Wer im Restaurant isst, bezahlt 8 Prozent Mehrwertsteuer. Bei einem Imbissstand beläuft sich die Mehrwertsteuer für die gleiche Mahlzeit zum Mitnehmen auf 2,5 Prozent. Darin sieht die Gastrobranche eine Ungleichbehandlung, welche sie mit der Initiative «Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes» beheben will.
Dazu müsste laut Bundesrat der Mehrwertsteuersatz für Speisen und alkoholfreie Getränke im Restaurant auf den tieferen Satz gesenkt werden, was zu Steuerausfällen von bis zu 750 Millionen Franken führen würde. Der Nationalrat lehnte die Initiative als Erstrat mit 94 zu 78 Stimmen bei 16 Enthaltungen ab.
Unterschiedliche MWST für gleiche Produkte
Für die Initiative eingesetzt hatte sich die SVP, aber auch grössere Teile der CVP. Ein Arbeiter bezahle bei einem täglichen Besuch im Restaurant 30 Franken Mehrwertsteuer pro Monat, wer beim Take-Away vergleichbare Speisen konsumiere dagegen nur 10 Franken, stellte Adrian Amstutz (SVP/BE) fest. «Es ist doch absurd, wenn man für das gleiche Produkt unterschiedlich hohe Steuern bezahlt.»
Bedenklich sei auch, dass Restaurants stärker belastet würden, obwohl sie mehr Personal einsetzten und im Gegensatz zur Take-Away-Branche auch für die Abfallentsorgung aufkämen.
Die Befürworter der Initiative monierten eine Wettbewerbsverzerrung im harten Konkurrenzkampf der Gastrobetriebe, nachdem Restaurants auch bereits unter dem Rauchverbot und der tieferen Promille-Grenze litten. Die Leute gingen wegen der tieferen Mehrwertsteuer eher zum Take-Away, sagte Sebastian Frehner (SVP/BS). «Das Gastgewerbe wird mit der höheren Mehrwertsteuer abgezockt», sagte Alois Gmür (CVP/SZ).
Gleichgestellt mit Nahrungsmittelkauf
Die Begründung für den Satzunterschied liegt darin, dass Restaurants wegen der Bedienung und Annehmlichkeiten wie Toiletten als Dienstleistungen betrachtete werden und deshalb unter den Normalsatz fallen. Vor allem beim Nachtessen sei der Restaurantbesuch mehr als nur Nahrungsaufnahme, hielt die Gegner der Initiative fest.
Take-Aways profitieren vom reduzierten Satz für den reinen Nahrungsmittelverkauf. Diese Unterscheidung verteidigten die Gegner. «Die Reduktion ist dazu da, dass Grundbedürfnisse weniger stark belastet werden», sagte Prisca Birrer-Heimo (SP/LU). Eine Senkung zu Gunsten der Gastrobranche treffe vor allem die wirtschaftlich schwächste Klasse.
Eine Senkung würde auch die Probleme der Restaurants nicht lösen, sagte Ruedi Noser (FDP/ZH). Deren Herausforderung seien die geänderten Verpflegungsgewohnheiten der Bevölkerung und nicht die Take-Aways oder die höhere Mehrwertsteuer.
«Extrawurst für Wirte»
Die Linke und auch Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf kritisierten auch die Steuerausfälle. Barbara Gysi (SP/SG) sprach von Steuergeschenken und einer «Extrawurst für Wirte». Die Ausfälle von bis zu 750 Millionen Franken seien nicht zu verkraften. Amstutz entgegnete, dieses Geld stehe dafür den Konsumenten und Unternehmen zur Verfügung.
Die Mehrwertsteuer war in den vergangenen Jahren Dauerthema in der Bundespolitik. Bürgerliche Politiker bedauerten, dass mehrere Reformen der Mehrwertsteuer gescheitert sind. «Das einzig richtige wäre die Einführung eines Einheitssatzes», sagte Noser. Damit wäre auch das Problem der Restaurants gelöst worden.
Das Projekt, das auf FDP-Bundesrat Hans-Rudolf Merz zurückgeht, hatte das Parlament versenkt, ebenso ein Alternativprojekt mit zwei Sätzen und weniger Ausnahmen.
Gegenvorschlag abgelehnt
Abgelehnt hat der Nationalrat auch ein Gegenvorschlag, den die Kommission ursprünglich ausgearbeitet, dann aber nach harscher Kritik in der Konsultation verworfen hatte. Der Gegenvorschlag würde Nahrungsmittel grundsätzlich danach unterscheiden, ob sie warm oder kalt verkauft werden. Warme Speisen würden zum Normalsatz besteuert, kalte zum reduzierten Satz.
Das bringe nur neue Ungerechtigkeiten, Abgrenzungsprobleme beispielsweise für Bäckereien oder Metzgereien sowie einen beträchtlichen administrativen Aufwand, hiess es links wie rechts. Der Gegenvorschlag, den der Grüne Alec von Graffenried (BE) eingebracht hatte, scheiterte deutlich mit 163 zu 18 Stimmen. (av/sda)