Neue Sportarten wie E-Mountainbiking sind für Bergregionen eine Chance, zusätzliche Gäste anzulocken und damit mehr Wertschöpfung zu erzielen. Dabei gilt es jedoch, die natürlichen Ressourcen nicht zu überlasten. Forschende des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Bern unter der Leitung von Dr. Christian Moesch liefern nun mit einer Studie Entscheidungsgrundlagen für Tourismusdestinationen. Befragt wurden 175 E-Mountainbikerinnen und E-Mountainbiker, zudem wurden 6 vertiefende Interviews mit Vertretenden von (E-)Mountainbike-Destinationen und Organisationen wie Pro Natura oder SchweizMobil durchgeführt.
Älter, finanzkräftiger und weniger leistungsorientiert
Älter, finanzkräftiger und weniger leistungsorientiert
Im Vergleich zu Studien mit konventionellen Mountainbikerinnen und Mountainbikern zeigt sich, dass die Gruppe der E-Mountainbikerinnen und E-Mountainbiker im Durchschnitt älter, finanzkräftiger und weniger leistungsorientiert ist. Zudem weist sie ein tieferes Fitnesslevel auf und die Fahrtechnik bewegt sich auf einem bescheideneren Niveau, woraus ein erhöhtes Verletzungsrisiko resultiert. Der Frauenanteil ist mit 20% bis 25% vergleichbar.
«Wie unsere Untersuchung zeigt, sind die wichtigsten Motive für die Ausübung des E-Mountainbikesports Fitness und Gesundheit, das Naturerlebnis sowie die Erholung und die Abwechslung», sagt Studienleiter Dr. Christian Moesch. Dabei liessen sich drei Typen von E-Mountainbike-Touristinnen und -Touristen unterscheiden. Die grösste Gruppe (51%) sucht in erste Linie nach einer Vielfalt an Schwierigkeitsgraden und Trails. Bike Parks und Downhillstrecken entsprechen diesen Personen weniger. 24 Prozent der Befragten erhoffen sich vor allem Vergnügen und Geselligkeit und bevorzugen dazu einfache Trails und Waldstrassen. Lediglich 25 Prozent weisen eine gewisse Leistungsorientierung auf und stellen sich gerne anspruchsvollen Trails, Bike Parks und Downhillstrecken.
Wirtschaftliches Potenzial versus ökologische Gefahren
Die hohe Finanzkraft und die Ausweitung der Zielgruppe auf ältere Personen und solche mit einem tieferen Fitnesslevel bieten ein grosses Potenzial für zusätzliche Wertschöpfung in der Region. «Allerdings kann dieses wirtschaftliche Potenzial nur ausgeschöpft werden, wenn vermehrt in Infrastruktur und spezifisches Marketing investiert wird», erklärt Moesch. Es bestehe aber auch das Risiko, dass die Bikerinnen und Biker aufgrund des elektrischen Antriebs die Aufstiege vermehrt mit dem E-Bike bestreiten und dadurch bei den Bergbahnen weniger Ertrag anfalle.
Die grösste Gefahr des neuen Trends sehen die Studienautoren im ökologischen Bereich: «Um potenziellen Konflikten vorzubeugen, könnten Destinationen die Infrastruktur fürs Wandern und fürs (E-)Mountainbiken entflechten», sagt Moesch. Damit würde aber der Landschaftsverbrauch erhöht und die natürliche Attraktivität vermindert. Dies könne folglich dazu führen, dass Gäste, welche wegen des Naturerlebnisses anreisen, wegbleiben würden.[RELATED]
Planerische und kommunikative Massnahmen nötig
Laut Studienleiter Christian Moesch gilt es, den E-Mountainbike Boom in einem grösseren Zusammenhang zu betrachten: «Natürlich bietet das E-Mountainbiking die Chance, zusätzliche Zielgruppen anzusprechen und Geld zu verdienen.» Zu beachten sei aber, dass nicht jede Destination um jeden Preis wachsen und alles anbieten könne. Nachhaltiger Tourismus zeichne sich dadurch aus, dass die vorhandenen natürlichen Ressourcen analysiert und alle relevanten Parteien bei der Entwicklung der Destination ins Boot geholt werden. «Wer sich auf E-Mountainbike-Angebote spezialisiert, muss allenfalls bei anderen Zielgruppen reduzieren, um die ökologische und soziale Belastung im Rahmen zu halten», kommt Moesch zum Schluss. (htr/bb)