Baden und kuren waren im 19. Jahrhundert das medizinische Wundermittel gegen jegliche Gebresten. Es war die Hoch-Zeit der Badekultur in Europa, obwohl viele Heilquellen schon seit dem Mittelalter – teils sogar noch viel länger – bekannt sind.

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Je nach Krankheit wurde ein anderes Wasser empfohlen – mal ein Soolbad, mal Schwefel- oder Eisenwasser, mal gar radiumhaltiges Wasser. Dementsprechend hatte viele Kurorte ihre ganz eigenen Spezialitäten. Bei Blutarmut, Schwächzuständen und nervösen Störungen ging man etwa ins Bad Fideris im bündnerischen Prättigau, bei Rheumatismus, Herz- und Nervenleiden ins Stahlbad nach Knutwyl.

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Zur Kur fuhr man nicht nur für die Rekonvaleszenz, bei Nervenleiden oder, um mildere Krankheiten wie Rheuma, Verdauungsstörungen und Hautausschläge zu lindern, sondern auch bei gefährlichen Erkrankungen wie Tuberkulose. Die ansteckende Lungenkrankheit wurde etwa in Weissenburgbad im Simmental, Rigi Kaltbad und St. Moritz behandelt.

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Zur Behandlung gehörte in der Regel nicht nur das Baden, das täglich mehrere Stunden in Anspruch nahm. Auch Trinkkuren, Inhalieren, Duschen, Luft-, Licht- und Sonnenbaden sollten zur Heilung beitragen. Bekannte Kurorte bauten gar – ganz nach dem Vorbild internationaler Bäder wie Baden-Baden, Vichy und Karlsbad – repräsentative Trinkhallen und Kurparks.

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Im Wettbewerb um wohlhabende Gäste aus ganz Europa übertrafen sich die Kurorte auch in der Schweiz mit prunkvollen Badeanstalten und Hotelbauten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlangte so manches Kurbad internationale Bekanntheit. Gurnigelbad, Baden, Bad Ragaz, St. Moritz Bad wurden zu Treffpunkten der europäischen Oberschicht. Entsprechend gut ausgestattet waren die grossen Hotels in diesen Orten: Zentralheizung, Lifte, Elektrizität. Der Bädertourimus wurde sozusagen zum Katalysator des Hotelkomforts.

Selbstverständlich wollte die noble Gästeschar auch unterhalten werden. Den ganzen Tag nur kuren war auf Dauer – ein Kuraufenthalt konnte problemlos einen Monat dauern – dann doch zu langweilig. Und so sorgten Salons, Bibliotheken, Fumoirs, Konzerte, Promenaden oder Casinos für Zerstreuung und Abwechslung, wie es im Historischen Lexikon der Schweiz heisst.

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Neben den grossen, international bekannten Kurorten waren in der Schweiz im 19. Jahrhundert auch zahlreiche kleine Heilquellen und Badeanstalten bekannt. In einer Übersicht führte der spätere Bundesrat Stefano Franscini 350 Heilquellen auf – und das war noch vor dem eigentlichen Höhepunkt der Bäderkultur in der Schweiz.

Während sich die zahlungskräftige Oberschicht in den Nobelkurorten vergnügte, begnügte sich die breite Bevölkerung mit kleineren Heilquellen. Nicht selten ging es dort ziemlich toll zu und her. Die oft etwas abseits gelegenen Bäder boten den Jungen die Möglichkeit, sich abseits der wachsamen Eltern und Moralhüter zu treffen. Das Historische Lexikon verweist auf zahlreiche Belege, «wie Pfarrer und Amtspersonen gegen das überbordende Badeleben vorzugehen versuchten».

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs dreht der Wind für die Badeanstalten abrupt. Mit einem Schlag blieben die europäischen Gäste aus. Doch auch nach Kriegsende kam der Bädertourismus nicht mehr gleich zurück. Die moderne Medizin entwickelte neue Heilmethoden und immer mehr Häuser und Wohnungen hatten private Badezimmer mit fliessend Wasser. Die Nachfrage nach Badeanstalten sank.

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Während in einigen der damaligen Kurorten mit dem Bädertourismus des 19. Jahrhunderts der Grundstein gelegt wurde für den heutigen Wellness-Tourismus – etwa in Bad Ragaz, Bad Schinznach und Leukerbad –, verschwanden andere komplett von der Karte. In Stachelberg im Glanerland etwa ist heute vom einstigen Bäderglanz ebenso wenig übrig geblieben wie im bernischen Gurnigel.

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