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Globus
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Dossier: Adventskalender
Das Dossier zum Thema:

Adventskalender

Publiziert am 09. Dezember 2023

Nr. 17: Alle Welt reist in die Schweiz

Hinter Türchen 17 beleuchten wir unsere Gäste und ihre Vorlieben.
Publiziert am 23. November 2023

Markt für die Nebensaison

Gäste aus Südostasien wollen die alpine Bergwelt erleben und habe…
Publiziert am 24. Oktober 2023

Ein sehr verlässlicher Markt

Italienische Gäste mögen gutes Essen und wissen Zusatzleistungen …
Publiziert am 28. September 2023

Ein Markt vor dem grossen Comeback

Chinesische Gäste kehren nach drei Jahren Pandemie-Zwangspause in…
Publiziert am 31. August 2023

Ein grosser und sehr gut erholter Doppelmarkt

US-Touristen stellen den Grossteil der Gäste aus Nordamerika. Sie…
Publiziert am 03. August 2023

Golfstaaten – Familienfreundlichkeit und Adventureangebote

Gäste aus den Golfstaaten mögen Soft Adventure, legen Wert auf Rü…
Publiziert am 06. Juli 2023

Südkorea – ein dynamischer Fernmarkt mit viel Potenzial

Südkoreanische Gäste lieben das Wandern, fahren gerne Zug und ori…
Publiziert am 05. Juni 2023

Frankreich – ein stabiler Markt mit anspruchsvollen Gästen

Hohe Servicequalität, geführte Stadtbesichtigungen und kombiniert…
Publiziert am 09. Mai 2023

Indien – Schnee, Familie und der Bollywood-Faktor

Indien zählt zu den strategischen Wachstumsmärkten. Bei der Markt…
Publiziert am 12. April 2023

Deutschland – Reiseinspirationen für den Nachbarmarkt

Für viele Schweizer Destinationen ist Deutschland der wichtigste …
Publiziert am 16. März 2023

Benelux – Drei-Länder-Markt mit preissensiblen Gästen

Benelux hat sich im Jahr 2022 stark zurückgemeldet und erreicht V…
Publiziert am 20. Februar 2023

Grossbritannien und Irland – viel Historie, viel Potenzial

Britische Touristen haben lange schon ein enges Verhältnis zur Sc…
Globus
Bild: Christian Lue / unsplash.com

Dossier: Adventskalender

Nr. 17: Alle Welt reist in die Schweiz

Hinter Türchen 17 beleuchten wir unsere Gäste und ihre Vorlieben.

Internationale Quellmärkte

Die Gäste des Schweizer Tourismus

Der Tourismus definiert sich zu Recht als eine interna­tio­nale Branche. Die neue Serie liefert Antworten auf Fragen wie: Was ist diesen interna­tio­nalen Gästen besonders wichtig? Womit kann man sie entzücken, womit vergraulen? Warum sind diese Gäste besonders interessant oder eine besondere Heraus­for­de­rung?

Nun, da sich die Pandemie aus dem Alltag verabschiedet hat und Touristikerinnen und Touristiker wieder vermehrt ausländische Gäste in der Schweiz begrüssen dürfen, widmet sich die htr hotelrevue dieses Jahr in jeder zweiten Ausgabe den wichtigsten internationalen Quellmärkten – von traditionellen wie Deutschland und Grossbritannien bis zu solchen, die erst in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen haben, wie Brasilien und Südostasien.

Märkteserie

Markt für die Nebensaison

Gäste aus Südostasien wollen die alpine Bergwelt erleben und haben bei der Unterbringung hohe Ansprüche. Zwischen den einzelnen Ländern gibt es wichtige Unterschiede.
Andreas Lorenz-Meyer
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Gäste aus Südostasien lieben spektakuläre Aussichtspunkte in den Schweizer Alpen.
Gäste aus Südostasien lieben spektakuläre Aussichtspunkte in den Schweizer Alpen.
Gäste aus Südostasien lieben spektakuläre Aussichtspunkte in den Schweizer Alpen. Bild: keystone
Bild: keystone

In Zermatt haben südostasiatische Gäste immer ein grosses Ziel: Sie wollen dem Matterhorn so nahe wie möglich sein. Beliebt seien die spektakulärsten Aussichtspunkte, Gornergrat und Kleines Matterhorn, so Selina Döringer, Leiterin Marketing bei Zermatt Tourismus. Es gibt Kombi-Pässe, die mehrere Ausflugsberge beinhalten. So etwas schätzen die Gäste, genau wie hohe Qualitätsstandards bei Anreise, Hotel und Angeboten.

Mit schweizerischer Zuverlässigkeit können wir punkten.
 Selina Döringer, Leiterin Marketing bei Zermatt Tourismus.

«Wir achten auf eine lückenlose Servicekette. Mit schweizerischer Zuverlässigkeit können wir punkten.» Auch die familiäre Atmosphäre in kleinen, familiengeführten Betrieben sei ein Plus. Einen bei vielen asiatischen Märkten erkennbaren Trend gibt es auch bei Südostasien: Buchungen von FITs nehmen zu. «Der individuelle Service, aber auch individualisierbare Angebote werden daher wichtiger. Wir müssen jeden Gast bei seinen Erwartungen abholen und weniger standardisierte Produkte anbieten.»

Von den im Markt zusammengefassten Submärkten sind Thailand, Malaysia, Singapur und Indonesien die wichtigsten, dahinter kommen mit etwas Abstand die Philippinen und Vietnam. Alles sehr unterschiedliche Länder, weswegen es zum Beispiel beim Reisemotiv «feine Unterschiede» gibt. Gäste aus Thailand oder Malaysia kämen wegen des Schnees und der Natur, Indonesier seien eher die klassischen Sightseeing-Gäste, sagt Döringer. [RELATED]

«Wir sollten uns dieser Unterschiede bewusst sein, um flexibel reagieren und minimal andere Schwerpunkte setzen zu können.» In puncto Reisezeit stecke viel Dynamik im Markt. Döringer erkennt eine Verlagerung in die Wintermonate – bis in den Januar und Februar hinein. Alles sei flexibler geworden, worin grosses Potenzial liege. «Wir können die Gäste für andere Zeiten gewinnen. Ich denke da an den Herbst.


1,80 Nächte blieben die Gäste aus Südostasien 2019 durchschnittlich im Hotel.

Natur-Sehenswürdigkeiten nannten 14,8 Prozent als Hauptgrund für ihre Reise. 7,1 Prozent nannten die Familienfreundlichkeit.

295 Franken gaben die Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017» im Schnitt täglich aus.

61,3 Prozent der Gäste aus dem Markt übernachteten während ihrer Ferien im Hotel.
 

Da südostasiatische Gäste vor allem wegen der Natur kommen, wären September und Oktober sehr attraktive Monate.» Schon jetzt schliesst Südostasien Lücken im Spätherbst, wenn weniger Inlandgäste anreisen. Ähnlich ist es in Bern: In der Nebensaison füllen Gäste aus Thailand oder Singapur die Hotelzimmer. «Bei Ankunft sollten sie eine ausführliche Beratung erhalten», so Manuela Angst, CEO von Bern Welcome.

In der Tourist-Info am Bahnhof stellen sie meist generelle Fragen: wo sie das Gepäck verstauen können, wo öffentliche Toiletten sind, wie der ÖV funktioniert. Zudem möchten sie Tipps für Sehenswürdigkeiten. Rosengarten und Bärenpark sind beliebt. Die Gäste, die gut Englisch sprechen, buchen öfter den geführten Unesco-Altstadtbummel.

Kleiner Submarkt mit grossem Potenzial
Für südostasiatische Gäste in der Region Luzern-Vierwaldstättersee sind Schiffsfahrten und Ausflüge in die Berge touristische Höhepunkte. «Dort geht es dann aber nicht ums Wandern oder Spazieren, sondern um die Aussicht», so Sibylle Gerardi von Luzern Tourismus. Die Gäste wollen generell wenig laufen.

Auch in Luzern ist der Markt in der Nebensaison stark, wobei sich die Hauptreisezeiten unterscheiden. Von März bis Mai kommen die meisten thailändischen Gäste, weil es im April rund ums Neujahrsfest Songkran lange Ferien gibt. Beim Markt Indonesien nutzt die muslimische Community den Feiertag Lebaran am Ende des Fasten­monats Ramadan im Frühling für den Urlaub. Und zum Jahresende hin liegt die Hauptreisezeit beim Markt Singapur.

Die Reisezeiträume sind innerhalb des Marktes Südostasien sehr unterschiedlich.
Sibylle Gerardi, Luzern Tourismus

Genauso bei der chinesischen Community in Malaysia, die lange Winterferien hat. Unterschiede gibt es auch in puncto Sprachkenntnisse: Bei Gästen aus Vietnam zeigen sich grössere Barrieren, Gäste aus Singapur und den Philippinen sprechen gut Englisch. Auch Gerardi hält es für sinnvoll, unterschiedliche Schwerpunkte in der Marktbearbeitung zu setzen. Zumal sich das Wissen über die Schweiz von Land zu Land unterscheide.

Im Schweiz-kundigen Thailand sei es möglich, in die Tiefe zu gehen und auch mal unbekanntere Attraktionen vorzustellen. «Auf Verkaufstouren in Vietnam stellen wir dagegen fest, dass dort wenig über unser Klima, die Jahreszeiten und Flughäfen bekannt ist.» Lokale Repräsentanten müssten da erst mal die Basics kommunizieren. Vietnam sei jedoch im Kommen. «Wir werden daher dieses Jahr zusätzlich zu den Aktivitäten mit Schweiz Tourismus eine eigene Verkaufstour in Ho-Chi-Minh-Stadt durchführen.»

First Snow & Ski Experience und Outdooraktivitäten
Lisa Spring, Manager Communication bei Interlaken Tourismus, erwartet viel vom Markt: «Das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. Es gibt eine dynamische Entwicklung mit starkem Wirtschaftswachstum.» Die Ferienregion Interlaken positioniert sich im Markt Südostasien – wie in anderen Märkten auch – als Switzerland in one place und Adventure-Hauptstadt Europas. Spring schätzt die Marktsituation als sehr gut ein.

Europa liege im Trend, innerhalb Europas vor allem die Schweiz. «Sie gilt als Traumdestination. Berg- und Schneeerlebnisse stehen auf jeder Bucketlist.» Die Gäste reisten vermehrt in der Nebensaison und im Winter an. «Vor allem im Winter stellen wir eine Steigerung der Nachfrage für First Snow & Ski Experience fest. Die Gäste interessieren sich stärker für Winter­erlebnisse und wählen erfreulicherweise die Schweizer Berge, um zum ersten Mal Schnee zu sehen.»

Das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft.
Lisa Spring, Manager Communication bei Interlaken Tourismus

In jüngster Zeit gebe es auch einen starken Anstieg bei den Angeboten im Bereich Outdoor-Adventure. Die Gäste buchten Paragliding-Angebote oder Schneeaktivitäten. Interlaken als Gateway zur Jungfrau-Region könne hier auf ein für Südostasien besonders attraktives Angebot zurückgreifen. Meist übernachteten die Gäste im oberen Hotelsegment. «Sie sind die hohen Standards aus ihrer Heimat gewohnt», sagt Spring. Thailändische Gäste schätzten besonders Luxus- und Shoppingangebote, Gäste aus Singapur besuchten die Schweiz vermehrt als Individualtouristen.

Grössere Unterschiede innerhalb des Marktes seien eher im Bereich der Religion zu finden. «Vor allem muslimische Gäste aus Malaysia und Indonesien wollen ein kulinarisches Angebot, das auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist. Sie zeigen sich aber auch Schweizer Spezialitäten gegenüber offen, sofern diese halal sind.» Etwa Rösti, Fondue und Risotto, Letztere ohne Alkohol zubereitet.


Expertentipps

Unbekanntes bekannt machen und Hotels länger offen halten

Raymond Lee arbeitet seit 29 Jahren im malaysischen Tourismus. Beim Reiseveranstalter Mal Central Travel in Kuala Lumpur verantwortet er Entwicklung und Vermarktung von Gruppenreisen, die «Amazing Europe» heissen. Er hat ein paar Ideen, wie die Schweiz ihre hervorragende Marktposition in Malaysia behalten und sogar ausbauen kann.

Drei Erfolgsfaktoren
Bei uns in Malaysia ist die Schweiz absolute Spitze. In den letzten 12 Monaten war sie dasbeliebteste europäische Reiseziel. Ich habe einige Faktoren beobachtet, die dazu beitragen. Erstens: Die Schweiz wird hierzulande allgemein als eines der schönsten Länder Europas angesehen. Mit den atemberaubenden Alpenlandschaften als Hauptanziehungspunkt ist der Verkauf einer Reise tendenziell leichter als bei den meisten anderen europäischen Reisezielen.

Zweitens: Nach der Pandemie waren die Werbemassnahmen von Schweiz Tourismus in Südostasien hervorragend. Reisebüros wurden bei ihren Verkaufsaktivitäten mit vielen Produktideen versorgt. Zudem gab es Roadshows und Tourismusmessen, bei denen sich Schweizer Tourismusanbieter und malaysische Reisebüros austauschen konnten. Solche Interaktionen erhöhen das Produktwissen der Reisebüros und das Marktbewusstsein der Schweizer Partner. Das Ergebnis ist eine robustere Produktinnovationslandschaft, welche die Aussichten der Schweiz als Reiseziel mit vielfältigen Optionen für unterschiedliche Marktbedürfnisse weiter verbessert.

Drittens: der Faktor Social Media. Darüber hat das malaysische Publikum viele nicht so bekannte Attraktionen in der Schweiz kennengelernt, etwa den Blausee, Grindelwald-First, das Schilthorn, den Oeschinensee oder den Bernina-Express.

Ein multikultureller Markt
Über 60 Prozent der Bevölkerung Malaysias sind muslimische Malaien, es leben aber auch viele chinesisch- und indischstämmige Menschen bei uns. Eine multikulturelle Gesellschaft also. Da ist es schwierig, klar dominierende Markterwartungen zu identifizieren. Gruppenreisen, sowohl Freizeit- als auch Incentive-Reisen, sind nach wie vor das Hauptsegment bei Schweiz-Reisen.

Auf dem Freizeitmarkt waren die Reisenden in der Vergangenheit überwiegend chinesischer Abstammung, aber in letzter Zeit ist das Segment der malaiischen Touristen exponentiell gewachsen. Schweizer Destinationen sollten die unterschiedlichen Präferenzen kennen: Chinesischstämmige und indischstämmige Touristen neigen eher zu Pauschalreisen mit besseren Hotels, besserem Essen und mehr Attraktionen, wobei es auch innerhalb dieses Segments durchaus Unterschiede in der Kaufkraft gibt.

Der ethnisch malaiische Markt konzentriert sich dagegen sehr stark auf die Verfügbarkeit von Halal-Mahlzeiten, und die Reisepakete sind eher preisorientiert mit Unterkünften niedrigerer Kategorie, längeren täglichen Busreisen und weniger Attraktionen. Entsprechend unterschiedlich die Preise: Ein komplettes Mono-Schweiz-Paket mit Flug liegt für den gehobenen Markt bei über 20'000 Malaysischen Ringgit, knapp 4000 Schweizer Franken. Die muslimisch orientierten Pakete dagegen kosten weniger als 10'000 Malaysische Ringgit.

Gemeinsamkeiten gibt es auch
Jeder Gast aus Malaysia hat im Prinzip den gleichen Grund für eine Reise in die Schweiz: die dramatischen Landschaften, seien es unberührte Seen, schneebedeckte Gipfel oder die rustikalen, von alten Traditionen geprägten Dörfer. Im Allgemeinen geniessen unsere Kunden die saubere, frische Luft. Und Schokoladen- und Käsekenner lieben die Schweiz sowieso. Es gibt bestimmte Attraktionen, die auf unserem Markt sogar zu Ikonen geworden sind, die meisten Pakete beinhalten eine Auswahl davon.

Zum Beispiel stehen Luzern und der Titlis schon seit einigen Jahrzehnten auf den Reiseplänen. In den letzten zehn Jahren haben das Jungfraujoch und Zermatt viel Aufmerksamkeit erregt. Immer mehr Kunden suchen auch nach Pauschalangeboten mit Aufenthalt in malerischen Städten und Dörfern wie Grindelwald und Saas-Fee. Wir erhalten in letzter Zeit zudem sehr viele Anfragen für Bahnreisen mit Aussicht.

Instagram und Influencer
Eine weitere Gemeinsamkeit der ethnischen Gruppen in unserem Land liegt darin, dass jeder den perfekten Instagram-Spot sucht. Wir haben eine darauf ausgerichtete Mono-Schweiz-Tour entwickelt, denn Gelegenheiten zu Instagram-tauglichen Fotos gibt es in der Schweiz in Hülle und Fülle. Die Bilder und Videos werden fast sofort online gestellt und auf Social Media geteilt. Anschliessend folgt die Interaktion mit Freunden und Followern. Besonders, wenn die Touristen ein bisher noch recht unbekanntes Highlight gefunden haben. Ich nehme an, dass der Trend zu Selfies und Instagram nicht auf den Markt Malaysia beschränkt ist.

Es sind die Schlüsseleigenschaften der Reisenden von heute, besonders der asiatischen. Geht es um Social Media, spielen auch malaysische Influencer oder Key Opinion Leader eine grosse Rolle. Eine wachsende Zahl von ihnen nutzt das grossartige Reiseziel Schweiz, um sich bei ihren Followern zu vermarkten. Wir haben gesehen, dass viele Attraktionen durch diese Art der Vermarktung deutlich an öffentlicher Aufmerksamkeit gewinnen konnten. Der Schweizer Tourismus scheint diese Trends gut genutzt zu haben. Die Daten über die tatsächliche Umwandlung in Verkäufe sind allerdings noch nicht sehr zuverlässig.

