«Das ist ein einseitiger Entscheid Italiens, den ich zur Kenntnis nehme», sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF.

Die Schengenstaaten seien nicht darüber informiert worden. «Die Schweiz wird eigenständig entscheiden, ob sie zu diesem Zeitpunkt ebenfalls Personen aus Italien wieder einreisen lässt», sagte die Justizministerin. «Wir hatten Kontakt mit Italien letzte Woche, da war noch keine Rede von dieser Öffnung.» Für sie sei klar, dass der Entscheid Italiens auch dem wirtschaftlichen Druck geschuldet sei, wegen des Tourismus.

Sie habe ohnehin in den nächsten Tagen ein Gespräch mit der zuständigen italienischen Innenministerin Luciana Lamorgese geplant. «Mir ist es auch wichtig, dass wir uns in dieser Frage stark mit dem Kanton Tessin absprechen, der ja sehr stark von der Pandemie betroffen war.»

Sie bevorzuge ein koordiniertes Vorgehen mit allen Nachbarstaaten, sagte Keller-Sutter. Die Schweiz habe sich mit Deutschland, Österreich und Frankreich bereits auf ein Grenzöffnung am 15. Juni geeinigt.

Lockerungsschritte abstimmen
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) teilte am Samstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit, man sei mit den italienischen Behörden in Kontakt. Kommende Woche seien «wieder bilaterale Gespräche geplant, an denen wir mögliche Lockerungen an der Grenze diskutieren werden».

Ziel sei, mögliche Lockerungsschritte gut aufeinander abzustimmen und zu koordinieren. Sobald es Entscheide gebe, würden diese kommuniziert.
 

Die Grenzöffnung in Italien steht gemäss dem Entscheid der Regierung unter dem Vorbehalt, dass die Infektionsgeschehen in einzelnen Regionen oder Staaten es zulassen. In eine zwei Wochen lange Quarantäne müssen nach der Einreise nur diejenigen, die Kontakt mit Infizierten hatten oder selbst positiv getestet worden sind.

Zurzeit ist eine Einreise nach Italien nur in Ausnahmefällen möglich, darunter zum Beispiel für Italiener, die sich im Ausland aufhalten und in ihre Heimat zurück wollen, oder Ausländer, die ihren Wohnsitz in Italien haben.

Ab diesem Montag sind weitere Lockerungen vorgesehen: So dürfen Friseure, Kosmetikstudios, Einzelhandel, Bars und Restaurants wieder öffnen. Allerdings nur mit strengen Abstandsregeln. Auch dürfen sich die Menschen dann ohne eine Selbstauskunft bewegen, aber nur innerhalb ihrer Region. Museen und Bibliotheken können öffnen – und auch an den Strand und Freunde treffen darf man wieder. Bisher durfte man sich nur mit Verwandten treffen.

Einer der strengsten Lockdowns
Italien ist von der Covid-19-Lungenkrankheit so stark wie wenig andere Länder in der EU betroffen, bisher starben fast 32'000 Menschen.

Insgesamt haben sich nach Angaben des Zivilschutzes mehr als 223'000 Menschen mit dem Virus angesteckt. Die Infektionszahlen gehen aber seit längerer Zeit zurück. Das Land hatte Anfang März einen der strengsten und längsten Lockdowns in der EU verhängt.

Eine Grenzöffnung zur Sommersaison ist vor allem für die Tourismusbranche wichtig, die einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Italiens ist.

«Der Tourismus braucht eine Perspektive»
Heinz Karrer, Präsident von Economiesuisse, begrüsste diesen Entscheid. «Der Tourismus braucht eine Perspektive. Wir erwarten deshalb vom Bundesrat, dass er am 27. Mai die nächsten Schritte bekannt gibt», sagte er in einem Interview mit dem «SonntagsBlick». So sollten die Bergbahnen ab dem 8. Juni wieder fahren dürfen.

Dies gehe einher mit Grenzöffnungen: Der Binnentourismus alleine werde die Ausfälle der letzten Monate nicht annähernd kompensieren können. «Deshalb sind wir froh um den Entscheid des Bundesrats, die Grenzen zu Deutschland, Frankreich und Österreich wieder zu öffnen», sagte Karrer.[RELATED]

Lockerungen mit Deutschland und Österreich
Für einige Menschen sind die Grenzen zwischen der Schweiz, Österreich und Deutschland seit Samstag um Mitternacht wieder offen. Wer die Familie, einen Partner oder eine Partnerin besuchen oder aber zu seiner Liegenschaft will, darf passieren. Die Lockerungen gelten nicht für die Übergänge nach Frankreich und Italien.

An den Grenzen mit Deutschland und Österreich finden allerdings weiterhin «risikobasierte» Kontrollen statt, wie die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) am Samstag schrieb. Denn wer allein aus touristischen Gründen oder zum Einkaufen oder zum Tanken in die Schweiz einreisen will, dem wird die Einreise verweigert.

Auch wer Eingekauftes in die Schweiz einführen will und ausschliesslich als Einkaufstourist oder -touristin im Ausland gewesen ist, erhält weiterhin eine Busse. Einkaufen gelte nicht als ein triftiger Reisegrund, schrieb die EZV dazu.

Die Zollverwaltung zog am frühen Samstagabend ein positives Fazit. Der Tag sei ruhig verlaufen, sagte EZV-Mediensprecher Matthias Simmen. Der Verkehr über die Grenzen sei zwar etwas stärker gewesen als in den vergangenen Wochen, habe aber in etwa einem Drittel eines normalen Samstags entsprochen. Einkaufstourismus sei kein Thema gewesen. (sda/dpa)