Hotels gibt es im Tessin einige. Doch kleine Häuser bekunden häufig wirtschaftliche Schwierigkeiten, es fehlt an Mitteln für nötige Renovationen. Als Folge schliessen sie oder werden in Wohnhäuser umgebaut.
In dieser Entwicklung setzt das neu eröffnete Charme-Hotel Relais Castello di Morcote einen echten Kontrapunkt. Ein zuletzt ungenutzter Palazzo aus dem 17. Jahrhundert im Dorf Vico Morcote wurde komplett saniert und in ein luxuriöses Charme-Hotel verwandelt. Wo einst Benediktinnerinenn im Kloster wohnten, sind 12 elegante Zimmer oder Suiten entstanden.
Die in London ansässige Innenarchitektin Francesca Neri kümmerte sich um jedes Detail. In Parterre empfängt ein grosser herrschaftlich eingerichteter Salon mit Kassettendecke aus dunklem Holz sowie ein grosser Kamin die Gäste und lädt zur Entspannung ein. Die Lampen sind aus umgestülpten Fischkörben gemacht. Das Innere des Gebäudes ist verschachtelt und präsentiert sich fast wie ein Labyrinth. Jedes Zimmer hat eine eigene Form und Note, die Nasszellen geräumig. Im Dachgeschoss wurde eine Suite eingerichtet, die über Metalltreppen erreichbar ist. Es sind Überbleibsel einer amerikanischen Architekturfakultät, die hier über Jahre eine Sommer-School betrieb. Zuvor gehörte das Patrizierhaus einer Mailänder Familie und lange der Familie Ruggia.
Etwas weiter entfernt – zu Fuss läuft man eine Stunde; im Auto dauerte es nur wenige Minuten - erreicht man das mit 14 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnete Restaurant Vicania auf der gleichnamigen Alp, das ebenfalls zum Landgut Castello di Morcote gehört. Chefkoch Andrea Bertarini verwöhnt hier seine Gäste mit Tessiner Alp-Gerichten, selbstgemachter Pasta und anderen Köstlichkeiten. Bei den Gerichten setzt man auf lokale Produkte. Nachhaltigkeit wird gross geschrieben.
Das Relais Castello di Morcote befindet sich auf einer vom Luganer-See umgebenen Landzunge. In unmittelbarer Nachbarschaft liegen die traditionsreichen Dörfer Morcote, Vico Morcote und Carona mit ihren alten, gut erhaltenen Dorfkernen. Anlässlich der Eröffnung gab Gaby Gianini eine regelrechte Liebeserklärung an diesen Landstrich ab. In einer flammenden Rede – mit Verweis auf das Vulkangestein der Gegend – erklärte sie, warum es wichtig sei, dass ansässige Familien als Gastgeber tätig werden: «Wir müssen nicht darauf warten, dass Auswärtige kommen und dies für uns tun – wie müssen es selbst machen.» Sie selbst sieht ihr Engagement als Fortführung einer Tradition, welche ihr Grossvater begründet hat.
Für einen kleinen Ort wie Vico Morcote mit 400 Einwohnern ist die Eröffnung eines Hotels direkt im Dorfkern ein aussergewöhnliches Ereignis. «Ich bin überglücklich», sagt Gemeindepräsident Giona Pifferi. Denn auch für die Einheimischen ist das kleine Haus eine neue Anlaufstelle. Im Tee-Salon können sie morgens ihren Cappucino trinken.