Verbesserungen für die Zukunft
Momentan sehe ich keine offensichtlichen Schwachstellen im Marketing, die sich negativ auf das anhaltende Wachstum der Touristenankünfte aus Malaysia in der Schweiz auswirken könnten. Herausforderungen, mit denen wir heute konfrontiert sind, betreffen eher die Angebotssituation. Die Bestätigung von Zimmern für unsere Touristen­gruppen ist im Zuge steigender Tarife schwieriger geworden. Ich empfehle daher, gegenzusteuern und Massnahmen zu ergreifen, die die Verfügbarkeit von Zimmern besonders für Freizeitgruppen erhöhen. Es sollten alternative Unterkünfte angeboten werden, die für neue Marktsegmente geeignet sind. Zum Beispiel würden malaysische Gruppen sicher auch Chaletaufenthalte als Alternative zu Hotels akzeptieren.

Zweitens sollten Schweizer Hoteliers ermutigt werden, ihre Hotels zwischen den Hochsaisons offen zu halten. Die Nebensaison ist die beste Zeit, um die wachsende Zahl von Ankünften aus Asien einschliesslich Malaysia aufzunehmen. Wir Malaysier lieben das Frühlings- und Herbstwetter in der Schweiz. Und wir haben keine feste Urlaubssaison, in der alle auf einmal in den Urlaub fahren. Das sollten Hotels und Destinationen für sich nutzen.

Märkteserie

Ein sehr verlässlicher Markt

Italienische Gäste mögen gutes Essen und wissen Zusatzleistungen zu schätzen. Auch der Workation-Trend könnte sie in Zukunft in die Schweiz locken.
Andreas Lorenz-Meyer
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Italienische Besucher auf dem Weg in die Schweiz kurz vor der Grenze.
Italienische Besucher auf dem Weg in die Schweiz kurz vor der Grenze.
Italienische Besucher auf dem Weg in die Schweiz kurz vor der Grenze. Bild: Tim Graham / Alamy Stock Photo
Bild: Tim Graham / Alamy Stock Photo
Italienische Touristen sitzen in Lugano vor einem Café.
Italienische Touristen sitzen in Lugano vor einem Café.
Italienische Touristen sitzen in Lugano vor einem Café. Bild: Schweiz Tourismus / Daniel Loosli
Bild: Schweiz Tourismus / Daniel Loosli
Bart Spoorenberg
Bart Spoorenberg, General Manager des 25 hours Hotel Piazza San Paolino
Bart Spoorenberg, General Manager des 25 hours Hotel Piazza San Paolino Bild: ieffestudio
Bild: ieffestudio

Von Mailand sind es gerade mal 70 Kilometer bis nach Lugano.  Auch von Verona oder Turin aus ist die Tessiner Tourismusregion schnell erreicht. Ein klarer Vorteil, jedoch ist die Schweiz für italienische Gäste auch teurer. Wie damit umgehen? «Wir setzen auf Anreize und entwickeln Übernachtungspakete, die den Aufenthalt optimal mit unseren Produktsegmenten kombinieren», so Massimo Boni, Direktor Lugano Region.

Für die Ausstellungen im Herbst zum Beispiel gibt es ein spezielles Angebot Kunst & Kultur: Bei Buchung von zwei Nächten in der Region erhalten Gäste 20 Prozent Rabatt auf den Aufenthalt und kostenlosen Eintritt ins Museo delle Culture oder die Stiftung Bally. Und beim 4x3-Angebot ist ab vier Übernachtungen eine Nacht gratis. Solche Mehrwerte kommen bei italienischen Gästen gut an. Genauso die kostenlosen Führungen durch das Stadtzentrum zu «versteckten Ecken».

Hinzu kommen die touristischen Stärken der Region, unter anderem die kurzen Entfernungen. «Wer zum Beispiel eine Bergwanderung vom Monte Lema zum Monte Tamaro machen will, hat es nicht weit von der Stadt mitten hinein in die Natur.» Ein Pluspunkt im Markt Italien, genauso wie das Kunst- und Kulturzentrum Lugano Arte e Cultura und die Nachhaltigkeit der Region.


1,88 Nächte blieben die Gäste aus Italien 2019 durchschnittlich im Hotel.

Familienfreundlichkeit nannten 9,7 Prozent als Hauptgrund für ihre Reise.

7,7 Prozent nannten die Ruhe und 6,5 Prozent die Städte.

170 Franken gaben die Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017» im Schnitt täglich aus.

41,6 Prozent der italienischen Gäste übernachten während ihrer Ferien im Hotel.
 

Letztere zeige sich im effizienten ÖV und in authentischen Erlebnissen, welche lokale Traditionen, Produkte und die Gastronomie aufwerteten. Kulinarisch sei für die Zufriedenheit italienischer Gäste schon deshalb gesorgt, weil das Gebiet einst Teil des Ducato di Milano war. «Aus dieser Zeit sind einfache, aber köstliche Gerichte überliefert, die jenen der nahen Lombardei ähneln.»

Zusatzleistungen offerieren und laufend reinvestieren
Im Oberengadin ist es ähnlich. «Die Küche Südbündens ist seit Jahrhunderten eng mit der norditalienischen Küche verflochten», so Ursin Maissen, Geschäftsführer Pontresina Tourismus. «Das hilft, den Geschmack unserer Nachbarn zu treffen.»

Kürzlich durchgeführte Gästebefragungen hätten gezeigt, dass die lokale Gastronomie sehr geschätzt werde. Darüber hinaus fahren italienische Gäste gerne in den Panoramazügen des Bernina-Express oder in den offenen Aussichtswagen samt Frischluft und Fahrtwind.

Sie legen Wert auf hohe Service- und Beratungsstandards sowie die Zuverlässigkeit des ÖV. Was das Thema «teure Schweiz» angeht, so rät Maissen davon ab, über den Preis mit billigeren Tourismusregionen konkurrieren zu wollen. «Das können wir auch gar nicht. Stattdessen versuchen wir, mit Qualität, attraktiven Zusatzleistungen und Wow-Erlebnissen zu überzeugen.» Bezüglich Qualitätserhalt ist Maissen froh, «dass unsere teils sehr traditionsreichen Betriebe laufend in Hard- und Software reinvestieren und neue Investoren auf unsere touristische Zukunft vertrauen». Bei den Zusatzleistungen kommen «ÖV inklusive» und «Bergbahnen inklusive» gut an.

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Wichtig sei, dass die sehr grossräumige Tourismusregion Oberengadin und das Berninagebiet bis Alp Grüm miteingeschlossen seien und viele Beherbergungspartner – Hotels, Parahotellerie und Camping – an den Programmen partizipierten. Bezahlt mache sich beim Markt Italien auch das «reichhaltige Portfolio» an kostenlosen Angeboten und Events. Die Steinbock-Exkursionen, die Waldkonzerte des Kurorchesters oder das Gratisskifahren für Kinder bis 14 Jahre im Familienskigebiet Languard.

Viele Gäste aus Italien besitzen mittlerweile auch Wohneigentum vor Ort, in Pontresina und im gesamten Oberengadin. Maissen sieht darin eine touristische Chance: Ist es im Sommer in Italien zu heiss, weichen italienische Gäste ins klimatisch angenehmere Hochtal aus und arbeiten von dort aus. «Diesen Workation-Trend sollten wir für uns nutzen», so der Geschäftsführer von Pontresina Tourismus. Auch im Winter, wenn es in Norditalien nass und grau sei und die Gäste lieber in ihren Zweitwohnungen im verschneiten Oberengadin den Geschäften nachgingen.

Die italienischen Gäste mögen es, durch unsere grosse Fussgängerzone zu schlendern.
Clea Frei, Projektmanagerin Tourismusamt Neuchâtel

In Neuchâtel übernachten italienische Gäste vor allem im Hotel, aber auch auf Campingplätzen. Die Hauptsaison sind die Sommerferien im Juli und August. Gäste aus Norditalien kommen auch übers Wochenende. Von Mailand aus sind es vier Stunden mit dem Zug, die Autoanfahrt von Turin dauert genauso lange.

Grundsätzlich bevorzugen italienische Gäste eine Mischung aus «dolce vita» und hoher touristischer Qualität, beobachtet Clea Frei, Projekt­managerin Tourismusamt Neuchâtel. Die Stadt biete beides: eine durchgehend entspannte Atmosphäre und eine qualitativ sehr gute Infrastruktur mit vielen Hotels, Campingplätzen und B&Bs.

Angebot erweitern und digitale Techniken nutzen
Die Kombination aus «reichem historischem Erbe», Weingütern und See sieht Frei als Stärke. Genauso die grosse Fussgängerzone: «Die italienischen Gäste lieben es, durch unsere Stadt zu schlendern, die ja einem Freilichtmuseum gleicht.» Aktivitäten am See – Tretbootfahrten oder Spaziergänge auf dem Seeweg – sind auch beliebt. Die Gäste aus dem Nachbarland fahren zudem oft mit der Standseilbahn auf den Chaumont, um die «herrliche Aussicht» auf das Drei-Seen-Land zu geniessen.

Wichtig sei es, die Qualität der Beherbergung und der touristischen Infrastruktur kontinuierlich zu verbessern, um im Markt langfristig attraktiv zu bleiben. So wird die Beschilderung in der ganzen Stadt erneuert und damit die Zugänglichkeit verbessert. Zudem ist der Bau einer Jugendherberge geplant, «was uns die Aufnahme grösserer Gruppen erleichtert und das Angebot an kostengünstigen Unterkünften erweitert».

Frei hält zwei weitere Faktoren im künftigen Tourismus und im Markt Italien für zentral. Erstens Nachhaltigkeit: Immer mehr Gäste wollen einen ökologischen Tourismus und suchen kurze Erholungspausen in der Natur. Zweitens technologischer Fortschritt: Die Stadt positioniere sich als «Smart City», was sich durch interdisziplinäre Projekte nutzen lasse, die Kunst, Tourismus und Wissenschaft miteinander verbänden.

Beispiel: das Projekt «Tour du Fantastique». Hier wird der ehemalige Gefängnisturm basierend auf der Arbeit des Illustrators John Howe in einen Ausstellungs- und Kreativraum verwandelt, der mit viel digitaler Technik ausgestattet ist.


Nachgefragt

Grosse Duschen und bittersüsse Cocktailerlebnisse

Der Niederländer Bart Spoorenberg ist General Manager im 25 hours Hotel Piazza San Paolino, einem modern designten historischen Palazzo im Herzen von Florenz.   [IMG 3]

Bart Spoorenberg, was müssen Zimmer haben, damit sich italienische Gäste wohlfühlen?
Es sollte Kaffee- oder Teezubereitungsmöglichkeiten geben. Dazu grosse Duschen und sehr bequeme Betten. Was italienische Gäste bei uns besonders mögen, sind die Zimmer mit eigenem Garten – da ist man ganz für sich. Obwohl das Hotel mitten im Stadtzentrum liegt, herrscht absolute Ruhe. Ein grossartiger Ort, um einen guten Wein zu geniessen.

Da wären wir gleich beim Kulinarischen. Worauf kommt es da an?
Italiener neigen beim Thema Essen und Trinken nicht zur Abenteuerlust. Sie sind mit einer der bekanntesten Küchen der Welt aufgewachsen und lieben ihr italienisches Essen. In den meisten grösseren Städten Italiens – vielleicht mit Ausnahme von Mailand – sind die Restaurants deshalb auch überwiegend italienisch. Beim Wein ist es ähnlich: Italienische Gäste bevorzugen italienische Weine. Rotweine aus der Toskana oder dem Piemont, vom Chianti bis zum Barolo. Und Weissweine aus dem Friaul oder Sardinien, etwa einen Vermentino. Bei den Schaumweinen sind Franciacorta-­­Weine beliebt.

Was ist beim Service wichtig?
Italienische Gäste legen Wert auf Flexibilität. An feste Öffnungszeiten gebunden zu sein, ist nicht ihre Sache. Sie möchten essen können, wann sie wollen – und wo sie wollen. Auch in der Lobby-Lounge oder im Innenhof. Zudem sollte es kulinarische Optionen innerhalb des Hauses geben. Bei uns kann man bis 9 Uhr abends auch an der Bar etwas essen, das Menü dort unterscheidet sich von jenem im Restaurant. Zusätzlich haben wir den Alimentari, einen kleinen Lebensmittelladen. Dort gibt es Pizza oder einfache Schinkenplatten.

Italienische Gäste möchten essen können, wann und wo sie wollen.

Welche Cocktails werden bei Ihnen gemixt?
Wir haben unter anderem die Negroni Bar. Eine formelle, aber intime, altmodische Cocktail-Bar, die auf den klassischen bitter­süssen italienischen Cocktail spezialisiert ist. Besonders im Trend dieses Jahr: der Negroni mit Mezcal, einem Agavenbrand. Er hat einen schönen rauchigen Flavour. Das Erlebnis besteht aber nicht nur im Trinken der Cocktails, sondern auch in der Auswahl und der Zubereitung. Man unterhält sich mit dem Barkeeper und probiert auch mal etwas Neues aus. Für italienische Gäste genau das Richtige.

Ihr Hoteldesign ist von Dantes «Göttlicher Komödie» inspiriert.
Genau! Überall im Palazzo gibt es Anspielungen darauf – Szenen aus der Hölle oder aus dem Paradies. Was italienischen Gästen sehr gefällt, da sie besondere Erlebnisse suchen und sich überraschen lassen wollen. Der Designerin Paola Navone gelingt dies ausgezeichnet: Sie hat eine verspielte, moderne Interpretation von Dantes berühmtem Werk in einem alten Palast geschaffen. Das Design, dazu der geschichtsträchtige Ort und die vielen recycelten Materialien und Möbel – diese Mischung bereitet italienischen Gästen viel Vergnügen.

Was bieten Sie an Services für Aktivitäten ausserhalb des Hotels?
Italiener lieben es zu flanieren. Besonders ein Spaziergang nach dem Mittagessen gehört dazu. Die meisten unserer italienischen Gäste erkunden die Stadt auf eigene Faust, wir offerieren aber auch geführte Touren. Zu Märkten wie dem Mercato San Lorenzo oder zu kleinen Lokalen mit regionalen Spezialitäten. Dort gibt es Käse, Salami oder die toskanische Brotsuppe Pappa al pomodoro. Wenn italienische Gäste davon kosten, sind sie ganz in ihrem Element.

Märkteserie

Ein Markt vor dem grossen Comeback

Chinesische Gäste kehren nach drei Jahren Pandemie-Zwangspause in die Schweiz zurück. Individualreisen nehmen zu. Und auch der Winter verspricht gute Geschäfte.
Andreas Lorenz-Meyer
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Chinesische Gäste in Bern: Der Markt hat sehr gute Wachstumsaussichten.
Chinesische Gäste in Bern: Der Markt hat sehr gute Wachstumsaussichten.
Chinesische Gäste in Bern: Der Markt hat sehr gute Wachstumsaussichten. Bild: htr/Alain D. Boillat
Bild: htr/Alain D. Boillat

Einer langsamen Erholung steht jetzt nichts mehr im Weg. Die Ausreisebeschränkungen wurden Anfang 2023 aufgehoben, und auch der Flugverkehr normalisierte sich: Im Februar nahm Air China die Direktverbindung Peking–Genf wieder auf. Eine Gelegenheit, die Genève Tourisme zu nutzen wusste.

Man lud den Sender CCTV und die Nachrichtenagentur Xinhua ein und hängte am Flughafen ein Transparent mit der Aufschrift «Genf heisst Sie willkommen» auf. CCTV sendete einen Beitrag auf seinem Wirtschaftskanal CCTV2 zur besten Sendezeit. «Grossartige kostenlose Werbung für uns, deren Gesamtwert unschätzbar ist», so Adrien Genier, CEO von Genève Tourisme.

Shopping hält er für einen wichtigen Aspekt beim Markt China. Viele Gäste suchten Einkaufsmöglichkeiten im Bereich Luxusgüter oder Designermarken. In Genf seien Schweizer Uhren und Schmuck die Renner. Chinesische Verkäufer, aber auch chinesische Hotelréceptionisten oder Audioführungen auf Chinesisch tragen dazu bei, dass sich die Gäste noch wohler fühlen. Viele reagieren positiv auf Rabatte, beobachtet Genier.

Genève Tourisme entwickelt daher spezielle Angebote für chinesische Feiertage, das chinesische Neujahr oder die «Goldene Woche». Diese sollen dann direkt abgerufen werden können. Dafür ist eine spezielle App auf den wichtigsten chinesischen Zahlungssystemen geplant, etwa bei den Payment-Diensten Alipay und We Chat Pay.


1,42 Nächte blieben die Gäste aus Greater China 2019 durchschnittlich im Hotel.

Natur-Sehenswürdigkeiten nannten 18,6 Prozent als Hauptreisegrund.

7,4 Prozent nannten Entspannung und 6,4 Prozent Familienfreundlichkeit.

380 Franken gaben die Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017»im Schnitt täglich aus.

56,3 Prozent der Gäste übernachten während ihrer Ferien im Hotel.
 

China hat eine ganz eigene digitale Landschaft. Hier geben nicht Instagram oder Whatsapp den Ton an, sondern chinesische Social-Media-Plattformen. Für diese braucht es laut Genier einen massgeschneiderten Ansatz, der Sprache, Kultur und die mobile Ausrichtung des chinesischen Marktes berücksichtigt.

Genève Tourisme bespielt unter anderem den We-Chat-Videokanal, Douyin, die chinesische Version von Tiktok, und den Mikroblogging-Dienst Weibo. Dort gehört die Influencerin Xiaoxiaosha Teacher zu den einflussreichsten Reise-Key-Opinion-Leadern. Sie war dieses Jahr zu Besuch in Genf, ihre Beiträge und Videos erreichten 15 Millionen Aufrufe.

