Dabei sei der Start in die vergangene Wintersaison noch vielversprechend verlaufen, teilte die der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) am Donnerstag in einem Communiqué mit. Die Coronapandemie habe den Tourismus dann zum Stillstand gebracht. Im März hätten praktisch alle ausländischen Gäste die Schweiz die Schweiz verlassen. Die Übernachtungen in den Hotels brachen um 62 Prozent ein.
Im April wurde es noch schlimmer. 90 Prozent der Auslastung in den Hotels sei weggefallen, sagte KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm in einer Online-Medienkonferenz. Im Mai dürfte der Einbruch 80 Prozent betragen haben. Für die gesamte Wintersaison 2019/2020 bedeute dies einen Rückgang der Zahl der Logiernächte um 23 Prozent gegenüber der Vorjahressaison, stellte die KOF fest.
Die Zahl der Übernachtungen dürfte auf 12,9 Millionen gefallen sein. Dies sind 3,8 Millionen Übernachtungen weniger als im Winter 2018/19. Ohne Coronavirus hätte es ein Wachstum gegeben, sagte Sturm.
Düstere Aussichten im Sommer
Für den Sommer sieht es trotz der allmählichen Lockerungen noch düsterer aus. Hier prognostiziert die KOF einen Einbruch von 37 Prozent. Dass die Schweizer ihre Ferien in diesem Sommer vermehrt im eigenen Land verbringen werden, könne den Wegfall der ausländischen Touristen nicht wettmachen. Für die Sommersaison rechnet die KOF mit einem Taucher der Übernachtungen auf 14,2 Millionen von 22,6 Millionen im Vorjahr.
Besonders betroffen seien die Städte. Hier dürfte sich die Auslastung wegen des Veranstaltungsverbots, des Einbruchs der Geschäftsreisen und Verhaltensänderungen mehr als halbieren. Die Städte würden nicht davon profitieren, dass die Schweizer vermehrt im eigenen Land Ferien machen würden, sagte KOF-Tourismusexperte Florian Hälg im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Die Nachfrage der Schweizer in Stadthotels dürfte um ein Fünftel sinken.
Dramatisch ist der Einbruch bei den Touristen aus fernen Ländern, deren Übernachtungen von 6,6 Millionen im Vorjahr auf noch 1,7 Millionen zusammenschmelzen dürften. Darunter würden vor allem jene Hotels leiden, die sich auf asiatische Gäste spezialisiert hätten, sagte Sturm. Asiaten würden häufiger in Städten übernachten als in den Bergen. Erleichterungen für die Reisebeschränkungen für Länder ausserhalb Europas dürften erst im Herbst kommen.
Bei den inländischen Touristen dürfte es im Sommer dagegen eine starke Erholung geben, sagte Sturm. Im Juli und August rechnet die KOF mit einem Plus von 10 bis 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Davon würden vor allem der Alpenraum und das Tessin profitieren.
Dennoch werde die inländische Nachfrage den Ausfall der Auslandsnachfrage im Sommer bei weitem nicht kompensieren können. Während die Zahl der Übernachtungen in den Städten mehr als halbieren werde, betrage der Rückgang in den Bergen rund 20 bis 30 Prozent, schätzt die KOF.
1,8 Milliarden Umsatzverlust
Im gesamten Tourismusjahr 2020 werde die Zahl der Logiernächte im Vergleich zum Vorjahr um 31 Prozent sinken. Während das Minus bei der inländischen Nachfrage mit 14 Prozent vergleichsweise gering ausfalle, sei der Rückgang im internationalen Geschäft massiv (-45 Prozent).
Gesamthaft rechnet die KOF wegen des Coronavirus mit einem Verlust von 14,3 Millionen Übernachtungen im Tourismusjahr 2020 gegenüber dem Szenario ohne Pandemie. Die Schweizer Hotels dürften 1,8 Milliarden Franken Umsatz einbüssen.
Steile Erholung reicht nicht
Im nächsten Jahr werde es dann wieder steil bergauf gehen. Die Übernachtungen im Winter dürften um ein Viertel zulegen, im Sommer gar um knapp 60 Prozent, schätzt die KOF. Trotz der markanten Erholung werde auch 2021 das Niveau von 2019 noch nicht wieder erreicht, sagte Sturm. Das dürfte bis 2022 dauern.
Zuerst werde sich die Nachfrage in Europa erholen. Bei den Gästen aus fernen Ländern werde der Anstieg in Asien schneller vor sich gehen als bei den amerikanischen Gästen. Die Zahl nordamerikanischer Touristen dürfte auch 2022 noch nicht das Niveau von 2019 erreichen, sagte Sturm.
Dies hat massive Auswirkungen auf die Branche. Der KOF-Direktor rechnet mit einer Konkurswelle in der Schweizer Tourismusbranche. «Wir gross die Welle ist, trauen wir uns nicht zu sagen.» Es werde zu einer schmerzhaften Strukturbereinigung kommen.
Auch eine Entlassungswelle sei zu befürchten. Derzeit seien 200'000 Angestellte auf Kurzarbeit. Das seien drei Viertel des Personalbestands der Branche. Keine andere Branche sei so stark getroffen von der Pandemie. Das Geschäftsklima sei eingebrochen. «Das haben wir nicht mal zu Zeiten des Frankenschocks in den Jahren 2011 und 2015 gesehen», sagte Sturm. (awp sda)