistert wurde, können die Besucherinnen und Besucher der Zuger Messe bestaunen.
Strom- und Wasseranschlüsse vorausgesetzt, ist der Standort des Röhrenhotels grundsätzlich flexibel. Allerdings erfordert der Transport der je 25 Tonnen schweren Röhrenzimmer einen gewissen Aufwand. «Areale, die für Zwischennutzungen freigegeben sind, würden sich besonders gut eignen», sagt Bauherr Brendel. «Aber zwei bis drei Jahre an einem Ort sollten es schon sein». Ein Baugesuch hat er bereits eingereicht. Das Röhrenhotel soll professionell vermarktet werden. Buchung und Self-Check-in lassen sich via Smartphone abwickeln. (htr)