Plattformen zusammenführen und so Buchungen generieren
Auch Zürich Tourismus ist bei We Chat präsent, mit einem regelmässigen Newsletter. «We Chat ist mehr als nur ein chinesisches Whatsapp», so Nana Andres, Area Manager China. «Es ist eine All-in-one-App, die chinesische Gäste für die gesamte Customer-Journey brauchen. Deswegen hat es grosse Bedeutung für die Reisebranche.»

Die Plattform Little Red Book, wo Reisetipps gepostet werden, bespielt man ebenfalls. «Sie dient als Inspiration für die junge Generation. Auf Chinesisch nennen wir es Zhongcao, wörtlich übersetzt: Gras säen. Damit ist die flächendeckende Coverage von Little Red Book gemeint.» Zürich platziert Angebote – die «Zürich-Card», das Fifa-­Museum oder das Kunsthaus – vermehrt auf chinesischen OTAs, darunter Ctrip.

We Chat ist mehr als nur ein chinesisches Whatsapp. Es ist eine All-in-one-App.
Nana Andres, Area Manager China bei Zürich Tourismus   

Zusätzlich auch auf der Plattform Mafengwo, die wie Tripadvisor funktioniert. Andres rät, einzelne Plattformen im Buchungsprozess zusammenzuführen. Das läuft dann zum Beispiel folgendermassen ab: Ein Gast kommt auf Little Red Book erstmals in Kontakt mit Zürich, informiert sich dann auf We Chat und Mafengwo über eine Reise und bucht schliesslich bei Ctrip.

Grossen Wert legen chinesische Gäste auf Convenience: Die Angebote müssen bequem und einfach zugänglich sein. Die ÖV-Fahrpläne mit den Zonen kommen nicht gut an – zu kompliziert. Und dass sie in Museen immer noch Münzen in die Garderobenkästchen einwerfen müssen, empfinden die Gäste als mühsam. Umso mehr mögen sie die Audioguides, weil hier alle wichtigen Informationen in ihrer Muttersprache zusammenkommen und das Handling meist sehr einfach ist.

Die Matterhorn-Region fokussiert beim Markt China auf mittelgrosse Gruppen von 20 bis 25 Personen und Familiengruppen. Und zwar speziell auf die «second time visitors», so Mario Braide, Direktor Märkte Asien und Nordamerika. Oft waren diese im Rahmen einer Multi-Country-Reise schon mal kurz in der Schweiz.

Bei der zweiten Reise entscheiden sich viele dann für eine Mono-Schweiz-Tour oder eine Schweiz-Tour in Verbindung mit einem Nachbarland, etwa Italien. «Bei Mono-Schweiz-Touren ist die Chance grösser als bei Multi-Country-Touren, dass chinesische Reiseveranstalter unsere Produkte in die Reiseroute aufnehmen. Zudem sind diese Gäste aus Wertschöpfungssicht deutlich interessanter.»

Nicht nur Sightseeing, sondern auch Aktivitäten
Dass unter der Dachmarke Matterhorn- Region viele einzelne, unterschiedliche Tourismusorte versammelt sind, erweist sich als Vorteil. Chinesische Gäste suchten das bis anhin Unbekannte, sagt Braide. Darauf bauen die Routen für Reisegruppen auf: Übernachtung in Saas-Fee, am Folgetag ein Ausflug zum Aletschgletscher inklusive Mittagessen, danach Leukerbad mit den Thermal­bädern. Und zum Schluss, bevor es weiter an den Genfersee geht, noch der Lac Souterrain in St. Leonard, kombiniert mit einer Degustation von Walliser Weinen.

Das Winter-Potenzial hält Braide für sehr hoch, besonders bei Skifahrern und Snowboarderinnen. Die in China für die Olympischen Winterspiele 2022 aufgebaute Skikultur entwickle sich weiter. Die Matterhorn-Region arbeitet mit dem chinesischen Skilehrer Long Long Li zusammen, der in der chinesischen Ski-Community dank Social-Media-Präsenz sehr bekannt ist.

Während der Pandemie war er für die Matterhorn-Region als Skilehrer tätig, ausschliesslich für chinesische Expats, die in der Schweiz und im nahen Ausland wohnen, da der chinesische Markt ja lange zu war. «Dank seiner Social-Media-Posts blieben unsere Skigebiete die ganze Zeit in Kontakt mit den Endkunden in China. Was sich ab dem kommenden Winter auszahlen wird.»

Braide sieht eine weitere Veränderung im wieder geöffneten Markt. Es geht den Gästen nicht mehr vornehmlich um Sightseeing, sondern zunehmend auch um Aktiverlebnisse, Wandern und Gletscherbegehungen. Dieser Trend betreffe bisher vor allem die Submärkte Hongkong und Taiwan, schwappe aber sicher bald nach Festlandchina über. 

Submärkte Hongkong und Taiwan
Festlandchina, Hongkong und Taiwan sind als Markt «Greater China» zusammengefasst. Jedoch gilt es, Unterschiede zu berücksichtigen. «Gäste aus Hongkong sprechen oft mehrere Sprachen, darunter Kantonesisch, Mandarin und Englisch», so Adrien Genier. Diese Mehrsprachigkeit erhöhe die Anpassungsfähigkeit an kulturelle Gegebenheiten. Auffällig sei zudem, dass manche Touristen aus Hongkong auf Reisen auch an geschäftlichen Aktivitäten und Networking interessiert seien.

Nana Andres weist auf zwei Unterschiede zu Festlandchina hin: Gäste aus Hongkong brauchen momentan noch kein Schengen-Visum, und von Hongkong gibt es fast täglich Direktflüge in die Schweiz. Und taiwanesische Gäste? Diese haben mehr Erfahrung mit Auslandsreisen und sind sprachlich besser aufgestellt als Gäste aus Festlandchina. «Sie fahren zudem gerne ÖV – wie sie es aus ihrer Heimat kennen.» Adrien Genier ergänzt: «Taiwanesische Gäste besuchen oft historische Stätten, Museen und kulturelle Veranstaltungen, um mehr über die Geschichte und die Traditionen der Schweiz zu erfahren. Im kulinarischen Bereich zeigen sie sich durchaus auch mal abenteuerlustig.» Besonders beliebt sind bei ihnen Wandern, Radfahren und Zugreisen. Und taiwanesische Familien reisen nicht selten mit mehreren Generationen zusammen.


Expertentipps

Einmalige Erlebnisse bieten, Payment-Dienste nutzen

Jeffrey Wang arbeitet seit acht Jahren als Business Development Manager von Peking aus für das Switzerland Travel Centre. Neben dem Sales-Bereich leitet er den Fliggy Shop, den offiziellen Schweiz-Shop auf der touristischen Plattform von Alibaba. Der China-Experte gibt Einschätzungen zu vier Aspekten, die Schweizer Destinationen berücksichtigen sollten.

Was der Preisanstieg bewirkt
Der chinesische Auslandstourismus ist trotz langsamer Erholung noch weit vom Vor-Pandemie-Volumen entfernt. Gründe gibt es mehrere: das langsamere Wirtschaftswachstum in China, die bisherigen Visabeschränkungen, die geringe Anzahl von Flügen. Dadurch stiegen die Preise für Reiseprodukte kräftig an. Schweizer Hotels sind für chinesische Gäste heute 50 bis 200 Prozent teurer als im Jahr 2019 – was auch die Bildung von Gruppenreisen auf niedrigem und mittlerem Preisniveau blockiert. 

Eine wichtige Veränderung gegenüber der Zeit vor der Pandemie betrifft die Gruppengrössen.  Aktuell sind es hauptsächlich kleine und mittlere Gruppen von 10 bis 25, maximal 30 Personen. Vor Corona dominierten Reisegruppen mit 40 bis 50 Personen. Der Grund sind eben die Preissteigerungen: Die Grossgruppen bewegen sich alle im günstigeren Preissegment. Eine Rolle spielen aber auch die kleineren Sitzplatzkontingente, die Reiseveranstalter von den Airlines erhalten.

Eine weitere wichtige Veränderung: Wir haben es heute mit einer kaufkräftigeren Kundschaft zu tun. Das Interesse an neuen, spannenden Aktivitäten und an Kulinarik ist damit gestiegen. Einmalige Erlebnisse statt massentouristischer Schnellabfertigung sind also gefragt – darauf sollten Schweizer Destinationen achten.

Worauf es bei Individualgästen ankommt
Wegen der lange schwierigen Visaerteilung gibt es in diesem Jahr nicht allzu viele FIT-Gäste, aber das könnte sich schnell ändern. Umfragen zeigen, dass eine Menge chinesischer Touristen daran interessiert ist, alleine statt in Gruppen zu reisen – besonders junge Leute mit besseren Sprachkenntnissen. Die Zahl der FIT-Gäste könnte im Jahr 2024 regelrecht explodieren. Der «Swiss Travel Pass» erleichtert es ihnen, allein in die Schweiz zu kommen.

Diese Gästegruppe ist recht anspruchsvoll. Hotels sollten deswegen unbedingt auf die Servicequalität achten. Und: Das Personal muss sich angemessen verhalten! Zum Beispiel leicht verständliches Englisch sprechen. Oder Verständnis haben, wenn die Gäste nicht alles gerne essen, aber es zumindest versuchen.

Mein Tipp für Hotels: Bietet das Fondue nur als Vorspeise an und nicht als Hauptgang! Ein Blick in chinesische Social-Media-Plattformen zeigt, dass es insgesamt Verbesserungsbedarf gibt. Zurzeit erhalten einfach zu viele Schweizer Hotels gemischte bis negative Bewertungen, weil die FIT-Gäste das Personal als unfreundlich oder ungeduldig empfinden. So etwas hat einen direkten Einfluss darauf, wie viele chinesische Touristen in Zukunft buchen.

Wo sich Payment-Dienste lohnen
China hat zwei grosse Anbieter, Alipay und We Chat Pay. Unterschiede in den Funktionen gibt es kaum, aber die Unternehmen dahinter sind direkte Konkurrenten. Gegenwärtig haben viele Geschäfte in der Schweiz und in anderen europäischen Ländern mit der Einführung von Alipay-Zahlungen begonnen, besonders in grossen Einkaufszentren.

We Chat Pay hinkt da noch etwas hinterher, jedoch wird es in China als mobile Zahlungsmethode immer beliebter. Für Schweizer Destinationen ist es durchaus eine Überlegung wert, We Chat Pay und Alipay in ihre Dienstleistungen zu integrieren: im Restaurant, im Hotel, im Souvenirshop, an der Bergbahn. Überall, wo chinesische Gäste vor Ort bezahlen müssen. Eine solche Infrastruktur würde sie ermutigen, die entsprechende Destination zu wählen: Sie bezahlen dann weniger Gebühren für die Transaktionen – und alles lässt sich in ihrem Payment-Ökosystem erledigen.

Wie sich richtig inszenieren
Wenn es um Social-Media-Marketing geht, empfehle ich Plattformen für kurze Videos, Tiktok zum Beispiel. Da kommt es besonders auf die Inszenierung an. Die Schweizer Naturlandschaft wird in China als einzigartig empfunden. Also sollten Destinationen die besten Filmer ihre schönsten Landschaften filmen lassen und die Videos dann posten. So lenken sie die Aufmerksamkeit potenzieller chinesischer Gäste auf sich.

Wenn dann noch ein oder zwei gebürtige Schweizer, die Chinesisch sprechen, in dem Video auftauchen, kommt schnell eine grosse Zahl Fans zusammen. Grundsätzlich sinnvoll ist es auch, die Hilfe einer professionellen Multi-Channel-Network-Firma in Anspruch zu nehmen. Wichtig dabei: Es sollten unbedingt Unternehmen mit Basis in China sein, nicht Unternehmen mit Basis in Europa, die von Chinesen geführt werden. Denn diese erkennen von Europa aus vielleicht nicht die neuesten Trends und heissen Reisethemen im Markt China.

Märkteserie

Ein grosser und sehr gut erholter Doppelmarkt

US-Touristen stellen den Grossteil der Gäste aus Nordamerika. Sie bevorzugen kurze Wege und suchen Erlebnisse. Den Markt Kanada separat zu bearbeiten, ist nicht unbedingt nötig.
Andreas Lorenz-Meyer
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Blick vom Gornergrat aufs Matterhorn: Die Schweizer Berge sind ein Anziehungspunkt für US-Gäste.
Blick vom Gornergrat aufs Matterhorn: Die Schweizer Berge sind ein Anziehungspunkt für US-Gäste.
Blick vom Gornergrat aufs Matterhorn: Die Schweizer Berge sind ein Anziehungspunkt für US-Gäste. Bild: Keystone
Bild: Keystone
Der Zytglogge-Turm in Bern: US-Gäste besuchen oft nach einer Flusskreuzfahrt noch die Bundesstadt.
Der Zytglogge-Turm in Bern: US-Gäste besuchen oft nach einer Flusskreuzfahrt noch die Bundesstadt.
Der Zytglogge-Turm in Bern: US-Gäste besuchen oft nach einer Flusskreuzfahrt noch die Bundesstadt. Bild: Keystone
Bild: Keystone

Kreuzfahrten auf dem Rhein sind im Markt USA sehr beliebt. Davon profitiert auch die Städtedestination Bern, obwohl sie einiges entfernt vom Fluss liegt. Denn viele US-Gäste wollen ihre River-Cruise-Ferien mit einem Aufenthalt in der Schweiz verlängern – und wählen dafür die Hauptstadt. Ein Grund dafür: Von hier aus könnten sie gut Kurzausflüge in die «richtige Schweiz» machen, so Manuela Angst, CEO bei Bern Welcome. Beliebt sind Besuche der Schaukäserei in Affoltern im Emmental, wo die US-Gäste beim Käsen gerne selber mit anpacken. Solche «Hands on»-Erfahrungen werden geschätzt. Die Nähe zur Natur und zum Berner Oberland hält Angst bei diesem Markt für einen zweiten wichtigen Faktor. Bern sei ein idealer Standort, um «Urban Nature» zu erleben.

Die kurzen Wege in der Altstadt kommen den US-Gästen sehr gelegen.
Manuela Angst, CEO Bern Welcome   

In der Stadt selbst wollten die US-Gäste vor allem die Altstadt sehen. Mehrheitlich seien es ältere Personen über 50 Jahre, die nicht mehr so gerne liefen, sagt Angst. «Die kurzen Wege in Bern kommen ihnen sehr gelegen.» Bei den Städteführungen werden Locals bevorzugt. Diese müssen viele Fragen beantworten, da die US-Gäste gebildet und vielseitig interessiert sind. Sie finden es gut, wenn sie nicht nur Stadtgeschichten und Anekdoten präsentiert bekommen, sondern auch Fakten zum politischen System der Schweiz. Vor allem die direkte Demokratie interessiert sie sehr.

Genauso das Thema Albert Einstein. Es gibt Themenrundgänge wie «Einstein in Bern», das Einstein-­Museum, das Einstein-Haus und die Bronzefiguren auf vier Sitzbänken. Hier machen die Gäste oft ein Selfie mit dem berühmten Physiker, der ab 1933 in den USA lebte. Beliebt sind auch die sechs Kilometer Arkaden in Bern – darunter lässt sich wettergeschützt shoppen. Im Hotel mögen es US-Gäste kühl. «Ihnen sind klimatisierte Zimmer und Räume wichtig. Und viele bestellen ihre Getränke mit Eiswürfeln drin.»

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Sauberkeit und eine moderne Infrastruktur
«US-Gäste sind naturverbundene Personen, die vor allem aktive Erholung in den Bergen suchen», sagt Matthias Supersaxo, Direktor von Saastal Tourismus. Beliebte Aktivitäten in Saas-Fee und im Saastal sind die Gorge Alpine, Gletschertouren, Wildbeobachtungen, ein Besuch im Drehrestaurant Allalin, Klettern und Bergsteigen sowie Wandern.

Buchbare Produkte wie «Mein erster Viertausender», die Besteigung des 4027 Meter hohen Allalinhorns, kommen bei dem Markt besonders gut an. «US-Gäste suchen vermehrt nach solchen besonderen Erlebnissen. Sie dienen ihnen als Buchungsargument und Inspiration.» Das Produkt sollte online auf einer englischsprachigen Website buchbar sein, rät Supersaxo. Zudem sollte der Guide Englisch sprechen. Pauschalangebote mit Übernachtungen und Skipass seien bei US-Gästen weniger relevant.

Das Hotel ist die im Saastal am häufigsten gewählte Unterkunftsart. US-Gäste bevorzugen Hotels der 4- und 5-Sterne-Superior-Kategorie. Traditionelle Restaurants mit typischen lokalen Gerichten werden gut nachgefragt. Wichtig sind Sauberkeit und eine moderne Infrastruktur. US-Gäste reisen oft mit dem ÖV an, beobachtet Supersaxo. Die guten Verbindungen ins Saastal – rund drei Stunden von Basel, Genf und Zürich – seien daher ein grosses Plus. Genauso die Saastal-Card mit der Gratisbenützung des Postautos im Saastal. Bei der Altersstruktur sei es so, dass vor allem junges Publikum ins Saastal reise. Hochalpine Erlebnisse und Herausforderungen stünden da im Vordergrund.

US-Gäste sind naturverbundene Personen, die vor allem aktive Erholung in den Bergen suchen.
Matthias Supersaxo, Direktor von Saastal Tourismus

Der Anteil der Familien sei eher gering, dennoch sollte es auch ein gutes Familienangebot geben, rät Supersaxo – ob Seilpark, Murmeltier­fütterung, Rodelbobbahn, Familienwanderungen, Eisgrotte oder Bike-Skills-Park. Ein Trend sind gastronomische Angebote, die immer beliebter werden. Dieses Jahr startete Saas-Fee mit einem neuen Kulinarik-Trail. «Wir sind gespannt, wie die US-amerikanischen Gäste darauf reagieren.»

