In knapp einem Jahr ist es soweit: Am 13. Dezember 2020 wird der 15,4 Kilometer lange Ceneri-Basistunnel mit dem ersten Zug von 06.03 Uhr Richtung Norden in Betrieb genommen.
Zum Start dieses Countdowns haben am Sonntagnachmittag der Tessiner Regierungsratspräsident Christian Vitta und der SBB-CEO Andreas Meyer den Zug «Ceneri 2020» eingeweiht. Anwesend waren auch die Stadtpräsidenten von Lugano, Locarno und Bellinzona.
Vitta bezeichnete die bevorstehende Eröffnung des Ceneri-Basistunnels als «historischen Moment» für das Tessin. Mit dem neuen Tunnel werde die «Città Ticino» geboren, da die drei Städte Bellinzona, Locarno und Lugano näher zusammenrückten. Der Ceneri-Basistunnel werde das Leben der Tessinerinnen und Tessiner verändern – für Pendler wie auch bezüglich des Freizeitlebens.
Andreas Meyer verriet, dass mit der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels einer seiner Träume wahr werde. Bis dahin gebe es aber noch viel zu tun. Die SBB befänden sich derzeit mit 20 Baustellen in der ganzen Schweiz «in einem Tal», erklärte Meyer auf italienisch. Doch in einem Jahr werde man auf einem Berggipfel in der Sonne stehen.[IMG 2-3]
Schlechte Verbindungen in Richtung Süden
Der Luganeser Stadtpräsident Marco Borradori lobte die Annäherung an den Norden, übte aber auch Kritik an den SBB. Es sei absurd, dass man von Lugano rund eineinhalb Stunden benötige, um per Zug Mailand zu erreichen. «Das ist künftig fast länger als nach Zürich – auch wenn ich jetzt etwas übertreibe», sagte Borradori. Zum Flughafen Milano Malpensa dauere die Reise ab Lugano gar zwei Stunden. Das sei ein grosses Problem. Auch in Richtung Süden brauche es einen zugtechnischen Fortschritt.
Nach der Inbetriebnahme des neuen Tunnels wird die Fahrt von Zürich nach Lugano rund zwei Stunden dauern. Für die Fahrt von Zürich nach Mailand rechnen die SBB zunächst mit 3 Stunden 17 Minuten. Gegenüber dem Fahrplan, der seit der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels gilt, verkürzt sich die Reisezeit somit um 9 bis 13 Minuten.
Ziel sei es, die Reisezeit von Zürich nach Mailand künftig auf 3 Stunden 2 Minuten zu verkürzen, wie die SBB in einer am Sonntag verschickten Medienmitteilung schreiben. Zu diesem Zweck ist in Chiasso ein dynamischer Übergang ohne Halt zum Wechseln des Stromabnehmers notwendig.
Die Fahrzeit zwischen Lugano und Bellinzona verkürzt sich um circa 15 Minuten, zwischen Locarno und Lugano um rund 25 Minuten. So entsteht laut SBB eine eigentliche S-Bahn, welche die Ballungszentren des Kantons miteinander verbinde.
[IMG 4]Doppelstock-Züge und mehr Sitzplätze
Bis zur Eröffnung des neuen Tunnels stehen den SBB noch einige Herausforderungen bevor. Unter anderem müssten sie den Ausbau am Ostufer des Zugersees vorantreiben, den nationalen und internationalen Personenverkehr koordinieren sowie die Verfügbarkeit von genügend Sitzplätzen sicherstellen, insbesondere während Feiertagsbrücken oder zur Ferienzeit, schreibt das Unternehmen in seiner Mitteilung.
Hinzu komme die Fertigstellung des 4-Meter-Korridors, auf dem grössere Güterzüge und zu Spitzenzeiten neu auch auf der Nord-Süd-Achse Doppelstock-Fernverkehrszüge verkehren könnten. Damit könne man die Sitzplatzzahl erhöhen.
Trotz der zahlreichen Herausforderungen sind die SBB überzeugt, alle Etappen fristgerecht abschliessen zu können. Zuletzt wurde Kritik an der Baustellen-Planung des Unternehmens laut. Zudem kämpfen die SBB zunehmend mit Verspätungen.
40 neue Lokführer
Mit der Inbetriebnahme des Ceneri-Basistunnels wird das letzte Teilstück der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) fertiggestellt. Um den erwarteten Zuwachs der Fahrgastzahlen von 30 Prozent bei Inbetriebnahme des Ceneri-Basistunnels und den damit einhergehenden Fahrplanausbau aufzufangen, erweitert das Bahnunternehmen Tilo die Fahrzeugflotte, und die SBB bilden im nächsten Jahr 40 neue Lokführer aus.
Die «Ceneri 2020»-Züge verkehren von Basel und Zürich nach Lugano und ab Frühling 2020 bis nach Mailand. Ab 2021 sind Fahrten in weitere italienische Städte vorgesehen. Der «Ceneri 2020», der durch eine luftige Gestaltung und viel Platz zwischen den einzelnen Abteilen auffällt, ist nach der Taufe des Giruno «San Gottardo» am 8. August 2019 in Bellinzona der zweite Giruno, der im Tessin getauft wurde. (sda)