Im Februar hätten 18 Betriebe mit 498 Mitarbeitern die Genehmigung für Kurzarbeit wegen «behördlich angeordneter Massnahmen» im Zusammenhang mit dem Coronavirus erhalten, sagte Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), am Montag an einer Telefonkonferenz.

Seit dem 1. März, nachdem der Bundesrat wegen der besonderen Lage durch das Coronavirus Massnahmen wie das Verbot von Grossveranstaltungen verfügt hatte, habe sich das Bild «vollständig verändert».

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Auch neue Branchen nutzen Instrument
Seither seien Gesuche von 75 Betrieben mit 2516 Mitarbeitern genehmigt worden. Der Hauptharst, fast 95 Prozent der Gesuche, kam laut Zürcher aus dem Kanton Zürich. Was die Branchen betreffe, seien mehr als neun von zehn Gesuchen aus den Branchen Gastgewerbe, freiberufliche technische und wissenschaftliche Dienstleistungen, sonstige wirtschaftlichen Dienstleistungen sowie Kunst und Unterhaltung gekommen.

Dies bedeute, dass insbesondere auch Reiseveranstalter und Eventorganisationen ein Gesuch gestellt hätten, so Zürcher. Über 1000 Gesuche stammten laut den Angaben zudem von Künstlern und Musikern, die wegen des Veranstaltungsverbots wahrscheinlich nicht auftreten können. Traditionell stellen bekanntlich eher Firmen aus der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Gesuche für Kurzarbeit.

Somit zeige sich, dass das Instrument ausreichend flexibel sei, meinte Zürcher. Keine Sorgen müsse man sich auch wegen der finanziellen Folgen machen. Die Arbeitslosenversicherung sei in einem guten Zustand und verfüge über grossen Spielraum.

Bundesrat will vereinfachen
Zürcher betonte ausserdem, dass die aktuellen Zahlen weit von den Höchstständen entfernt seien, die während der Finanzkrise erreicht wurden. Er rechnet aber mit einem «weiteren und raschen Anstieg» von Gesuchen, je länger die besondere Lage anhalte.

Die Kantone seien daher bereit, Gesuche rasch zu genehmigen. Zudem werde der Bundesrat noch diese Woche über Vereinfachungen des Instruments entscheiden.

Unter anderem sei vorgesehen, die Zahl der Karenztage (von 3 auf 1 Tage) und die Frist zwischen Voranmeldung und der effektiven Kurzarbeit (von 10 auf 3 Tage) zu verringern. Zudem würden die Voranmeldungen vereinfacht geprüft. Und Zürcher stellte auch klar, dass Betrieben bei Gesuchen für Nacht- oder Sonntagsarbeit keine Steine in den Weg gelegt würden.

Unverändert sei das Ziel der Massnahme. «Es geht um den Erhalt von Arbeitsplätzen», so Zürcher. Es solle wegen des Virus nicht zu einer Entlassungswelle kommen. Vielmehr sei es das Ziel, dass der normale Betrieb nach dem Durchzug des Virus rasch wieder aufgenommen werden könne.

«In sehr guter Verfassung»
Zürcher hofft trotz der aktuellen steigenden Zahlen, dass sich die Lage dann wieder erholen wird. Und er betonte, dass sich der Schweizer Arbeitsmarkt bis zum Ausbruch der Coronavirus-Krise in einer sehr guten Verfassung befunden habe.

Die Arbeitslosenquote bildete sich im Februar auf 2,5 von 2,6 Prozent im Januar zurück. Einen tieferen Wert für den Februar wurde letztmals im Jahr 2002 gesehen.

Leicht rückläufig war die Arbeitslosenquote mit 2,3 Prozent bei den Jugendlichen (15 bis 24 Jahre), während sie bei den älteren Arbeitslosen mit 2,5 Prozent stabil blieb. Rückläufig war die Quote auch bei den Ausländern (4,6%), bei den Schweizerinnen und Schweizern verharrte sie hingegen bei 1,8 Prozent. (awp sda)


Kurzarbeit: Instrument gegen Entlassungswellen
Damit Firmen bei vorübergehenden Arbeitsausfällen nicht ihr Personal entlassen müssen, können sie Kurzarbeit einführen. Einen Teil der Löhne der Mitarbeitenden wird dann von der Arbeitslosenversicherung getragen. Hauptzweck der Kurzarbeit ist die Erhaltung von Arbeitsplätzen. Mit der Kurzarbeit, bei der quasi mit einer Verkürzung der Arbeitszeit auf Einbrüche bei den Aufträgen reagiert wird, haben Firmen eine Alternative, wie sie kurzfristig ohne Entlassungen ihre Kosten senken können. Zudem laufen Firmen dank der Kurzarbeit auch weniger Gefahr, aufgrund von Auftragsflauten und Arbeitsausfällen ihr qualifiziertes Personal zu verlieren.

Die Einführung von Kurzarbeit ist allerdings an gewisse Bedingungen gebunden: So müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kurzarbeit einzeln zustimmen. Lehnt ein Angestellter die Kurzarbeit ab, muss der Arbeitgeber ihm weiterhin den vollen Lohn gemäss Arbeitsvertrag zahlen.

Bei Kurzarbeit wird dem Arbeitgeber von der Arbeitslosenversicherung 80 Prozent der Lohnkosten der ausgefallenen Arbeitsstunden vergütet. Der Arbeitnehmer wiederum erhält auch nur 80 Prozent seines üblichen Lohns. Und der Arbeitgeber muss zudem während der ersten drei Tage der Kurzarbeit die Löhne vollständig aus der eigenen Tasche begleichen. Zudem kann Kurzarbeit nur bei grösseren Auftragseinbussen angemeldet werden - sprich, wenn mehr als zehn Prozent der Arbeitsstunden ausfallen.

Um Kurzarbeit einzuführen, müssen Unternehmen bei den kantonalen Behörden die geplante Kurzarbeit voranmelden. Die Anmeldefrist beträgt in der Regel zehn Tage.

Entlassung können tatsächlich verhindert werden
Dass das Instrument der Kurzarbeit funktioniert, hat vor rund zwei Jahren die ETH-Konjunkturforschungsstelle (KOF) im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) ermittelt. In einer Studie wurde die Wirkung von Kurzarbeitmassnahmen, die in den Jahren 2009 bis 2014 gewährt wurden, untersucht.

Die KOF kam dabei zum Schluss, dass Unternehmen, die keine Kurzarbeit einführten, doppelt bis dreimal häufiger Personal entliessen als solche, die sie einführten. Die deutlichsten Auswirkungen zeigten sich jeweils in den drei auf die Einführung der Kurzarbeit folgenden Quartalen.

Nach drei Jahren hatten die Unternehmen mit Kurzarbeit 10 Prozent mehr Personal als jene, die sich des Instruments nicht bedienten. Drei Jahre vor der Massnahme gab es hingegen kaum Unterschiede bei Kündigungen in den beiden Kategorien. (awp sda)