St. Gallen-Bodensee Tourismus vermarktet im US-Markt einerseits die Stadt St. Gallen mit dem Unesco-Weltkulturerbe Stiftsbezirk als Kulturmetropole und andererseits die Erlebnisregion. Diese verkörpert laut Andreas Kunz, Leiter Marketing & Kommunikation, alle typisch schweizerischen Höhepunkte auf engstem Raum: Städte, voralpine Berge, Seen, Flüsse, kulinarische Spezialitäten und deren Produktionsstätten.

Das Chocolarium in Flawil zählt zu den beliebtesten Attraktionen – in 20 Minuten sind die US-Gäste dank guter Verkehrsanbindungen dort. Ein «einzigartiges Reisemotiv» sieht Kunz im St. Galler Stiftsbezirk mit der ältesten Schweizer Bibliothek, deren Historie bis ins Jahr 612 reicht. «1400 Jahre sind gerade für Reisende aus den USA ein sehr langer Zeitraum.»

Die Gäste in die lokale Kultur eintauchen lassen
Auch das Image spielt laut Kunz eine wichtige Rolle: St. Gallen-Bodensee gelte in den USA als «hidden pearl» der Schweiz, weil die Destination weniger bekannt und weniger überlaufen sei als andere Tourismusregionen. Sinnvoll bei dem Markt sei es, die Direktanbindung mit dem Zug an den Flughafen Zürich hervorzuheben. Und dass St. Gallen-Bodensee eine sehr saubere und sichere Destination sei. Beim gastronomischen Angebot gelte es, auf die vielfältige, traditionelle Schweizer Küche hinzuweisen. In den «Erststockbeizli» St. Gallens liessen sich lokale Spezialitäten in einer traditionellen Umgebung besonders gut geniessen, so Kunz.


2,13 Nächte blieben die Gäste aus Nordamerika 2019 durchschnittlich im Hotel.

Berge nannten 7,9 Prozent als Hauptgrund für ihre Reise. 6,8 Prozent nanntenFamilienfreundlichkeit und 5,1 Prozent Natur.

280 Franken gaben die Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017»im Schnitt täglich aus.

52,9 Prozent der Gäste aus Nordamerika übernachten während ihrer Ferien im Hotel.
 

Und die Familienfreundlichkeit? Alle Familienmitglieder sollten die Attraktionen aus ihrer Perspektive wahrnehmen können. Aus diesem Grund gibt es spezielle Familienangebote: Rätselspass oder Schaukäsereiführung mit Kindern. Kunz sieht auch neue Trends bei dem Markt. Statt sich nur auf die Sehenswürdigkeiten zu konzentrieren, bevorzugen viele Touristen aus den USA immer stärker erlebnisorientierte Reisen, bei denen sie aktiv in die lokale Kultur eintauchen und einzigartige Erfahrungen machen können.

Der Kontakt zur einheimischen Bevölkerung wird wichtiger. Hier kommt es aus Sicht von Kunz darauf an, dass die Einheimischen offen und in englischer Sprache auf die US-Amerikaner zugehen. Die Tourismusorganisation fördert die Sensibilisierung der einheimischen Bevölkerung für den Tourismus. «Wir möchten zeigen, dass sie letztlich von der touristischen Wertschöpfung profitiert – und dass es deswegen auch gut ist, wenn sich die US-Gäste als wichtige Gästegruppe wohlfühlen. Mit Schweizern auf Englisch kommunizieren zu können, trägt dazu bei.»

Und Kanada? Die finanziellen Mittel, um diesen Markt gesondert zu bearbeiten, fehlen. Jedoch sei das Reisemotiv bei Gästen aus Toronto auch meist dasselbe wie bei jenen aus Chicago, so Kunz. Landesgrenzen spielten also keine Rolle. Vielmehr sollten Destinationen zwischen Ost- und Westküste oder zwischen ländlichen und städtischen Gebieten unterscheiden. Gäste von der West­küste kennten höhere Gebirgszüge von zu Hause.

Sie interessierten sich daher auch stärker für Bergsport als Ostküsten-Gäste. Bei Gästen aus grösseren amerikanischen Städten sei es so, dass sie immer öfter Ruhe, Entschleunigung, Digital Detox und Erholung in der Natur suchten. Mit diesen Bedürfnissen seien sie in der Destination St. Gallen-Bodensee sehr gut aufgehoben.

Märkteserie

Golfstaaten – Familienfreundlichkeit und Adventureangebote

Gäste aus den Golfstaaten mögen Soft Adventure, legen Wert auf Rückzugsmöglichkeiten und frühstücken gerne mal etwas später. In der Marktpflege ist Präsenz vor Ort wichtig.
Andreas Lorenz-Meyer
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Kommen oft im Familienverbund: Arabische Gäste in der Schweiz.
Kommen oft im Familienverbund: Arabische Gäste in der Schweiz.
Kommen oft im Familienverbund: Arabische Gäste in der Schweiz. Bild: Keystone
Bild: Keystone
Bei arabischen Gästen ist das Smartphone immer mit dabei.
Bei arabischen Gästen ist das Smartphone immer mit dabei.
Bei arabischen Gästen ist das Smartphone immer mit dabei. Bild: Keystone
Bild: Keystone
Carsten Wiegandt, General Manager Kempinski Hotel & Residences Muscat.
Carsten Wiegandt, General Manager Kempinski Hotel & Residences Muscat.
Carsten Wiegandt, General Manager Kempinski Hotel & Residences Muscat. Bild: Kempinski Hotels
Bild: Kempinski Hotels

Auf der Arabischen Halbinsel sind die Temperaturen jetzt im Sommer extrem hoch – da ist die vergleichsweise kühle Schweiz ein attraktives Reiseziel. Entsprechend kommen die meisten Gäste aus den Golfstaaten zwischen Juni und August. So ist es auch in der Ferienregion Interlaken: Rund 75 Prozent der Übernachtungen bei dem Markt fallen in die Sommermonate. Allgemein strebt Interlaken Tourismus aber den Ausbau zur Ganzjahresdestination an. Entsprechend würden auch den arabischen Gästen die Saisonalitäten und deren Vorzüge nähergebracht, so Lisa Spring, Manager Communication Interlaken Tourismus. «Zum Beispiel der Herbst mit den gefärbten Wäldern und der dann einzigartigen Fernsicht in den Bergen.» Der Erfolg zeigt sich bereits: In den letzten Jahren gab es eine leichte kontinuierliche Zunahme bei den Logiernächten in der Zwischensaison. 

Wir entwickeln neue, kreative und auf den Markt zugeschnittene Angebote und Dienstleistungen.
Lisa Spring, Manager Communication Interlaken Tourismus   

Besonders das Element Wasser fasziniere arabische Gäste, beobachtet Spring. «Neben Seen, Flüssen und Wasserfällen sind natürlicher Schnee und Eis absolute Highlights.» Die Ferienregion stehe in den Golfstaaten sinnbildlich für «die ganze Schweiz an einem Ort». Um die Position noch auszubauen, werden zusammen mit Partnern, Leistungsträgern und Beherbergern «neue, kreative und auf den Markt zugeschnittenen Angebote und Dienstleistungen» entwickelt. Zum Beispiel die Lady-Pilot-Tandem-Paraglidingflüge in Begleitung einer weiblichen Pilotin.


2,6 Nächte blieben die Gäste aus den Golfstaaten 2019 durchschnittlich im Hotel.

Familie Familienfreundlichkeit nannten 9,5 Prozent als Hauptgrund für ihre Reise.

8,8 Prozent die Schweizer Natur.

420 Franken gaben die Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017»im Schnitt täglich aus.

70,7 Prozent der Gäste aus den Golfstaaten übernachten während ihrer Ferien im Hotel.
 

Ein Grossteil der arabischen Gäste reist mit der Familie. Entsprechend sollten familienfreundliche Bergerlebnisse angeboten werden, rät Spring. Auch Adventure-Angebote kämen gut an. «Wir haben da eine Fülle an professionell veranstalteten Aktivitäten auf kleinstem Raum, eingerahmt von perfekten Landschaften.» Soft Adventure, Jetboat oder Canyoning, würde von der Gästegruppe bevorzugt. Ein wichtiger Teil der Marktpflege sei die Bespielung von Social-Media-Kanälen: «Die meisten arabischen Gäste besitzen mehrere Smartphones und sind sehr Social-Media-affin.» Aktuell seien vor allem Tiktok, Facebook und Youtube beliebt. Diese Kanäle versorgt Interlaken Tourismus mit passendem Content. «Hierbei achten wir darauf, dass Tonalität und Bildsprache auf die religiösen und kulturellen Befindlichkeiten der Zielgruppe abgestimmt sind.»

Frühstück bis zum Mittag, Abend­essen bis 23 Uhr
Das Verständnis für Gäste aus fernen Ländern zu fördern, ist für Spring ein weiterer wichtiger Punkt. Seit Jahren werden interkulturelle Workshops durchgeführt, an denen Entscheidungsträger und Mitarbeitende von touristischen Leistungsträgern sowie Einheimische teilnehmen können. Gleichzeitig sollen aber auch die Gäste gut vorbereitet sein. Das lokale Reisebüro Arab Service Interlaken erarbeitet dafür in Zusammenarbeit mit Interlaken Tourismus Lernvideos und Broschüren, die neben buchbaren Angeboten auch Informationen zur Schweiz liefern. Dort wird zum Beispiel erklärt, dass es für die Benutzung von Schweizer Autobahnen und -strassen eine Vignette braucht. Interkulturelle Kompetenz hält auch Marco von Euw, Direktor Hotel Metropole in Interlaken, für zentral.

Es komme darauf an, praktische Erfahrungen zu sammeln und sie dann im täglichen Umgang mit arabischen Gästen anzuwenden. Diese hätten einen gewissen Anspruch an die Flexibilität von Personal und Service. So sei der Tagesrhythmus etwas anders als der anderer Gästegruppen. Frühstück und Abendessen möchten arabische Gäste tendenziell später haben – Frühstück bis am Mittag, Abendessen bis mindestens 23 Uhr. Ein Hotel sollte entsprechende Zeiten anbieten. Von Euw fällt bei den Gästen eine anfängliche Skepsis auf. «Wenn wir ihnen aber etwas Zeit widmen, gewinnen wir ihr Vertrauen. Dann können sie zu Stammgästen werden.» Das Kulinarische ist ein besonders wichtiger Punkt. Halal-Essen gehört bei den Gästen nicht nur zur Tradition, es ist Teil ihrer Religion. «Zum einen setzen wir bei unseren Gerichten entsprechende Halal-konforme Zutaten ein. Zum anderen haben wir traditionelle Speisen wie Kichererbsen, Couscous und Lammgerichte auf der Karte.» Grundsätzlich seien die Gäste kulinarisch recht neugierig.

Aufmerksamkeit auf die unbekannten Seiten lenken
«Wir haben eine starke Position in den Golfstaaten», sagt Adrien Genier, Direktor Genève Tourisme. Er beschreibt die Gäste als «loyal und respektvoll». Sie mögen den Genfer Lifestyle, die Kombination aus Stadt und Land mit See und Bergen in der Nähe. Wichtig für die Marktpflege sei es, das ganze Jahr in engem Austausch mit lokalen Reiseanbietern zu stehen und Partnerorganisationen regelmässig über touristische Neuigkeiten zu informieren: neu eröffnete Restaurants, Hotelsanierungen, neue Städtetouren. «So stellen wir sicher, dass die Programme immer up to date sind.»

Die Reiseveranstalter werden auch regelmässig mit aktualisierten Listen von Restaurants versorgt, in denen es Halal-Speisen gibt. Die aktuelle Kampagne heisst «Unexpected Geneva» und wird im Markt Golfstaaten unter anderem über Instagram, Snapchat und Tiktok bespielt. «Das Konzept ist einfach, aber wirkungsvoll», so Genier. Genf habe einige ikonische Symbole: den Jet d’eau, die Luxus-Uhrmacherei, den Genfersee. «Diese allein sind ein Reisegrund, aber wir haben noch mehr – und darauf soll die Kampagne den Blick lenken. Wir wollen die Symbole Genfs als Hebel nutzen, um andere, unbekanntere Aktivitäten aus Bereichen wie Gastronomie und Wassersport zu promoten. So sollen sie aus dem touristischen Schatten der Berühmt­heiten heraus­treten.»

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Rückzugsmöglichkeiten bieten und viel Präsenz im Markt zeigen
Das Walensee Resort in Unterterzen bietet Comfort- und De-luxe-Apartments an und gehört zu den Golfstaaten-Spezialisten. Die meisten Gäste kommen von der Arabischen Halbinsel, vor allem aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.  «Jedoch arbeiten wir daran, die Anteile der Gäste aus Katar und Saudiarabien in den nächsten zwei Jahren zu erhöhen», so Teba Cosentino, Geschäftsführerin der Walensee House & Apartments GmbH. Die Gäste buchen das Resort nicht nur wegen der «bezaubernden Schönheit» der Heidiland Tourismusregion, sondern auch wegen Cosentinos arabischer Herkunft. «Ich spreche ihre Sprache, verstehe und respektiere ihre Religion und Traditionen. Das ist für die Gäste wie ein Sicherheitsanker fernab der Heimat.» Besonders achtet Cosentino auf die Dienstleistung, schliesslich lebe ein Tourismusunternehmen davon.

«Was gewünscht wird, versuchen wir 24/7 zu erfüllen. Das ist nicht immer möglich, aber wir bemühen uns. Die arabischen Gäste sollen sich hier wie zu Hause fühlen. Dort können sie auf unbegrenzte Dienstleistungen zurückgreifen.» Auch die Räumlichkeiten sind ein Erfolgsfaktor bei dem Markt. Geschätzt werden die modularen Wohneinheiten mit Verbindungstüren. Sich im Urlaub ganz ins Private zurückziehen können, ist ebenfalls ein wichtiger Buchungsgrund für arabische Gäste, weil es ihnen ein Gefühl von Sicherheit gibt. Die Resort-Website ist auch auf Arabisch abrufbar. «Ein zusätzlich unterstützender Service», so Cosentino. Viele Buchungen erfolgen aber per E-Mail oder telefonisch. Unerlässlich sind «konsequente und nachhaltige Marketingaktivitäten». Cosentino ist viel in den Golfstaaten unterwegs, um Präsentationen bei Reisebüros durchzuführen und an Tourismusmessen teilzunehmen. Es gebe ein ganzes Bündel an Massnahmen – nur so lasse sich das Interesse am Resort auch aufrechterhalten.


Nachgefragt

Aufmerksam sein, besondere Wünsche erfüllen

Carsten Wiegandt ist General Manager des Kempinski Hotel & Residences Muscat in Oman.

Carsten Wiegandt, wie würden Sie Ihre arabischen Gäste beschreiben?
Die meisten sind sehr weit gereist, qualitätsbewusst und anspruchsvoll. Was sich darin zeigt, dass sie oft sehr gut Englisch sprechen und technologisch auf dem neusten Stand sind. Sie erwarten höchste Freundlichkeit, ein warmherziges Lachen und ungeteilte Aufmerksamkeit. Ihre Wünsche sollten zügig erfüllt und ein Room-Service zu jeder Tages- und Nachtzeit angeboten werden. Zudem ist es gut, wenn das Personal eine gewisse Gelassenheit gegenüber quirligen Kindern an den Tag legt. [IMG 3]

Wovon hängen die Bedürfnisse der Gäste im Einzelnen ab?
Zum Beispiel von der Gruppengrösse. Ab einer gewissen Anzahl Reisender werden gerne geräumige Suiten gebucht, mit mehreren Zimmern und Badezimmern oder Zimmern mit Verbindungstüren. Es kann vorkommen, dass eine Familie mit mehr als 30 Personen reist, eventuell sind noch Fahrer, Butler, Nanny oder Sekretär dabei. Ich erinnere mich auch an Fälle, bei denen Gäste eigene Möbel vorausgeschickt haben, die wir dann in den Zimmern platzierten.

Sollten Angestellte Arabisch sprechen können?
So etwas kommt immer gut an. Sie können zurate gezogen werden, wenn es sprachlich tatsächlich mal Barrieren geben sollte. Manchmal freuen sich die Gäste auch einfach, in ihrer Muttersprache begrüsst zu werden oder eine Konversation führen zu können.

Was ist mit besonderen Anliegen und Wünschen?
Um die kümmert sich bei uns – und auch in allen anderen Kempinski-Hotels – die «Lady in red». Sie trägt ein elegantes und massgeschneidertes rotes Outfit, welches die modischen Traditionen der jeweiligen Destination widerspiegelt. Das kann bei uns eine Abaya sein, eine Art Überkleid für Frauen. Die «Lady in red» steht Gästen als vertrauensvolle Ansprechpartnerin für jegliche Anliegen zur Seite, sie macht das Unmögliche möglich. Das kann bei arabischen Gästen die kurzfristige Organisation eines Kindergeburtstages sein, eine Lieferung von Datteln und Blumen oder die Bitte, den Vertreter eines Luxuslabels mit einer riesigen Auswahl an Schuhen, Kleidern, Handtaschen oder Schmuck ins Hotel zu bestellen, sodass die Gäste in der Privatsphäre einer Suite stresslos einkaufen können.

Arabische Gäste erwarten ein warmherziges Lachen.


Worauf legen arabische Gäste im Spa-Bereich Wert?
Sie kennen sich sehr gut mit luxuriösen, internationalen Kosmetiklinien aus und zeigen grosses Interesse an den neusten Wirkstoffen im Produktbereich. Ein Hotel sollte also führende Labels anbieten. Zudem sollten die Behandlungen auf die individuellen Bedürfnisse der Haut zugeschnitten sein. Da ist professionelles Fachpersonal gefragt, das sich mit der einzelnen Person und dem Hauttyp auseinandersetzt und nicht einfach ein «One fits all»-Programm durchführt.

