Berno Stoffel, wo feiern Sie den Saisonauftakt?
Mein Winterauftakt fand im Sommer statt. Da mein Sohn heuer zum ersten Mal FIS-Rennen fährt, habe ich ihn nach Zermatt zu Skitests begleitet. [RELATED]

Wie blicken Sie auf den Winter 2024/2025?

Mit einem guten Gefühl! Die Stimmung in der Branche ist positiv. Wir haben in den letzten Jahren Resilienz bewiesen. Das bringt zum Saisonauftakt Ruhe und Optimismus in die Betriebe.

Die Schlagzeilen spiegeln nicht unbedingt Ihre Sicht wider.

Es gehört zur Rolle der Medien, kritisch zu hinterfragen und teilweise Themen zu überspitzen. Es wird durchaus auch viel Positives berichtet. Als Verband setzen wir zunehmend auf Medienarbeit, was Wirkung zeigt. Das beinhaltet auch Aufklärungsarbeit innerhalb der Redaktionen. Uns ist wichtig, dass wir für Bergbahn-relevante Themen die erste Anlaufstelle der Medien sind.

Für Schlagzeilen sorgt regelmässig die steigende Nullgradgrenze. Welche konkreten Massnahmen sind geplant?

Die Schneesicherung ist Thema Nummer eins. Die Wertschöpfung im Winter ist pro Gast rund dreimal höher als im Sommer. Zur Schneesicherung gehört in erster Linie die Beschneiung. Auch die Entwicklung höher gelegener Skigebiete rückt in den Fokus. Wir sprechen von rund 300 Metern bis 2050. Daneben konzentrieren wir uns auf die Diversifikation. Künftig werden wir in tiefer gelegenen Regionen vermehrt «Winter-on-off-Situationen» haben. Sich ändernde Schneesituationen zwingen die Bergbahnen, ihr Angebot anzupassen, Pisten zu öffnen, zwischendurch mal zu schliessen und dann wieder zu öffnen. Einen weiteren Fokus bildet der Ausbau des Sommergeschäfts.

Schneesicherheit ruft die Kritiker auf den Plan. Wie halten Sie dagegen?

Die technische Beschneiung ist die Lebensversicherung für den Winter. Wir brauchen dafür rund 60 Gigawattstunden Strom pro Jahr. Mit Blick auf den gesamten Energieverbrauch der Schweiz ist das praktisch nichts. Für die Wertschöpfung der Regionen ist die Schneesicherheit aber von immensem Wert. Nachhaltigkeit beinhaltet den ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Aspekt. Der wirtschaftliche und der soziale Mehrwert der Schneesicherheit dank technisch produziertem Schnee überwiegen sehr stark.

Als Verband setzen wir zunehmend auf Medienarbeit.

Wie schnell muss die Entwicklung der Beschneiungsinfrastruktur vorangehen?

Wir rechnen in den nächsten zehn Jahren mit einem 10-Prozent-Ausbau. Der Ausbau muss finanzierbar sein, und die Anlagen müssen effizienter werden. Die Entwicklung ist auf Kurs und verbessert sich fortwährend.

Schweizerinnen und Schweizer sind durchschnittlich fünf- bis sechsmal pro Jahr auf den Ski. Ist das genug?

Natürlich dürfte es noch mehr sein. Die Schweizer Gäste sind aber präsent auf den Pisten und generieren jährlich 16 bis 17 Millionen Skitage. In den letzten zehn Jahren haben wir auch nicht an Frequenzen eingebüsst. Ein Trend stimmt uns positiv: Unter den Jugendlichen rückt die Bewegung in der Natur vermehrt in den Vordergrund.

Zu jedem Preis?

Ein Skitag in der Schweiz kostete letztes Jahr durchschnittlich 38.60 Franken. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist gerechtfertigt. Das finden gemäss Studie auch unsere Gäste aus Deutschland und Österreich. Doch ist nicht jedes Gebiet zu jedem Hochsaisontag für jedes Portemonnaie erschwinglich. Dieses Verständnis ist noch nicht überall vorhanden.

Blühen uns alsbald Skitagespreise wie in Nordamerika um die 300 Franken pro Person?

Ich setze keine Preisgrenze, sehe aber keine Tendenz, dass es in diese Richtung geht. Skifahren bleibt ein erschwinglicher Volkssport. Insgesamt ist der Durchschnittspreis in den letzten zehn Jahren um 15 Prozent gestiegen. Die grossen Preistreiber waren die Personal- und die Energiekosten. Es wurden bei weitem nicht alle Kosten auf den Gast überwälzt. Die grossen Gebiete heben die Preise im kommenden Winter um rund ein Prozent an, bei den mittleren sind es zwei bis drei Prozent. Diese Preise werden von den Gästen gut akzeptiert.

Die Expansion von Vail Resorts sorgte 2023/2024 für Aufsehen. Wie sehen Sie ausländische Investitionen im Schweizer Seilbahnmarkt?

Für Investoren sind zwei Faktoren entscheidend: Professionalität und lokale Verankerung. Beide Bedingungen müssen gegeben sein, damit sich ein Einstieg lohnt. Allen schlechten Investorenbeispielen in der Schweiz mangelte es bislang am einen oder andern Faktor. Bergbahnen sind ein People-Business. Das Verständnis für den lokalen Tourismus und die Bevölkerung muss vorhanden sein. Vail Resorts hat dieses Verständnis in Andermatt bewiesen. Für Crans-Montana war die Übernahme durch Vail Resorts ein Glücksfall.

Die technische Beschneiung ist die Lebensversicherung im Winter.

Wo stehen die Schweizer Seilbahnen in Sachen ökologische Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist in der Strategie von über 90 Prozent unserer Betriebe verankert. Es wird zwar sehr viel gemacht, aber noch wenig kommuniziert. Der Verband ist daran, die Betriebe für die Kommunikation zu sensibilisieren.

Sind unsere Seilbahnen innovationsfähig?

Wir haben starke Leader in unserer heterogenen Branche. Wenn diesen Innovationstreibern eine Sogwirkung gelingt, werden wir noch stärker.

Ohne Personal kein Erfolg. Was resultierte aus der Seilbahnen-Nachwuchskampagne 2024?

Wir verzeichnen fast eine Verdoppelung bei den Lernenden und bemühen uns nun um mehr Lehrstellen. Der Trifaktor Technik, IT und Natur ist bei den Jungen im Trend.

Auf welchen grossen Meilenstein für die Schweizer Seilbahnen freuen Sie sich?

Olympia 2038. Wenn wir es schaffen, gesamtschweizerisch einen internationalen Sportevent auf die Beine zu stellen, würde mich das sehr freuen.

Seilbahnen Schweiz setzt mit Snowkiting oder Snowgolfing auch auf Diversifikation. Wo werden wir Sie antreffen?

(lacht) Ich kann weder surfen noch golfen. Ich fahre weiterhin Ski.