Der Nationalrat folgte stillschweigend seiner Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK). Sie hatte vor ihrem Entscheid mit dem Ballenberg- Stiftungsratspräsidenten und alt Nationalrat Yves Christen (FDP/VD) ein Gespräch geführt.
Christen selbst hatte Mitte August in einem Interview mit der «Berner Zeitung»den Geldbedarf des Ballenberg relativiert. Der genannte Finanzbedarf von 90 Millionen Franken – auf zehn Jahre verteilt – seien ein Wunsch. Es werde wesentlich weniger Geld nötig sein.
Am Mittwoch zeigte sich Christen nach dem Entscheid des Nationalrats nicht überrascht. Der nächste sinnvolle Zeitpunkt, um über mehr Geldmittel zu reden sei die Kulturbotschaft «und da haben wir gute Chancen».
Aus Eigenmitteln finanziert
Bisher hat sich das Freilichtmuseum Ballenberg zu über 90 Prozent aus Eigenmitteln finanziert. Für 2014 und 2015 erhält es erstmals einen Betriebsbeitrag von 500000 Franken pro Jahr. In diesem Umfang wollte der Bundesrat die Unterstützung weiterführen.
Dazu kommen Projektbeiträge - 2012 bis 2015 insgesamt 375000 Franken.Schliesslich hat der Ballenberg seit 2012 fast 200000 Franken für die Übernahme von Denkmälern erhalten.
Das reichte dem Berner Ständerat Werner Luginbühl (BDP) nicht. Mit seiner Motion wollte er den Bundesrat beauftragen, in der Kulturbotschaft 2016-2019 einen «substanziell höheren Beitrag» an die Betriebskosten und den Investitionsbedarf des Freilichtmuseums einzustellen.
Das Museum sei ohne substanzielle Beteiligung der öffentlichen Hand längerfristig gefährdet, schrieb Luginbühl. Als einzigartiges Zentrum für die Vermittlung der ländlichen Kultur sei das Freilichtmuseum aber aus der Schweizer Museumslandschaft nicht mehr wegzudenken.
Zuerst Fragen beantworten
Für Luginbühl war der nationalrätliche Entscheid keine Überraschung, wie er am Mittwoch auf Anfrage sagte. Nach den Ereignissen der letzten Woche müssten die Ballenberg-Verantwortlichen nun zuerst wichtige Fragen personeller und strategischer Natur beantworten. Dann müsse geklärt werden, wie es mit den Finanzen wirklich aussehe, dazu gebe es unterschiedliche Ansichten.
Wenn diese Fragen geklärt seien, sei er zuversichtlich, dass die Forderung nach mehr Mitteln im Rahmen der Kulturbotschaft nochmals diskutierte werden könnte.
Luginbühl spielt auf die turbulenten Wochen an, die die Institution diesen Sommer durchlebte. Für Wirbel sorgte der wahrscheinlich nicht ganz freiwillige Abgang der Direktorin Katrin Rieder. Bis heute sind die Umstände nicht geklärt, alle Parteien berufen sich auf ein Stillschweigeabkommen.
Rieder gilt als kritische und kämpferische Historikerin. Dem Vernehmen nach soll sie einen Machtkampf um die strategische und inhaltliche Ausrichtung des Museums verloren haben. Manches deutet darauf hin, dass man sich in den vielköpfigen Leitungsgremien, einem Stiftungsrat, einem Vorstand und einem Ausschuss über die Identität und die Strategie des Freilichtmuseums nicht einig ist.
In den Medien wurde verschiedentlich thematisiert, dass Rieder dem Freilichtmuseum mit den nötigen Mitteln mehr Wissenschaftlichkeit geben wollte, dass aber lokale Kräfte das Museum lieber als einträglichen Erlebnispark sehen, der nicht am staatlichen Subventionstropf hängen soll. (sda/ad)