Sollten bestimmte Zusatz­services ausserhalb des Hotels angeboten werden?
Ja. Wir führen Museumsbesichtigungen durch, Privattouren mit Guide zu historischen Stätten oder landestypischen Plätzen, Picknick in einer Oase, Shoppingausflüge, Wanderungen durch die berühmten Wadis oder Katamarantouren zum Schnorcheln auf vorgelagerte Inseln. Unsere arabischen Gäste erwarten dabei ein massgeschneidertes Erlebnis. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass eine Luxusboutique exklusiv nur für einen einzigen Gast öffnet. Oder dass für den Ausflug eines Autofans ein Rolls-Royce organisiert wird.

Nehmen wir mal an, ein Schweizer Hotel überlegt, Halal-Speisen aufs Menü zu setzen. Was ist da zu beachten?
«Halal», also gemäss Koran erlaubt, sind frisches Obst und Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte, Eier, Frischmilch, Milchprodukte, frischer Fisch mit Schuppen wie Lachs, Forelle oder Karpfen, pflanzliche Fette wie Olivenöl, Zucker und Honig. Tabu sind vor allem Schweinefleisch und Alkohol. Fleisch vom Rind, Schaf, von der Ziege, vom Lamm oder Huhn ist erlaubt, wenn diese nach besonderen Vorschriften geschlachtet wurden.

Was kommt bei arabischen Gästen kulinarisch gut an?  Haben Sie da ein paar Tipps?
Empfehlenswert sind Hummus, Falafel oder Mutabal, eine Art Auberginenpüree mit der Sesampaste Tahin. Auch beliebt: Teigtaschen mit Lammhack und Ful Medames, ein Frühstücksgericht aus Favabohnen. Wichtig ist, dass Hotels die Speisen immer deutlich als «halal» kennzeichnen.

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Märkteserie

Südkorea – ein dynamischer Fernmarkt mit viel Potenzial

Südkoreanische Gäste lieben das Wandern, fahren gerne Zug und orientieren sich stark an Tiktok und Instagram. Die Zahl der Individualreisenden nimmt zu.
Andreas Lorenz-Meyer
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Südkoreanische Gäste
Südkoreanische Gäste in Iseltwald am Brienzersee. Auf dem Bootssteg wurde eine Szene der koreanischen Netflix-Serie «Crash Landing on You» gedreht. Wegen des Besucherandrangs hat die Gemeinde mittlerweile ein Drehkreuz aufgestellt und erhebt Selfiegebühren.
Südkoreanische Gäste in Iseltwald am Brienzersee. Auf dem Bootssteg wurde eine Szene der koreanischen Netflix-Serie «Crash Landing on You» gedreht. Wegen des Besucherandrangs hat die Gemeinde mittlerweile ein Drehkreuz aufgestellt und erhebt Selfiegebühren. Bild: keystone
Bild: keystone
Jean Kim, Expertin für Social-Media-Kampagnen.
Jean Kim, Expertin für Social-Media-Kampagnen.
Jean Kim, Expertin für Social-Media-Kampagnen. Bild: zvg
Bild: zvg
Markenbotschafterin Lee Si-young mit Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus.
Markenbotschafterin Lee Si-young mit Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus.
Markenbotschafterin Lee Si-young mit Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus. Bild: zvg
Bild: zvg

Wer über asiatische Wachstumsmärkte spricht, sollte Südkorea nicht vergessen. Die Besucherzahlen mögen nicht mit China vergleichbar sein, und sie reichen auch nicht an die Werte von Indien heran. Jedoch schlummert noch eine Menge Potenzial in diesem Markt. Dieser Meinung ist auch Sybille Gerardi, Leiterin Unternehmenskommunikation bei Luzern Tourismus. «Zum Beispiel gibt es eine wachsende Zahl junger individuell Reisender, die offen sind für neue Erlebnisse.» 


1,51 Nächte blieben die Gäste aus Südkorea 2019 durchschnittlich im Hotel.

Natur nannten 32,9 Prozent als Hauptgrund für ihre Reise. 5,7 Prozent nannten die Bergbahnen.

210 Franken gaben die Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017»im Schnitt täglich aus.

50,9 Prozent der südkoreanischen Gäste übernachten während ihrer Ferien im Hotel.
 


Südkorea gehöre schon länger zu den wichtigen Fernmärkten, wobei Gerardi Luzern als Teil der gesamten Region Luzern-Vierwaldstättersee sieht. «Durch die Kombination aus Stadt, See und Bergen sind wir sehr gut aufgestellt. Südkoreanische Gäste finden bei uns auf kleinem Raum alles, was die Schweiz für sie ausmacht. Sie sind sehr aktiv und nutzen Luzern als Hub für Bergausflüge zur Rigi, zum Pilatus oder Titlis.» Daher investierten auch die Bergbahnen in den Markt, viele Leistungsträger hätten eigene Sales-Repräsentanten. «Davon profitiert die gesamte Region – und somit auch wir als Städtedestination.»

Die Hauptreisezeit geht von Mai bis Oktober. Für den Winter interessierten sich südkoreanische Gäste wenig, da sie Schneeaktivitäten von zu Hause kennten. «Daher ist das Potenzial im Zeitraum November bis März nicht so gross.» Anders der Markt China: Für chinesische Gäste werde Wintersport immer interessanter. Unterschiede erkennt Gerardi auch zwischen Südkorea und Indien: Während Inder möglichst indisch essen möchten, sind Südkoreaner offen für Schweizer Spezialitäten, die sie noch nicht kennen.

Prominente Botschafter sorgen für Aufmerksamkeit
Gerardi nimmt die Gästegruppe als unkompliziert wahr. Reiseanbieter sollten aber darauf achten, dass Menükarten oder Informationen zur Reise auf Koreanisch verfasst seien. Grundsätzlich finden Gäste aus Südkorea massgeschneiderte Angebote gut, die ihren Interessen entsprechen. Zum Beispiel eine Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee und dann ab Weggis mit der Bergbahn auf die Rigi, um dort noch eine kurze Wanderung zu machen und die Aussicht zu geniessen. Oder den koreanischen Audioguide-Kommentar im City Train Luzern. Tipps für Fotospots sind auch gefragt. Dort können die Gäste dann Aufnahmen für Instagram machen. «Alles, was mit Social Media zu tun hat, ist ihnen wichtig, vor allem Instagram und Tiktok.»

Kampagnen mit südkoreanischen Prominenten sind auch in anderen asiatischen Ländern gefragt.
Sybille Gerardi, Leiterin Unternehmenskommunikation Luzern Tourismus   

Selbst bearbeitet Luzern Tourismus die gängigen Social-Media-Kanäle in Korea nicht, liefert aber Content. Koreaner sind sehr auf Social-Media-Stars ausgerichtet, beobachtet Gerardi, aber auch generell auf VIPs, Filmstars oder Boygroups. Daher werden Werbekampagnen mit südkoreanischen Prominenten in der Region oft unterstützt. Luzern Tourismus ist dann die koordinierende Stelle beim Dreh. So wie diesen Juni, als die Sängerin und TV-Presenterin Lee Hyolee zusammen mit ihrem Mann in der Schweiz war. Eingeladen hatte Schweiz Tourismus anlässlich der Art Basel. Vor dem Kunstevent waren die Lees drei Tage in Luzern und drehten einen Promotionsfilm. Sie flanierten durch die Altstadt und sahen sich den Wochenmarkt an.

Zusätzlich gab es Shootings ausserhalb Luzerns. Der Dreh gehörte nicht zu den seit vielen Jahren regelmässig stattfindenden «Swiss Friend»-Kampagnen, bei denen südkoreanische Stars für das Tourismusland Schweiz werben. Aber es ging um die gleiche Sache: die Bekanntheit einer Celebrity nutzen, um in ihrem Heimatland auf die Schweiz aufmerksam zu machen. Lee Hyolee eigne sich durch ihre starke Social-Media-Präsenz sehr gut dafür, so Gerardi. «Sie ist so etwas wie Key-Opinion-Leader für Nachhaltigkeit und gesunden Lifestyle.» Schöner Nebeneffekt solcher Produktionen mit südkoreanischen Prominenten: Sie sind auch in anderen asiatischen Ländern gefragt. «Neben Indien ist Südkorea das Hollywood Asiens mit internationaler Ausstrahlungskraft.»

Besonderheiten hervorheben und passende Angebote schnüren
«Unsere Destination ist prädestiniert für Naturliebhaber, die abseits der grossen Massen die Schweizer Kultur und Bergwelt geniessen möchten», sagt Dominique Lüthy, Geschäftsführer der Tourismusorganisation Adelboden-Lenk-Kandersteg. Diese Stärke werde auch beim Markt Südkorea ausgespielt.  Unabhängig von Alter und Geschlecht zeigten die Gäste von dort eine grosse Begeisterung für die Natur. Majestätische Berge, klare Bergseen, frische Bergluft – Lüthy sieht darin die perfekte Kombination, um den Südkoreanerinnen und Südkoreanern zu bieten, wonach sie suchen: unvergessliche Wandererfahrungen. Eine beliebte Tour ist der Bärentrek entlang der Via Alpina, aber auch kulinarische Gourmettouren oder die Wildstrubelumwanderung sind gefragt. Welche Services bei südkoreanischen Gästen ankommen?

Sie fänden es zum Beispiel gut, wenn bei Bergtouren der Gepäcktransport organisiert ist, beobachtet Lüthy. «Sie müssen sich dann um nichts kümmern und können sich voll auf die alpinen Schönheiten konzentrieren.» Vor allem bei südkoreanischen Naturliebhabern und Wandergruppen sind die Sommer- und Herbstmonate beliebt. Es gibt aber auch einige Gäste in der Nebensaison, im Frühsommer und zum Winteranfang, was für eine bessere Auslastung über das ganze Jahr hinweg sorge. «Da wir immer viel zu bieten haben, können wir hier anknüpfen. Unsere Strategie ist es, die Besonderheiten unserer Destination, Seen und Wasserfälle oder die Kulinarik, auch in Wachstumsmärkten wie Südkorea zu positionieren und passende Angebote für diese Gästegruppe zu schnüren.» Der Fokus in der Marktbearbeitung liege klar bei den südkoreanischen Individualreisenden. «Diese Gäste bleiben länger und bringen auch mehr Wertschöpfung in die Region. Gerade südkoreanische Hochzeitsreisende schätzen unsere Alpenwelt sehr. Sie wollen bleibende Reiseeindrücke sammeln. Momente, die das Herz berühren.»

Auch Bruno Hauswirth, Tourismusdirektor von Grindelwald, sieht in der landschaftlichen Schönheit einen Erfolgsfaktor beim Markt Südkorea. Zumal es in der Jungfrauregion gleich drei Natur-USPs gibt: Jungfraujoch – Top of Europe, Eigernordwand und das Unesco-Welterbe Swiss Alps Jungfrau-Aletsch. Es kommen aber weitere Gründe dazu. Zum Beispiel biete Grindelwald eine Vielzahl an Outdoor­aktivitäten: Wandern, Wintersport und auch Soft-Adventure wie den First-Glider, bei dem Gäste bäuchlings durch die Lüfte sausen. «Für südkoreanische Besuchende, die gerne Abenteuer erleben und sich sportlich betätigen möchten, sind die Bedingungen bei uns ideal.» Als weiteren Treiber zählt Hauswirth den Filmtourismus auf.

In Grindelwald werden regelmässig bekannte Hollywoodproduktionen gedreht, aber auch koreanische TV-Produktionen. Zum Beispiel Szenen der in Südkorea sehr populären Netflix-Serie «Crash Landing on You». Auch Schweizer Kultur und Tradition sind in dem Markt ein gutes Verkaufsargument: «Die Besucher wollen die einzigartige Architektur, die lokale Küche, Folklore und die Bräuche der Region kennenlernen.» Zudem sei Grindelwald eine der wenigen alpinen Ganzjahresdestinationen. Nicht zu vergessen: die gute ÖV-Anbindung. Täglich fahren sieben Direktzüge ab Flughafen Zürich nach Interlaken-Ost, von dort geht es mit der Berner-Oberland-Bahn nach Grindelwald. Ein Pluspunkt, denn in der Schweiz bewegen sich Koreaner mit dem Zug fort.


Nachgefragt

Wie sich die Macht von Social Media nutzen lässt

Jean Kim vertritt Schweiz Tourismus in Südkorea. Sie weiss, wie wichtig Instagram und Co. sind, um Aufmerksamkeit auf das Reiseland Schweiz zu lenken. [IMG 2]

Jean Kim, lassen Sie uns zuerst übers Essen reden. Sollte es bei südkoreanischen Gästen jeden Tag koreanische Verpflegung geben?
Nicht jeden Tag. Koreanische Reisende bemühen sich, offen auf die Schweizer Küche zuzugehen. Fondue und Raclette sind für sie traditionelle Schweizer Gerichte. Sie mögen so etwas nicht unbedingt, aber sie lieben es, die lokale Küche zu probieren. Was immer bleibt: die Sehnsucht nach koreanischem Essen.

Wie sollten Reiseanbieter damit umgehen?
Sie können für Abwechslung sorgen, indem sie immer wieder mal koreanische Küche anbieten, besonders bei Gruppen- und Incentive-Reisen. Mit dem Kimchi-Eintopf Kimchi-Jjigae oder der Reis-Bowl Bibimbap liegen sie immer richtig. Hilfreich wäre es auch, Listen mit empfohlenen koreanischen Restaurants in den jeweiligen Regionen bereitzustellen. Vorschläge für asiatische Restaurants als Ersatz für ein koreanisches Restaurant fänden genauso Anklang.

Sehen Sie derzeit neue Entwicklungen im Markt?
Ja, bei den FITs, den «free individual travellers». Sie legen den Fokus verstärkt auf einzigartige Erlebnisse abseits ausgetretener Pfade – damit gewinnt auch der Aufenthalt selbst an Bedeutung. Dieser Trend spielt bei der Wahl der Unterkunft eine wichtige Rolle. Für koreanische FITs ist ein Hotel, das einen attraktiven USP bietet, ein wichtiger Mehrwert. Dieser motiviert sie, die Extrameile zu gehen und das Hotel unabhängig von Lage oder Preis zu buchen.

Bei individuell Reisenden sollten Hotels ihren USP vermarkten.

Für Schweizer Hotels eine Chance?
Ja, wenn sie ihre Alleinstellungsmerkmale geschickt über die Social-Media-Kanäle vermarkten, die FITs in Korea nutzen. So können sie das Interesse dieser wichtigen Zielgruppe wecken.

Ist Social Media ein Schlüsselinstrument? 70 Prozent der koreanischen Schweiz-Reisenden sind unter 35 Jahre.
In der Tat. Besonders diese Altersgruppe verlässt sich stark auf Social Media, wenn es um Reiseinspiration, Empfehlungen und Informationen geht. Sie verbringt durchschnittlich auch immer mehr Zeit damit. Am beliebtesten ist Instagram, gefolgt von Facebook und dem koreanischen Portal Naver.com. Schweizer Regionen, die sich über Naver.com vermarkten wollen, sollten wissen, dass es dafür unter anderem eine kontinuierliche Kommunikation mit den lokalen Nutzern braucht. Das ist sehr ressourcen- und zeitintensiv.

Also besser die gängigen Plattformen.Was ist da zu beachten?
Mobilgeräte und Kurzvideos werden bei den unter 35-Jährigen immer beliebter. Die Kurzvideos sind in der Regel weniger als eine Minute lang – ideal für die Betrachtung auf mobilen Geräten. Da könnten Schweizer Anbieter ansetzen. Jedoch hat jede Videoplattform ihre Eigenheiten – daher ist es wichtig, die zu wählen, die zur Zielgruppe der Destination oder des Hotels passt. Tiktok zum Beispiel eignet sich gut, um aussergewöhnliche Erlebnisse und kulturelle Highlights zu zeigen.

Und Instagram Reels?
Da empfehle ich, mit südkoreanischen Influencern zusammenzuarbeiten. Ein Beispiel ist die Travel-Influencerin Seosum, sie hat rund 170 000 Follower. Wichtig finde ich auch, relevante Hashtags zu verwenden und visuell fesselnde Inhalte zu posten, zum Beispiel die Fahrt mit der Zahnradbahn den steilen Berg hinauf. So bringen Schweizer Anbieter potenzielle Gäste zum Buchen. Aber aufgepasst: Koreaner sind sehr bildbewusst! Die Videos müssen aus diesem Grund qualitativ hochwertig sein.

Die Schauspielerin Lee Si-young ist aktuelle Markenbotschafterin von Schweiz Tourismus. Die Videos, die sie über ihren Tiktok-Kanal verbreitet, sind unterhaltsam. In einem Beitrag sieht man sie mit anderen auf dem Brienzersee tanzend in einem halbvollgelaufenen Plastikboot. Welche Reichweite hat so etwas?
Eine enorme. Lee Si-young kommt auf 17 Millionen Tiktok-Follower, 3 Millionen sind es bei Instagram. Über ihre Accounts lassen sich die Alleinstellungsmerkmale einer Destination sehr gut kommunizieren. Ihre Follower werden so inspiriert, die Schweiz als nächstes Reiseziel zu erwägen – bis zur Buchung ist es dann nicht mehr weit.

Auch Journalisten greifen die Posts auf und schreiben Artikel darüber.
Genau. Diese Kombination aus Social-Media-Einfluss und Medienberichterstattung ist sehr wirksam. Dadurch wird das Interesse für das Reiseland Schweiz bei einem noch viel grösseren Publikum geweckt. Grundsätzlich geht es darum, die Vorlieben südkoreanischer Reisender zu verstehen und die Macht von Social Media zu nutzen. Für die Sichtbarkeit im Markt ist das Gold wert.

