Zu diesem Schluss kommt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in ihren am Donnerstag publizierten Berichte zu den flankierende Massnahmen (FlaM) und zu Schwarzarbeit. Die im Bericht publizierten Zahlen zeigten, dass die FlaM «ihre Rolle zum Schutz der Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Schweiz wahrnehmen», sagte Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Seco, an einer Telefonkonferenz.
Insgesamt wurden 2019 41'305 Unternehmen und über 160'000 Personen kontrolliert. «Damit haben wir unser Kontrollziel übertroffen», führte Peter Gasser, stellvertretender Leiter der Direktion für Arbeit an.
2019 stiegen auf nationaler Ebene die gemeldeten Verstösse gegen allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge (GAV) im Entsendebereich von 20 auf 21 Prozent. Auch auf kantonaler Ebene wurden «bei Entsandten eine leichte Zunahme der Lohnunterbietungen von 14 auf 15 Prozent» festgestellt.
Bei Schweizer Arbeitgebern konnte jedoch «einen Rückgang der Unterbietungen von Lohnbestimmungen von 12 auf elf Prozent» festgestellt werden. Bei den meldepflichtigen «selbständigen Dienstleistungserbringern» vermutet das Seco über alle Branchen hinweg bei acht Prozent der 5'993 Kontrollen eine Scheinselbständigkeit – das entspricht 461 Fällen. All diese Zahlen sind jedoch laut Seco «nicht repräsentativ für die Gesamtsituation auf dem Arbeitsmarkt», denn kontrolliert wird vor allem in jenen Branchen, die für Lohn- und Sozialdumping anfällig sind.
Verständigungsverfahren sind erfolgreich
Gute Erfahrungen wurden laut Seco auch mit den so genannten Verständigungsverfahren gemacht, die dort ihre Anwendung finden, wo es keine Mindestlöhne gibt. 2019 wurden 1184 Verständigungsverfahren eröffnet – 780 bei Schweizer Unternehmen und 404 bei Entsendebetrieben, also Firmen aus dem Ausland.
Bei Schweizer Arbeitgebern konnten 57 Prozent der Verfahren erfolgreich abgeschlossen werden. Bei Entsendebetrieben waren es sogar 84 Prozent. Mit 83 Prozent wurden bei Schweizer Arbeitgebern laut Seco am meisten Verständigungsverfahren in den Kantonen Genf, Zürich und Waadt durchgeführt. Ziel dieser Verständigungsverfahren ist es, Lohnanpassungen zu erreichen, «damit diese zukünftig die branchen- und ortsüblichen Lohnbestimmungen einhalten».
Weniger Schwarzarbeit
Die Schwarzarbeit ist gemäss Seco in der Schweiz 2019 gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen: bei Betrieben um 20 Prozent und bei Personen um 19 Prozent. «Unter Schwarzarbeit verstehen wir eine üblicherweise gegen Entgelt ausgeübte selbständige oder unselbständige Arbeit, die an sich legal ist, bei deren Ausübung aber gegen Rechtsvorschriften verstossen wird», erklärte Gasser. Von den 12'554 Verdachtsfällen von Schwarzarbeit gab es 3356 «Rückmeldungen der Spezialbehörden an die kantonalen Kontrollorgane über getroffene Massnahmen und verhängte Sanktionen».
Grund für den Rückgang von Schwarzarbeit sei die vermehrte Nutzung eines vereinfachtes Lohnabrechnungsverfahren, schreibt das Seco. Ein Grossteil der gestiegenen Anmeldungen ist jedoch auf einen technischen Systemwechsel zurückzuführen. Insgesamt wurden 12'181 Betriebs- und 34'965 Personenkontrollen durchgeführt. Kontrolliert wurde gemäss Seco schwerpunktmässig im Bauhaupt- und Baunebengewerbe, im Gastgewerbe sowie im Handel.
Gewerkschaften nehmen Stellung
«Wo kontrolliert wird, werden Verstösse aufgedeckt», schreibt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) in einer Mitteilung zu den veröffentlichten Berichten des Seco. Die FlaM seien daher wichtiger denn je.
Laus SGB ist in Branchen mit GAV-Mindestlöhnen die Verstossquoten etwas höher, «weil der Dumping-Tatbestand durch diese Mindestlöhne klar definiert ist». In den übrigen Branchen erlaubten die Kantone teilweise Abweichungen von den üblichen Löhnen gegen unten, so dass ein Teil der Firmen mit zu tiefen Löhnen den Kontrolleuren entgingen.
Nicht tolerierbar ist für den SGB das Verhalten der Schweizer Unternehmen, die zu tiefe Löhne bezahlt haben. Nicht alle hätten die Aufforderung der Kantone befolgt, ihre Löhne zu korrigieren. «Dennoch erlassen Bund und Kantone kaum Mindestlöhne, obwohl das im Gesetz so vorgesehen wäre.»
Die Gewerkschaft Travail Suisse schrieb mit Blick auf die Begrenzungsinitiative: «Wer die Personenfreizügigkeit nicht will, will auch die flankierenden Massnahmen nicht und ist damit für eine Schweiz ohne Lohnschutz.» Das betreffe alle, die in der Schweiz lebten und arbeiteten. Daher sei die Begrenzungsinitiative der SVP «ein Frontalangriff auf den Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen in der Schweiz», betonte Gabriel Fischer von Travail Suisse.
Nach Inkrafttreten des Abkommens zur Personenfreizügigkeit im Jahre 2002 führte die Schweiz 2004 die FlaM ein. Diese haben zum Ziel, Erwerbstätige vor missbräuchlichen Unterschreitungen der Schweizer Lohn- und Arbeitsbedingungen zu schützen. Zudem sollen sie gleiche Wettbewerbsbedingungen für in- und ausländische Unternehmen gewährleisten. (sda)