Die Initiative «Für gesunde sowie umweltfreundlich und fair hergestellte Lebensmittel» (Fair-Food-Initiative) will die hohen Schweizer Lebensmittelstandards schützen und fordert Standards für Importprodukte. Produkte aus industrieller Massenproduktion sollen damit vom Schweizer Markt fern gehalten werden.

Bereits in der Verfassung
Der Bund würde gemäss der Initiative die Anforderungen an die Standards festlegen und sicherstellen, dass Importprodukte diesen genügen. Dazu könnte er Einfuhrzölle anheben.

Für stärker verarbeitete und zusammengesetzte Lebensmittel sowie für Futtermittel müsste er Ziele anstreben. Weiter sollen die Folgen von Transport und Lagerung für die Umwelt sowie die Verschwendung von Lebensmitteln reduziert werden.

Der Ständerat lehnte die Initiative am Dienstag mit 32 zu 3 Stimmen bei 9 Enthaltungen ab – die Ja-Stimmen und die Enthaltungen kamen aus dem rot-grünen Lager. Die Mehrheit verwies auf den neuen Verfassungsartikel zur Ernährungssicherheit.

Isidor Baumann (CVP/UR) sagte als Sprecher der Wirtschaftskommission (WAK), dieser Artikel nehme die wesentlichen Elemente der Initiative auf. Die übrigen Punkte halte die WAK nicht für umsetzbar, auch wegen der WTO-Verpflichtungen der Schweiz. Die Initiative habe protektionistische Tendenzen und könnte Konsumenten bevormunden.

Risiken ausschalten
Die SP beantragte einen direkten Gegenvorschlag, unterlag aber. Es gehe darum, allfällige Risiken der Initiative auszuschalten, sagte Roberto Zanetti (SP/SO). Die Initiative habe durchaus Chancen, an der Urne eine Mehrheit zu erhalten.

Der Gegenvorschlag wolle den Import von nachhaltig produzierten Lebensmitteln fördern. «Er fördert das Erwünschte anstatt das Unerwünschte zu verbieten», führte Zanetti aus.

Verfassungsbestimmungen zum Thema sichere Ernährung gebe es bereits genug, entgegnete Hannes Germann (SVP/SH). Und Damian Müller(FDP/LU) warnte vor einem Schuss ins eigene Knie, denn nicht alle seien bereit, für Schweizer Standards höhere Preise zu bezahlen.Müller verwies dabei auf den Einkaufstourismus.

Bewusstes Einkaufen
Peter Föhn (SVP/SZ) hätte sich einen Rückzug der Fair-Food-Initiative gewünscht nach dem Ja zum Artikel zur Ernährungssicherheit. Weitere Bestimmungen seien nicht nötig, umso mehr als die Menschen in der Schweiz zunehmend bewusst einkauften.

Bundespräsident Alain Berset hielt neue Verfassungsgrundlagen ebenfalls nicht für nötig. Wolle man eine Debatte führen, dann sollte dies auf Gesetzesebene geschehen, sagte er.

Robert Cramer (Grüne/GE) als Co-Präsident des Initiativkomitees warb für das Volksbegehren. Es drehe sich um die Produktion von Nahrungsmitteln und unterscheide sich darin von der Initiative für Ernährungssicherheit der Bauern. «Es geht um die Perspektive der Konsumenten und um das Unterbinden von Umwelt- und Sozialdumping.»

Der Rat lehnte ein Eintreten auf den Gegenvorschlag schliesslich mit 31 gegen die 13 Stimmen ab. Im Nationalrat war bei der Behandlung der Fair-Food-Initiative im vergangenen Herbst dieselbe Verfassungsänderung diskutiert und ebenfalls verworfen worden, mit119 zu 60 Stimmen.

Drei Initiativen zu Ernährung und Landwirtschaft
Die Fair-Food-Initiative ist eines von drei innerhalb von knapp zwei Jahren eingereichte Volksbegehren zu Ernährung und Landwirtschaft. Sie wird unter anderem von den Grünen, der EVP und von Tierschutz- und Kleinbauernorganisationen unterstützt.

Im September 2017 nahm das Volk den Verfassungsartikel zur Ernährungssicherheit deutlich an. Dieser beauftragt den Bund, Voraussetzungen zu schaffen, um die Versorgung der Schweiz mit Lebensmitteln sicherzustellen. Der Artikel ist der Gegenvorschlag zu einer zurückgezogenen Initiative des Bauernverbandes.

Das dritte Begehren der Reihe ist die Initiative «für Ernährungssouveränität» der Bauerngewerkschaft Uniterre. Der Nationalrat hat das Nein bereits beschlossen, und der Ständerat wird diese Initiative voraussichtlich in der laufenden Session beraten.

Die Initiative fordert, dass die einheimische bäuerliche Landwirtschaft gefördert und auf eine Versorgung mit überwiegend hiesigen Lebens- und Futtermitteln geachtet wird.


Die politische Haltung zur Initiative von hotelleriesuisse und Parahotellerie Schweiz
hotelleriesuisse und Parahotellerie Schweiz empfehlen die Ablehnung der Volksinitiative. Die Fair-Food-Initiative würde zu einer weiteren Abschottung des Agrarmarktes führen. Damit würden sie gegen bestehende Handelsverträge (bilaterale Verträge, EU, WTO) verstossen und neue Freihandelsabkommen, die einen Abbau des Agrargrenzschutzes zur Folge hätten, verunmöglichen, argumentieren der Branchenverband und die IG ihre Haltung gegenüber der Initiative.

Sie befürchten, dass durch die neuen Standards sich die ohnehin hohen Lebensmittelpreise in der Schweiz weiter verteuern würden. Die Hotelbranche leide unter hohen Beschaffungskosten bei den Nahrungsmitteln, insbesondere beim Fleisch, bei dem die im Vergleich zum Ausland überteuerten Fleischpreise zu einem grossen Wettbewerbsnachteil führen, halten die Verbände weiter fest.