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MÄRKTESERIE

Frankreich – ein stabiler Markt mit anspruchsvollen Gästen

Hohe Servicequalität, geführte Stadtbesichtigungen und kombinierte Wellness-Wander-Angebote. So punkten Schweizer Destinationen bei Touristen aus Frankreich.
Andreas Lorenz-Meyer
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 Hat viele französische Gäste: Lausanne mit dem Genfersee.
Hat viele französische Gäste: Lausanne mit dem Genfersee.
Hat viele französische Gäste: Lausanne mit dem Genfersee. Bild: Schweiz Tourismus / Giglio Pasqua
Bild: Schweiz Tourismus / Giglio Pasqua
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Antoine Dubois kennt die Erwartungen und Vorlieben französischer Gäste.
Antoine Dubois kennt die Erwartungen und Vorlieben französischer Gäste. Bild: zvg
Bild: zvg
Die Rooftop-Bar The Nest im «Storchen» Zürich: Mit Aussicht können Hotels bei den Franzosen punkten.
Die Rooftop-Bar The Nest im «Storchen» Zürich: Mit Aussicht können Hotels bei den Franzosen punkten.
Die Rooftop-Bar The Nest im «Storchen» Zürich: Mit Aussicht können Hotels bei den Franzosen punkten. Bild: Schweiz Tourismus / Daniel Loosli
Bild: Schweiz Tourismus / Daniel Loosli

Neue Attraktionen sorgen für Aufmerksamkeit und beleben das touristische Geschäft, wie Lausannes Kunstquartier «Plateforme 10» zeigt. Das Ensemble aus Museen, Sammlungen, Restaurants, Buchhandlungen und Arkaden wurde in der Empfehlungsliste «52 Places to Go in 2023» der «New York Times» lobend erwähnt. Lausanne war dort als einzige Schweizer Destination aufgeführt. Auch französischen Touristen gefällt das neue Viertel am Bahnhof gut. «Neben der Lage unserer Stadt zwischen Genfersee und Bergen zählt es für sie zu den Hauptreisegründen», sagt Olivia Bosshart, Press Relations Manager von Lausanne Tourisme. 


1,76 Nächte blieben die Gäste aus Frankreich 2019 durchschnittlich im Hotel.

Ruhe nannten 7,9 Prozent der französischen Gäste als Hauptgrund für ihre Reise.

7,0 Prozent nannten die Berge und 6,1 Prozent die Aussicht.

130 Franken gaben die französischen Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017»im Schnitt täglich aus.

30,8 Prozent der Franzosen übernachten während ihrer Ferien im Hotel.
 

Lausanne positioniert sich im Markt Frankreich als authentische kleine Stadt, die aber alle Vorteile einer grossen Metropole besitzt. Die meisten Gäste kommen aus Paris und Umgebung sowie aus den Regionen Rhône-Alpes und Burgund. Sie finden das Kulturangebot und die abwechslungsreiche Gastronomie mit vielen lokalen Produkten gut. Auch die Ruhe und Entspannung sowie die 350 Hektaren Park- und Gartenfläche kommen gut an. Ausserdem würden die kurzen Wege geschätzt, so Bosshart. «Vom Bahnhof aus in die Altstadt oder an den See braucht es zu Fuss nur 15 Minuten. Alles ist schnell erreichbar.»

Was Unterkünfte, Service und Gastronomie angeht, zeigen sich französische Gäste anspruchsvoll. «Von Frankreich sind sie eine sehr hohe Qualität gewohnt. Bei uns erwarten sie die gleichen Standards.» Besonders, weil sich die berühmte EHL Hospitality Business School in Lausanne befinde. Auf die Pünktlichkeit öffentlicher Verkehrsmittel legen die Gäste ebenfalls Wert. Bosshart: «Unsere Metro ist nicht nur effizient, sondern auch einzigartig.»

Die geografisch nahe gelegenen Regionen Rhône-Alpes und Burgund sowie die Agglomeration Paris sind die Kernmärkte innerhalb Frankreichs. Bei ihnen liegt auch der Schwerpunkt der zum Sommer hin startenden City-Break-Kampagne. Diese stellt die Anreise auf Schienen in den Mittelpunkt, mit Betonung des Faktors Klimafreundlichkeit. Dieser sei bei Zugfahrten inzwischen wichtig, beobachtet Bosshart. Die Kampagne stellt die gute Erreichbarkeit Lausannes heraus. Von Paris aus sind es drei Stunden und 40 Minuten ohne Umstieg, was Lausanne für die Hauptstädter zur idealen Wochenenddestination mache, so Bosshart. Ab Dijon, der Hauptstadt des Burgund, braucht der TGV sogar nur etwas mehr als zwei Stunden. Beworben wird auch die Anfahrt aus Städten wie Lyon, die weiter weg liegen und bei denen ein Umstieg in Genf nötig ist.

Bei den Vermarktungskanälen geht Lausanne Tourisme digital vor. Im Rahmen der Sommerkampagne sind Banner und Videos auf der Website der Tageszeitung «Le Monde» geplant. Zudem werden die digitalen Kanäle der Werbeplattformen Powerspace und Invibes genutzt. «Die Zielgruppenansprache dort ist genauer», erklärt Bosshart. Die Werbebanner sind dann bei den Onlineauftritten der Zeitschriften «Marie-Claire» und «Gala» zu sehen.


Stärken hervorheben und Kommunikation dem Markt anpassen
Biel Seeland, Grand Chasseral, Jura und Neuenburg – diese Destinationen treten im Markt Frankreich gemeinsam unter der Marke Jura & Trois-Lacs auf. «So können wir unsere Stärken – zum Beispiel kleine Städte am Wasser – viel besser hervorheben», so Carole Rossé, Marketingleiterin der Dachorganisation. Zudem lasse sich die Kommunikation besser dem Markt Frankreich anpassen. Der Fokus liege auf Kultur und regionalen Spezialitäten. «Denn wir wissen, dass französische Gäste für diese Themen sehr empfänglich sind. Entsprechend gehört ein Street-Art-Rundgang durch die Uhrenstadt Le Locle zum Angebot oder ein kulinarischer Streifzug durch die Bieler Altstadt. Auch Gastfreundschaft und Authentizität werden in den Mittelpunkt gerückt.

Die französischen Gäste sind für Kultur und regionale Spezialitäten empfänglich.
Carole Rossé, Marketingleiterin Jura & Trois-Lacs

«Dafür stellen wir Menschen aus der Region vor: einen Fischer, einen Käser oder einen Bergführer.» Dass die Tourismusregion französischsprachig sei, bringe natürlich Vorteile. Und im Vergleich zu anderen Regionen der Schweiz sei man preislich für französische Gäste auch recht attraktiv. «Wir argumentieren aber nie, dass Urlaub bei uns billig ist. Wir betonen vielmehr, dass wir mehr anbieten können.» Zum Beispiel im Jura: Dort gibt es ab einer Übernachtung einen Ausritt und die öffentlichen Verkehrsmittel gratis dazu. Und im Neuenburgerland sind Transporte, Fahrradverleih, Schifffahrten und Museumseintritte für Übernachtungsgäste kostenlos.

Passende Kommunikation für Junge
Die Kommunikation in Richtung Markt Frankreich ist innerhalb des Marktes noch einmal in bestimmte Gruppen unterteilt. Sie richtet sich vor allem an Personen über 50 mit einem mittleren bis hohen Einkommen und an sogenannte Dinks, also kinderlose Paare, bei denen beide im Beruf sind. Diese Gästegruppen würden gerne gut essen, sagt Rossé. Und sie schätzten Vorschläge für geführte Touren oder Aktivitäten. «Wir bieten ihnen das Passende: geführte Stadtbesichtigungen in La Chaux-de-Fonds, Neuchâtel oder Saint-Ursanne. Und begleitete Fahrradtouren im Schweizer Jura.»

In den kommenden Jahren soll auch ein jüngeres französisches Publikum zwischen 25 und 35 Jahren mehr in den Fokus rücken. «Dieses scheint ebenfalls für unsere Angebote empfänglich zu sein.» Geplant sind dynamische Inhalte in den sozialen Netzwerken, eine für diese Zielgruppe passende Kommunikationsform. «Der Markt Frankreich gehört für uns zu den Top 3 der internationalen Märkte», sagt Urs Zurbriggen, CEO My Leukerbad AG. Die meisten französischen Gäste kommen aus Paris und Umgebung, Auvergne-Rhône-Alpes und Grand Est. Sie legen besonderen Wert auf Naturnähe, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und die französische Sprache. «Deshalb ist unsere Kommunikation entlang der Customer Journey durchgängig auch auf Französisch verfügbar.» Das bei einem Markt wie Frankreich unbedingt notwendig.

Um die Vermarktung kümmert sich My Leukerbad nicht selbst. Diese Aufgabe übernimmt, wie bei allen internationalen Nah- und Fernmärkten, die Valais Matterhorn Region AG als Handelsarm von Valais/Wallis Promotion. So seien «eine effiziente Vermarktung und der Verkauf sowohl im B2C- als auch B2B-Kundensegment» sichergestellt. Speziell zwei französische Zielgruppen spricht die Destination Leukerbad an: Gäste auf der Suche nach Natur- und Outdoor-Erlebnissen und Gäste mit hoher Affinität für Kultur und Gastronomie. Letztere fühlen sich zum Beispiel vom Internationalen Literaturfestival Leukerbad angesprochen. Das natürliche Thermalwasser von Leukerbad sieht Zurbriggen als «klaren USP». Wobei die französischen Gäste besonders Thermalbaden/Wellness in Kombination mit weiteren Aktivitäten nachfragten.

Jetzt im Sommer etwa Wanderungen auf dem Thermalquellen-Steg oder Biken auf dem Flow Trail. Es sei wichtig, für die Bedürfnisse das Passende zu haben. «Entsprechend verknüpfen wir die wesentlichen Destinationsangebote Thermalbäder und Bergbahnen. Unsere Produkte sind mehrheitlich so strukturiert, dass Gäste beides kombinieren können.» Beispiel: Mit der Summer Card gibt es an ausgewählten Tagen unbeschränkten Zutritt zu Bergbahnen und Thermalbädern. Die integrierte Organisationsform der My Leukerbad AG, zu der sich die lokalen Tourismusanbieter 2017 zusammengeschlossen haben, helfe beim Markt Frankreich, weil sie wertvolle Synergien im Betrieb, bei der Vermarktung, Produktentwicklung und Positionierung schaffe. Zudem sei so ein übergreifendes Destinationsmarketing unter dem Claim «Source de bonheur» möglich.


Nachgefragt

Wiedererkennbarkeit und besondere Erlebnisse

Antoine Dubois hat den genauen Blick auf Gästeerwartungen. Bei Accor ist er Senior Vice President Marketing,Communication & Guest Experience für die Märkte Europa und Nordafrika. [IMG 2]

Antoine Dubois, was ist an französischen Gästen typisch französisch?
Alle Gäste, egal aus welchem Land, erwarten Servicequalität und Fachwissen von unseren Mitarbeitenden. Da gibt es keine allzu grossen Unterschiede zwischen den Nationalitäten. Bei französischen Gästen beobachten wir jedoch ein paar Kleinigkeiten, die durchaus speziell sind. Stammgäste erwarten zum Beispiel, dass die Mitarbeitenden sie wiedererkennen. Sie legen auch Wert darauf, dass sich das Personal um ihre Wünsche oder Probleme kümmert – und zwar nicht in zehn Minuten oder in einer Stunde, sondern sofort.

Was ist beim Thema Essen zu beachten?
Ein überzeugendes gastronomisches Konzept darf nicht fehlen. Natürlich kommt es allgemein auch auf die Qualität an, aber nicht nur darauf. Französische Gäste wollen jederzeit essen und trinken können – das Hotel sollte also einen 24/7-Service haben. Diese Gästegruppe weiss auch Lokalität zu schätzen. Wie bei unserem Brand «greet»: Jedes Hotel offeriert ein Frühstück mit lokalen Produkten. Konfitüre, Brot, Käse – alles stammt aus der Region.

Das Hotel sollte unbedingt einen 24/7-Service haben.


Sollte ein Hotel im kulinarischen Bereich auch etwas Besonderes bieten?
Durchaus. Verfügt es über eine Dachterrasse, sollte es das unbedingt ausnutzen. Denn französische Gäste lieben es, einen Drink zu sich zu nehmen oder zu dinieren – und dabei die schöne Aussicht auf die Stadt zu geniessen. Mit so etwas kann das Hotel leicht ihre Herzen gewinnen.

Womit punktet ein Hotel noch bei französischen Gästen?
Mit einem starken Design, welches sich durchs ganze Hotel zieht. Nehmen wir unsere Greet-Hotels mit den Upcycling-Möbeln. Da zeigt sich das Designkonzept überall. Ähnlich bei den Mercure-Häusern mit dem lokal inspirierten Design und bei MGallery mit dem Boutiquehotel-Vibe. Französische Gäste sprechen positiv auf die Wiedererkennbarkeit an. Dann haben wir noch den Punkt Fitnessräume. Diese sollten eine grosse Auswahl an modernen Geräten bieten. Was mir noch aufgefallen ist: Französische Gäste lassen sich gerne überraschen.

Was meinen Sie damit? Wie sehen diese Überraschungen aus?
Wir bieten im Rahmen unseres Treueprogramms «Accor Live Limitless» exklusive Erlebnisse an. Zum Beispiel ein Abendessen in den Mercure-Hotels in Partnerschaft mit der französischen TV-Show «Top Chef». Diese Kochshow ist sehr bekannt in Frankreich. Darin reisen Kandidaten durchs Land und kochen mit unseren Mercure-Chefs. Die Gäste können einen Tisch buchen, gut essen und die Chefs persönlich kennenlernen. Es geht hier im Kern um Folgendes: Wir schaffen so Erlebnisse, die sich mit Geld nicht kaufen lassen – was französischen Gästen ausgesprochen gut gefällt.

Gibt es so etwas noch woanders?
Ja, ähnlich läuft es in den Ibis-Hotels, die ja im Bereich Musik stark positioniert sind. Wir organisieren Konzerte von Kandidaten der französischen Musikshow «The Voice». Eine super Partnerschaft, denn die Show passt perfekt zur Dynamik des Ibis-Brands. Französische Hotelgäste sind bei solchen Events voll dabei.

Welche Social-Media-Aktivitäten im Markt Frankreich sind Erfolg versprechend?
Zum Beispiel bringt es etwas, die Vorteile von Treueprogrammen via Social Media zu kommunizieren. Wir zeigen unseren französischen Gästen, wie sie ihre gesammelten Punkte in Hotels, Restaurants oder in Form von Erlebnissen einlösen können. Viele wissen davon nichts – es ist an uns, auf sie zuzugehen und es ihnen zu erklären.

Geben Sie via Social Media auch Anregungen, die über das Hotelangebot hinausgehen?
Ja. Wir posten Tipps zu Städten, Aktivitäten und Restaurants. So lässt sich Social Media nutzen, um den Kreis grösser zu ziehen als nur ums Hotel. Dieser Ansatz zeigt Wirkung: Französische Gäste werden motiviert, zu uns zurückzukehren – weil sie eben genau diesen Input und das Engagement zu schätzen wissen.

Spielt auch der Bleisure-Trend eine Rolle?
Ja, seit ein paar Jahren schon. Und Hotels sollten darauf auch reagieren.

Wie genau?
Indem sie immer mehr zu sozialen Zentren werden und nicht mehr nur Orte zum Schlafen sind, sondern zum Arbeiten, zum sich Treffen und Austauschen. Hier ist es sinnvoll, Partnerschaften mit lokalen Firmen einzugehen. Wir kooperieren mit dem Co-Working-Space-Anbieter Wojo. Uns gelingt es damit nicht nur, das Angebot für unsere französischen Hotelgäste zu vergrössern. Wir ziehen auch die lokale Bevölkerung an. Wir bringen sie darauf, dass sie ja auch mal unsere Bars und Working-Spaces besuchen könnten.

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Märkteserie

Indien – Schnee, Familie und der Bollywood-Faktor

Indien zählt zu den strategischen Wachstumsmärkten. Bei der Marktbearbeitung kommt es auf Kooperation an. Und die indische Filmindustrie zeigt auch immer noch Wirkung. 
Andreas Lorenz-Meyer
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Indische Gäste
Den Moment festhalten: Indische Gäste beim Fotografieren am Titlis.
Den Moment festhalten: Indische Gäste beim Fotografieren am Titlis. Bild: Keystone
Bild: Keystone
Rayo Choksi
Rayo Choksi vermarktet den Titlis in Indien.
Rayo Choksi vermarktet den Titlis in Indien. Bild: zvg
Bild: zvg
Bollywood
Bollywood nutzt die Schweiz gerne als Filmkulisse
Bollywood nutzt die Schweiz gerne als Filmkulisse Bild: Yulan/Dreamstime.com
Bild: Yulan/Dreamstime.com

Ab Juni 2023 fährt er viermal täglich direkt von Interlaken via Gstaad nach Montreux und umgekehrt: der neue Golden Pass Express. An Bord des Panoramazugs sind oft auch viele indische Passagiere und bestaunen die Landschaft. 

«Der Markt Indien gehört bei uns zu den Top Five», so Frédéric Delachaux, Marketingleiter Montreux-Berner-Oberland-Bahn. Besonders auf den Empfang gelte es bei indischen Gästen zu achten. «Sie sind sehr anspruchsvoll, wenn es um Informationen zur Reise geht. Es ist wichtig, ihnen am Schalter gut zuzuhören und detailliert zu antworten.»


2,23 Nächte blieben die Gäste aus Indien 2019 durchschnittlich im Hotel.

Familie 12 Prozent nannten Familienfreundlichkeit als Hauptgrund für ihre Reise. 10,8 Prozent nannten Natur und 8,1 Prozent Schnee und Eis.

310 Franken gaben die Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017» im Schnitt täglich aus.

65,1 Prozent der indischen Gäste übernachten während ihrer Ferien im Hotel.
 

Auch sollte im Zug viel Platz fürs Gepäck da sein. Delachaux hält beim Markt Indien komplementäre Angebote und ein dichtes Netz für notwendig, um attraktiv zu sein. Zudem seien Produkte wie der Swiss Travel Pass, die mit einem Fahrausweis benutzbar sind, ein Wettbewerbsvorteil. Solche All-in-one-Angebote würden von indischen Gästen geschätzt. Einen zentralen Aspekt sieht Delachaux in den Kooperationen mit anderen regionalen Tourismusanbietern, mit Glacier 3000 und Montreux-Vevey Tourisme.

Das bringe konkrete Vorteile: «Indische Gäste wollen in der Schweiz mehrheitlich ein- bis zweimal eine Zugfahrt erleben und Schnee sehen. Mit unseren Kooperationen versuchen wir, die Reiseveranstalter für uns zu gewinnen, indem wir unsere Strecken optimal in die Reiseprogramme integrieren.» Erlebnisse wie Schloss Chillon oder Glacier 3000 anzubieten, sei ein Erfolgsfaktor.

Nicole Mermoud, Market Manager Montreux-Vevey Tourisme, sieht es ähnlich: Regionale Kooperationen hälfen ungemein. Glacier 3000 und Golden Pass Express seien Top-Produkte und brächten der Urlaubsregion Montreux Riviera viele indische Gäste. Doch worauf kommt es speziell für eine Städtedestination an? «Da indische Gäste oft mit der ganzen Familie reisen und auch alles zusammen erleben wollen, braucht es familienfreundliche Angebote.»

Beispiel: der neu eröffnete Fun Planet Kids. Ein bedeutendes Segment sind die Hochzeitsreisen. Viele indische Gäste kommen zum Heiraten an den Genfersee. Um den Bereich auszubauen, lädt Montreux-Vevey Tourisme regelmässig indische Hochzeitsplaner ein, damit diese sich von den Vorzügen der Region überzeugen können. «Der Hochzeitstourismus besitzt im Markt Indien viel Potenzial», sagt Mermoud.

Authentisches erleben und mit Schweizern plaudern
Zu den Highlights für indische Gäste im Gletschergebiet Glacier 3000 gehört die Hängebrücke Peak Walk, die den Vorgipfel des Scex Rouge mit dem Hauptgipfel verbindet. Instagramability spiele da aber keine Rolle, erklärt Félicien Rey-Bellet, Direktor Marketing & Sales. «Indische Gäste wollen ihre Fotos schiessen, aber nicht für Instagram. Es geht ihnen um authentische Erfahrungen. Sie sind stolz, als Inder in der Schweiz Urlaub zu machen, und mögen es, mit der Bevölkerung ein paar Worte zu wechseln.» Was noch auffällt: Indische Gäste wollen das komplette Erlebnis und buchen tendenziell mehr Zusatzaktivitäten als andere. Etwa den Alpine Coaster.

Der Markt Indien zählt mit jährlich 30 000 Gästen zu den wichtigsten internationalen Märkten. Rey-Bellet findet ihn aber nicht allein deswegen so interessant. «Vor allem hat Indien wegen seiner Saisonalität grosse Bedeutung für uns.» Die meisten indischen Gäste reisen zwischen April und Juni. Sie füllen eine Lücke, da sich der Schweizer Markt und die europäischen Märkte genau dann in der Nebensaison befinden. «Indien hilft uns, das operative Geschäft auf vier Saisons auszudehnen.»

2018 fand eine Indien-Kampagne zusammen mit Vaud Promotion und Schweiz Tourismus statt. Es gab ein Video mit dem indischen Filmstar  Ranveer Singh, der unter anderem Hundeschlitten fuhr. «Bollywood-Celebritys eignen sich gut, unsere Destination via Social Media zu bewerben», so Rey-Bellet. Zudem wurden Anzeigen auf grossen Leinwänden in der Metropole Mumbai geschaltet. Rey-Bellet rät, sich bei solchen Werbemassnahmen mit anderen zusammenzuschliessen. Zudem brauche es eine ständige Kontaktstelle vor Ort. Seit 2010 hat Glacier 3000 eine Agentin in Mumbai, die bei indischen Reiseveranstaltern dafür wirbt, unter anderem das Gletschergebiet in ihre Routen aufzunehmen. Diese lokale Vertretung helfe, die Kundenbedürfnisse besser zu verstehen. Die Marktanteile hätten sich dadurch vergrössert.

Indische Hotelgäste: Vegetarisches Angebot
«Wir gehen bei jedem Gast auf dessen individuelle Wünsche ein, die Nationalität spielt da kaum eine Rolle», sagt Stefan Ludwig, Executive Assistant Manager Sales & Marketing «Gstaad Palace». In der Regel hat das Luxushotel nur wenige Gäste aus Indien, dennoch gibt Ludwig zwei Tipps: Bei indischen Gästen komme es gut an, wenn sich die Zimmer von zusammen reisenden, aber getrennt schlafenden Familienmitgliedern vorzugsweise nebeneinander oder wenigstens auf der gleichen Etage befänden. «Und sie reagieren positiv auf ein gut ausgebautes vegetarisches Angebot.» Solche Details sollten Hotels bei dieser Gästegruppe beachten.

Photo-Points einbauen, Missverständnisse vermeiden
Auch für Urs Kessler, Direktor Jungfraubahnen, ist Präsenz im Markt elementar. Er selbst reist regelmässig nach Indien. «Innovativ und kreativ können wir nur im direkten Austausch vor Ort sein. Es ist das beste Mittel, den Puls des Marktes zu spüren. So etwas ersetzt kein Online-Meeting.» Rund 70 Prozent der Besucher des Jungfraujochs, der höchsten Bahnstation Europas, stammen aus asiatischen Ländern, darunter viele indische Gäste. «Sie wollen die Bilderbuchschweiz mit Chalets, Blumenwiesen, Schnee und Eis sehen», sagt Kessler. Eben alles, was Bollywood-Filme zeigten. Kutschenfahrten und Snow-Fun-Aktivitäten kämen gut an. Tourenanbieter sollten genug Photo-Points einbauen. Nicht zu vergessen das Kulinarische. Im Restaurant Bollywood auf dem Jungfraujoch bereiten zwei indische Köche authentisches Essen zu: von Parantha über Chana Masala bis Vegetable Curry. Ein wichtiges Angebot, so Kessler: «Anders als japanische möchten indische Gäste essen wie zu Hause. Experimente gehen sie nicht so gern ein.» Was sich aber ändern könnte. Bei seiner letzten Indien-Reise im Herbst 2022 registrierte Kessler eine grössere kulinarische Offenheit. «Es kann gut sein, dass unsere indischen Gäste künftig auch einmal bereit sind, typische Schweizer Kost auszuprobieren.»

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Wichtig sei es auch, Missverständnisse zu vermeiden. «Wir haben regelmässig Workshops organisiert, um das Verständnis der lokalen Bevölkerung und unserer Mitarbeitenden für die kulturellen Eigenheiten bestimmter Gästegruppen zu fördern.» Unter anderem auch der indischen Gäste. Diese stellten viele Fragen und wollten viel wissen. «Wer darauf vorbereitet ist, wird auch nicht so rasch ungeduldig», rät Kessler. Letztlich sollten sich beide Seiten, Gastgeber und Gäste, ihrer Eigenheiten bewusst und bereit sein, einander zu verstehen. Indische Gäste hätten früher ab und an verhandeln wollen. Urs Kessler: «Inzwischen akzeptieren sie unsere Verkaufspreise an den Bahnschaltern und in den Top-of-Europe-Shops.»

Beim Marketing setzen die Jungfraubahnen auf Social-Media-Kampagnen in englischer Sprache. «Wir schicken gezielt schöne Bilder in die Welt. So sind viele potenzielle indische Gäste erreichbar.» In Indien funktionierten Instagram und Social-Media-Marketing via Influencer sehr gut. Auch hier spielt der Bollywood-Faktor eine Rolle. Derzeit läuft die Netflix-Serie «The Romantics» über den verstorbenen indischen Filmregisseur Yash Chopra, der viele Szenen in den Schweizer Bergen drehen liess. Auf seinen Namen wurde 2011 ein Zug der Jungfraubahnen getauft. Bei «The Romantics» kommen nun auch wieder Berg- und Schneelandschaften der Region vor. Die Jungfraubahnen haben deswegen Instagram-Reels zur Serie geschaltet. Mit der Reichweite ist Kessler sehr zufrieden: Die kurzen Videoclips hatten viele zehntausend Klicks.


Nachgefragt

Im Minivan durchs Land

Rayo Choksi vertritt die Titlis-Bergbahnen in Indien. Neben Jungfrau und Glacier 3000 gehört der Titlis zu den international vermarkteten Snow Mountains of Switzerland. [IMG 2]

Herr Choksi, besitzt der Markt Indien ein grosses Potenzial für den Schweizer Tourismus?
Unbedingt. Die indische Mittelklasse wächst schnell – und damit die Zahl von Inderinnen und Indern, deren Einkommen Reisen nach Europa erlaubt. Darum werden indische Gäste auch von Tourismusorganisationen vieler Länder umworben – es gibt einige Konkurrenz. Die Schweiz hat da den Vorteil, ein ultimatives Sehnsuchtsreiseziel zu sein. Leider haben wir hier in Indien in der Hauptsaison immer ein Problem: Die knappen Sitzplatzkapazitäten der Airlines reichen kaum, alle Reisewilligen in die Schweiz zu bringen.

Ist die Zeit von April bis Juni immer noch Hauptreisezeit? 
Nicht mehr. Die Nebensaison hat stark zugelegt. Indische Gäste kommen mittlerweile bis in den Oktober hinein. Mager sieht es dagegen weiterhin im Zeitraum November bis März aus. Dann ist es sehr kalt in der Schweiz, es gibt wenig Sonnenstunden. Da zieht es indische Gäste woandershin. Zwar gab es Winterkampagnen, aber da Indien keine Skination ist, trugen diese Bemühungen keine Früchte. 

Was sollten Hotels bei indischen Gästen beachten?
Die meisten Inder sprechen gut Englisch, aber ein einfaches «Namaste» zur Begrüssung schätzen sie durchaus. Was den Service angeht, so haben indische Gäste hohe Ansprüche. Das hat mit den billigen Arbeitskräften im eigenen Land zu tun. Indische Gäste gehen davon aus, dass ihnen auch auf Reisen der Page die Koffer aufs Zimmer bringt. Da sind die Reiseveranstalter gefragt. Sie sollten vorab informieren, dass in der Schweiz bestimmte Dinge selbst zu erledigen sind. Dann gibt es auch keine Missverständnisse.

Indische Gäste reisen oft im Familienverbund. Gibt es da neue Entwicklungen? 
Ja, wir haben vermehrt grössere Familien bis 12 Personen, die zusammen im Minivan unterwegs sind. Dieser Trend hat sich nach der Pandemie verstärkt. Indische Familien buchen auch immer öfter Apartments, weil sie dort ihr Essen selber kochen können. Destinationen sollten passende Unterkünfte haben.

Wie sieht es beim Rahmen­programm aus?
Es darf nicht zu anstrengend werden, darauf sollten Veranstalter achten. Indische Gäste mögen eher leichte Aktivitäten. «Leicht» bedeutet: nicht biken, aber elektrobiken schon. Auch Seilbahnfahrten und sogar Paragliding sind beliebt.

Ist indische Kost immer Pflicht?
Bei Gruppenreisen auf jeden Fall. Die Anbieter sollten unbedingt auch zum Frühstück indisches Essen anbieten. Es ist einer der Hauptgründe, an solchen Reisen überhaupt teilzunehmen. Jedoch reicht es nicht, irgendwie indisch zu kochen. Vielmehr müssen die Köche die indische Küche sehr gut kennen. Das Essen muss absolut authentisch sein. Den Unterschied registrieren indische Gäste genau. 

Haben Sie noch einen Tipp?
Ja, aus dem Bereich Social Media. Da die Schweiz ein kleines Land ist, können sich Kampagnen eines Anbieters auch positiv für andere auswirken. Nehmen wir den Titlis: Er ist zentral gelegen und bei einer Tagestour von fast jedem Ort der Schweiz aus erreichbar. Indische Gäste lieben es, im Land herumzukommen. Daher kann eine Social-Media-Kampagne des Montreux Jazz Festival indische Gäste auch für ein paar Stunden zum Titlis bringen. Es ist immer gut, diese Zusammenhänge zu kennen.

Märkteserie

Deutschland – Reiseinspirationen für den Nachbarmarkt

Für viele Schweizer Destinationen ist Deutschland der wichtigste oder zumindest der zweitwichtigste ausländische Markt. Das erfordert eine intensive Marktbearbeitung.
Andreas Lorenz-Meyer
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Tourist in der Schweiz
Laut Zürich Tourismus nehmen die deutschen Gäste Zürich als Boutique-Metropole wahr.
Laut Zürich Tourismus nehmen die deutschen Gäste Zürich als Boutique-Metropole wahr. Bild: iStockphoto
Bild: iStockphoto
Oliver Schäfer
Bild: Steigenberger Hotels GmbH
Bild: Steigenberger Hotels GmbH
begehbare Kühlschrank im «Steigenberger» München
Beliebt bei deutschen Gästen: Der begehbare Kühlschrank im «Steigenberger» München.
Beliebt bei deutschen Gästen: Der begehbare Kühlschrank im «Steigenberger» München. Bild: Steigenberger Hotels GmbH
Bild: Steigenberger Hotels GmbH

Ferienregionen, die direkt an den Auslandsmarkt grenzen, haben den Vorteil, dass die Anreise für Gäste von dort kurz ist. Die geografische Nähe lässt sich auch aktiv nutzen, zum Beispiel mit grenzüberschreitenden Produkten. Schaffhauserland Tourismus geht es genau so an: Gemeinsam mit süddeutschen Tourismusorganisationen wird die Drei-Welten-Card vermarktet, eine Gästekarte für Schwarzwald, Rheinfall und Bodensee mit vielen Vergünstigungen. «Sie macht unsere Region im süddeutschen Raum, unserem Schwerpunktgebiet, noch stärker sichtbar», sagt Marketingleiterin Denise Ulrich. «Konkret erfahren deutsche Gäste so von unserer breiten Angebotspalette – und erweitern den Radius ihrer Aktivitäten.» Letztendlich unterscheide man sich durch dieses Produkt auch von anderen Schweizer Destinationen.


2,25 Nächte blieben die Gäste aus Deutschland 2019 durchschnittlich im Hotel.

Ski nannten 8,4 Prozent als Hauptgrund für ihre Reise. Ebenfalls 8,4 Prozent nannten Entspannung und 6,9 Prozent Sport.

130 Franken gaben die Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017» im Schnitt täglich aus.

33,9 Prozent der Gäste aus Deutschland übernachten während ihrer Ferien im Hotel.
 

 

Nicht nur die Produktentwicklung, auch der Wissenstransfer geht über die Grenze hinweg. Jährlich finden Schulungen mit den deutschen Tourismusregionen Waldshut-Tiengen, Schwarzwald-Baar-Kreis und Konstanz statt, an denen fleissig genetzwerkt wird: Die Teilnehmenden informieren einander über Neuigkeiten und geben Empfehlungen. «Dieser Erfahrungsaustausch führt auch zur Neugästegewinnung», so Ulrich. Der grenzüberschreitende Ansatz habe auch finanzielle Gründe: Die Ressourcen seien begrenzt – und eine fundierte Marktbearbeitung nur in Kooperationen möglich, da sich die Ausgaben so auf mehrere Schultern verteilten.

Trend erkennen, Angebot anpassen
Deutschland hat einen Anteil zwischen 15 und 20 Prozent an den Logiernächten. Es kommen aber meist nur Tagesgäste, die Aufenthaltsdauer liegt im Schnitt bei 1,5 Tagen. Zwar sollen deutsche Gäste auch länger bleiben, und Angebote wie die Drei-Welten-Card zielen darauf ab. Jedoch erweise sich die Grenznähe punkto Übernachtungen als eher hinderlich, sagt Ulrich: «Da spüren wir die Preisunterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz deutlich.»

Oft kommen deutsche Gäste für einen Tagesausflug nach Schaffhausen, die Unterkunft buchen sie aber in Deutschland. Wie damit umgehen? «Wir setzen auf die Qualität der Angebote und definieren uns nicht über die Preise. Es ist wichtig zu zeigen, dass diese berechtigt sind. Man sollte da nicht in eine Rechtfertigungshaltung fallen.» Und es könne praktisch in der ganzen Region mit Euros bezahlt werden. Bei einem wichtigen Markt wie Deutschland komme es zudem darauf an, Trends zu erkennen – und das Angebot in dem betreffenden Bereich zu verbessern.

Wir setzen auf die Qualität der Angebote und definieren uns nicht über die Preise
Denise Ulrich ist Marketingleiterin Schaffhauserland Tourismus    


Zum Beispiel seien deutsche Gäste vermehrt mit dem Fahrrad unterwegs. Sie führen vom Bodensee zum Rheinfall oder in unbekanntere Ecken. «Hier sind wir als Tourismusorganisation gefordert, Politik und Gesellschaft für dieses Thema zu sensibilisieren, damit gute Rahmenbedingungen geschaffen werden – beispielsweise genügend E-Bike-Ladestationen an den Strecken.»

Nach Davos GR zieht es deutsche Gäste schon lange, seit den von Deutschen geprägten Anfängen des Gesundheitstourismus im 19. Jahrhundert. Hinzu kommen zwei kulturelle Attraktionen: Thomas Mann mit seinem «Zauberberg», der die Schatzalp zu einem beliebten Ausflugsziel macht, und der deutsche Expressionist und Wahl-Davoser Ernst Ludwig Kirchner. Wegen der Historie, aber auch wegen des Weltwirtschaftsforums besitzt die Marke Davos in Deutschland grosse Bekanntheit. «Das ist in der Marktbearbeitung von unschätzbarem Wert», so Reto Branschi, Direktor der Destination Davos-Klosters. «Erstens müssen wir kein Geld in den Aufbau von Markenbekanntheit investieren, sondern können uns auf die Produkte- und Angebotskommunikation fokussieren. Und zweitens werden wir von Veranstaltern, Freizeitgästen und Journalistinnen automatisch als Bergort wahrgenommen.» Zur Marktbearbeitung gehören unter anderem Anzeigen auf Social-Media-Kanälen. Im Winter stehen Wintersport und Schneesicherheit im Fokus, im Sommer Biken und Wandern. «Die Bildsprache dabei ist klar auf Sports Unlimited ausgerichtet. Wir haben uns so positioniert, weil wir wissen, dass kaum eine andere Alpen-Destination ein so vielfältiges Sportangebot bieten kann.» Was deutsche Gäste besonders gut finden: das Winter-Gästeprogramm mit täglich wechselnden Touren. Dank Guide lasse sich die Destination so auf authentische Weise erleben, sagt Branschi. Ab Mai folgt das Sommer-Gästeprogramm mit mehr als 60 Aktivitäten.

Ein Dauerthema ist der Euro-Franken-Wechselkurs. Dass der Euro in den letzten 10, 15 Jahren schwächer geworden ist, hat zu einem Rückgang der Logiernächte geführt. «Eine grosse Herausforderung», so Branschi. Er hält nichts davon, mit starken Preissenkungen gegenzusteuern. «Wir können und dürfen uns nicht unter Wert verkaufen.»

Viel geschickter sei es, Mehrwertangebote zu schaffen und sichtbar zu machen. In Davos übernimmt diese Aufgabe die Gästekarte, die bestimmte Vergünstigungen beinhaltet. «Bei der Einführung 2008 war uns bewusst, dass wir mit den Europreisen im Ausland nicht mithalten können. Um dennoch konkurrenzfähig zu bleiben, setzten wir auf diese Zusatzleistungen.» Inzwischen sei die Gästekarte sogar ein Alleinstellungsmerkmal. Ein weiterer Faktor neben dem Wechselkurs ist die deutsche Wirtschaft. Florierte diese wie in den Jahren 2018/19 und 2019/20, stiegen auch gleich die Gästezahlen.

Kleine Events, grosse Wirkung
«Zu uns kommen deutsche Gäste, weil sie das Gefühl der Boutique-Metropole erleben möchten», sagt Thomas Wüthrich, Direktor von Zürich Tourismus. Als solche positioniert sich die Stadt auf dem internationalen Markt. Zürich biete alles, was eine Weltmetropole auch zu bieten habe: hochklassiges Kulturangebot, dynamische Foodszene, Events und Shoppingmöglichkeiten. «Was uns aber abhebt: Das alles ist in Zürich auf kleinstem Raum zu entdecken.» Ein Vorteil beim Markt Deutschland, zumal dieser sehr umkämpft sei, da für deutsche Gäste ja auch Amsterdam, Paris oder Wien in relativer Nähe lägen. Hinzu kämen als Pluspunkte temporäre Highlights, allen voran die Street Parade im August. Aber auch kleinere Events sind laut Wüthrich wichtig. Das Theater-Spektakel etwa spreche deutsche Kultur-Aficionados an.

Ein zentraler Aspekt für Wüthrich: Deutschland ist ein Direktbuchermarkt. Soll heissen, deutsche Gäste buchen die Reiseleistungen meist direkt und selbst. Das Hotel zum Beispiel beim OTA, die Anreise bei der Deutschen Bahn, die Zürich Card vor Ort. Bei einem solchen Markt sei kontinuierliche PR-Arbeit ein zentraler Teil der Marktbearbeitung. Es gehe darum, «eine ganzjährige vielfältige Inspiration potenzieller deutscher Gäste sicherzustellen». Dafür hat Zürich Tourismus eine eigene Agentur in Berlin, welche regelmässig die Redaktionen deutscher Medienhäuser besucht, Gruner + Jahr oder Burda. Ziel ist die redaktionelle Berichterstattung in den Themenclustern von Zürich Tourismus, in Deutschland primär die Themen Kultur, Food, Sommer, Weihnachten. Aktuelles Beispiel: Im Reisemagazin «Geo Saison» erschien der Beitrag «Geldspartag», der als teuer geltende Destinationen vorstellte – und wie sich dort dennoch mit begrenztem Budget Urlaub machen lässt. Diese Geschichte folgt laut Wüthrich dem Narrativ, «dass Zürich nicht günstig ist, aber ein Stadterlebnis höchster Qualität bietet».


Nachgefragt

Mit lokalem Touch punkten

Oliver Schäfer ist General Manager im Steigenberger Hotel München. Der Hotelier weiss, was deutsche Gäste an einem Hotelaufenthalt gut finden.

Herr Schäfer, wie lassen sich deutsche Gäste beschreiben?
Wenn man so pauschal sprechen kann, dann sind Gäste aus Deutschland akkurat, gründlich und genau. Wobei es natürlich Unterschiede zwischen den Businessgästen und den Urlaubsgästen gibt. Die Businessgäste schätzen schnelle, unkomplizierte Abläufe, sei es digitales Check-in, schneller Service beim Frühstück und natürlich gutes, schnelles WLAN. Urlaubsgäste suchen viel mehr den Kontakt zu den Mitarbeitenden. [IMG 2]

Was kann ein Hotel konkret tun, um die Erwartungen deutscher Gäste zu erfüllen?
Da sind Details entscheidend. Gäste aus Deutschland legen beim Frühstück grossen Wert auf eine qualitativ hochwertige Auswahl an Backwaren. Wir beziehen unser Brot von einer lokalen Ökobackerei. Generell kommen lokale Produkte sehr gut an, auch bei den Getränken. Wir haben im Hotelrestaurant einen Bierkristall. Ein grosser begehbarer Kühlschrank in Form eines Kristalls, mit Bier von vielen kleinen regionalen Brauereien. Da staunen selbst Gäste aus Bayern. Auch beim Interior Design orientieren wir uns an der Region. Unsere Saunen sind einem Braukessel aus Kupfer und Holz nachempfunden. Überall im Hotel findet sich ein lokaler Touch – das mögen deutsche Gäste.

Was mögen sie eher nicht?
In Deutschland spielt der Umweltaspekt eine grosse Rolle. Daher verzichten wir wo möglich auf Umverpackungen wie kleine Shampoo- und Duschgelflaschen oder Handseife. Die würden sonst direkt nach der Abreise weggeworfen. Auch geben wir lieber eine normale Tasse als einen To-go-Becher mit, wenn die Gäste einen Kaffee in ihrem Zimmer trinken möchten.

Was fällt Ihnen sonst bei den deutschen Gästen auf?
Gerade die Urlaubsreisenden sind nach einem ausgedehnten Frühstück gerne in der Stadt unterwegs und erkunden diese auch abseits der bekannten Pfade. Da sind unsere Mitarbeitenden gefragt, im persönlichen Gespräch immer einen guten Insider-Tipp parat zu haben, sei es für ein neues Restaurant, ein besonderes Wirtshaus oder ein spezielles Geschäft. Wir beobachten in letzter Zeit auch, dass unsere deutschen Gäste vermehrt auf E-Scooter oder Leihfahrrad umsteigen, wenn sie die Stadt erkunden. Was sehr gut angenommen und besonders positiv bewertet wird: Hotelangebote, die den öffentlichen Nahverkehr inkludieren. 

Werfen wir einen Blick auf Ihr Marketing: Haben Sie da einen Tipp?
Grundsätzlich gilt: Um als attraktiv wahrgenommen zu werden, sollte ein Hotel nicht nur sich selbst, sondern immer auch die Stadt oder  die Region mit vermarkten.

Und speziell Social Media? Worauf kommt es da an beim Markt Deutschland?
Wenn wir jetzt mal den B2C-Bereich nehmen, da bespielen wir die gängigen Kanäle Facebook und Instagram mit organischen Posts, Paid-Content und Influencer-Marketing. Wobei der Schwerpunkt eher auf Instagram liegt. Um diese Kanäle effektiv zu bearbeiten, braucht es eine klare Strategie, Message und Bildsprache. Und kontinuierliche Kommunikation: Jeden Kanal, den man als Hotel aufmacht, muss man auch pflegen – im Idealfall mehrmals täglich.

Was ist bei der Preisgestaltung wichtig? Sind deutsche Gäste eher preissensibel?
Gäste aus Deutschland freuen sich über ein gutes Angebot oder Package. Und Vorteilsprogramme kommen bei ihnen  gut an. Unser Loyalty-Programm H Rewards bietet spezielle Angebote und viel Mehrwert. Zum Beispiel ermässigte Zimmerpreise.

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MÄRKTESERIE

Benelux – Drei-Länder-Markt mit preissensiblen Gästen

Benelux hat sich im Jahr 2022 stark zurückgemeldet und erreicht Vor-Pandemie-Werte. Digitale Kampagnen bringen Gäste in die Schweiz, genauso wie historische und kulturelle Bezüge. 
Andreas Lorenz-Meyer
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Frau, die eine Schweizer Flagge schwenkt
Eine junge niederländische Touristin schwenkt auf der Diavolezza im Oberengadin die Schweizer Flagge.
Eine junge niederländische Touristin schwenkt auf der Diavolezza im Oberengadin die Schweizer Flagge. Bild: iStockphoto
Bild: iStockphoto

Seit letztem Jahr fährt wieder ein Nachtzug direkt von Amsterdam nach Basel. Das «Eingangstor zur Schweiz» wird damit für niederländische Gäste noch attraktiver. 2022 zählte Basel Tourismus knapp 40 000 Logiernächte aus den Niederlanden. Innerhalb von Benelux ist der niederländische Markt für Basel somit wichtiger als der belgische.


2,6 Nächte blieben die Gäste aus Benelux 2019 durchschnittlich im Hotel.

Berge nannten 11,5 Prozent als Hauptgrund für ihre Reise.

10,4 Prozent nannten Skifahren und 7,7 Prozent die Familienfreundlichkeit.

140 Franken gaben die Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017» im Schnitt täglich aus.

38,5 Prozent  der Benelux-Gäste übernachteten während ihrer Ferien im Hotel.
 

 

Basel liege aber nicht nur für niederländische Städtereisende günstig, sondern auch für Durchreisende, betont Christoph Bosshardt, Stellvertretender Direktor und Marketingleiter von Basel Tourismus.:«Es ist für sie der perfekte Stopover auf dem Weg in den Süden.»

Bei den «tendenziell preissensiblen» Niederländern seien passende Angebote wichtig. Die Basel Card, die alle Übernachtungsgäste kostenlos erhalten, komme gut an. Damit können unter anderem alle Museen zum halben Preis besucht werden. Das Marketing von Basel Tourismus richtet sich bei allen Zielmärkten an ein kunst- und architekturaffines Publikum. Es gibt aber auch Kampagnen speziell für den Markt Niederlande.

Glaubwürdige Influencer

Beim Onlinemarketing setzt Basel Tourismus Kanäle ein, die der jungen kulturaffinen Zielgruppe entsprechen. 2022 kooperierte man mit zwei niederländischen Reise-Influencern. Ihre Followerzahlen liegen im fünfstelligen Bereich. «Wir arbeiten gerne mit solchen Micro-Influencern zusammen. Sie haben eine hohe Glaubwürdigkeit und treue Follower», erklärt Christoph Bosshardt.

Noch besser sei, wenn sie auch bloggten, da Blogs nachhaltiger seien als andere Posts. Der Blog der beiden Niederländer, «We are Travellers», hat eine Reichweite von 300 000 Unique Visitors. 2022 fand auch die Kampagne mit dem niederländischen Lifestyle-Magazin «Zin Magazine» statt. Zwei grosse Fotos auf einer Doppelseite zeigten Basler Museen mit jungen Leuten davor. Titel des Beitrags: «Culturele hotspot aan de Rijn». Der Beitrag erschien online, auf Facebook und Instagram. «Die Zahlen konnten sich sehen lassen: Wir erreichten damit rund drei Millionen Kontakte in den Niederlanden», resümiert Bosshardt.

Wir arbeiten gerne mit Micro-Influencern zusammen. Sie haben eine hohe Glaubwürdigkeit und treue Follower.

Christoph Bosshardt, Stellvertretender Direktor und Marketingleiter Basel Tourismus

Auch über die Ferienregion Engadin-Scuol-Zernez wird in den Niederlanden berichtet. Die Artikel niederländischer Journalisten erscheinen beispielsweise in der Bergsport-Fachzeitschrift «Hoogtelijn». «Solche Medienreisen ermöglichen eine breite Präsenz zu vergleichsweise tiefen Kosten», weiss Roger Kreienbühl von der Tourismus Engadin Scuol Samnaun Val Müstair AG. Zwar lasse sich der genaue Werbeeffekt nicht messen, doch führten die Publikationen zu erhöhter Aufmerksamkeit.

Der Markt Benelux ist für die Region der zweitwichtigste Auslandsmarkt. Wie in Basel kommen mehr Niederländer als Belgier. Im Winter sei Schlittschuhlaufen auf dem Eisweg Engadin bei Sent bei den Niederländern sehr beliebt. Aber auch die rätoromanische Kultur begeistere sie.

Roger Kreienbühl bezeichnet die Niederlande als «speziellen Markt», was kulturelle und historische Gründe hat. Jedes Jahr findet im Engadin das Piz Amalia Music Festival statt. Eingeladen sind Nachwuchsmusikerinnen und -musiker des Königlichen Konservatoriums in Den Haag. Sie treten an besonderen Orten in der Bergwelt rund um den Piz Amalia auf, dem nach der Kronprinzessin der Niederlande benannten Berg. Zudem steht in Zuort die Chasa Mengelberg, die 1911 errichtete Sommerresidenz des niederländischen Dirigenten Willem Mengelberg.

Wichtig: Familienfreundlichkeit

In der Nähe von Scuol gibt es einen absoluten Niederlande-Spezialisten, das Hotel Val Sinestra. Das schlossähnliche ehemalige Kurhotel beherbergt 85 bis 90 Prozent niederländische Gäste. Wöchentlich fährt ein eigener Bus in die Niederlande und zurück. «Wir füllen bewusst eine Nische», sagt Gastgeberin Adrienne Kruit. Ihre niederländischen Gäste charakterisiert sie so: «Sie kommen zum Wandern und brauchen keinen Luxus.»

Täglich, im Winter wie im Sommer, bringt sie ein Bus vom Hotel zu den Wandereinstiegspunkten. Auch das Gratis-Abendprogramm mit Singen, Tanzen oder Yoga findet Kruit wichtig. So etwas sollte ein Hotel für niederländische Gäste auf jeden Fall anbieten. Und familienfreundlich sollte es sein. Im Hotel Val Sinestra gibt es extra ein Kinderprogramm und ein Programm für Jugendliche. Während die Eltern mit dem Bus zum Wandern gebracht werden, fährt der Nachwuchs Bergbahn oder geht zum Raften.

Kindheitserinnerungen bringen Gäste
Im Geschäftsjahr 2022/23 sorgten belgische Gäste in St. Moritz für knapp
45 000 Logiernächte. Damit liegt der Markt auf Rang 3, knapp hinter dem Markt Deutschland. «Belgien war historisch gesehen schon immer wichtig für uns und das Engadin», sagt Marijana Jakic, Brand Manager St. Moritz. Die Liebe der Belgier zum Engadin geht auf das späte 19. Jahrhundert zurück. Von 1882 bis 1884 liess der belgische Graf Camille de Renesse in der Nähe von St. Moritz das gigantische Maloja Palace Hotel bauen.

Das Hotel betreibt heute der italienische Herzog Amedeo Clavarino. «Hinzu kommt, dass fast jeder Belgier als Kind einmal in einem Schullager in der Schweiz war», so Jakic weiter. Zu den Topdestinationen gehörte dabei auch das Engadin. «Viele Belgierinnen und Belgier haben dadurch einen positiven Bezug zur Region und kommen später zurück, oft mit ihren Kindern.» Spezielle Belgien- oder Benelux-Kampagnen gibt es in St. Moritz nicht.

Die Schweiz hat auch einen Belgien-Spezialisten, den Belgischen Intersozialen Dienst Intersoc. Seit 1949 organisiert er Schweiz-Ferien für mehrere Millionen Belgier. Heute sind es mehr als 200 000 Übernachtungen pro Jahr in insgesamt vier Hotels.

«Intersoc ist sehr wichtig für den Tourismusstandort Schweiz, wenn es um den Markt Belgien geht», sagt Herman Buys, Direktor des Grand Hotel Surselva in Flims und des Hotel Stahlbad in St. Moritz. Seit über 30 Jahren begrüsst er belgische Gäste im Engadin, vorwiegend Flamen aus dem nördlichen Teil Belgiens.

«Unser Hauptgeschäft sind ganz klar die Familienferien.» In seinen Hotels gibt es ein Komplettangebot mit Animation, Betreuung und Vollpension. Die Familien fahren zwar gemeinsam in die Ferien, müssen vor Ort aber nicht den ganzen Tag zusammen etwas unternehmen. Oft ist man tagsüber getrennt unterwegs: Der Vater fährt Bike, die Mutter macht Wellness, und die Kinder gehen auf Schnitzeljagd.

Buys behält auch jeweils neue Freizeittrends in Belgien im Auge. «Die Belgier sind in den letzten Jahren zu richtigen Rennveloenthusiasten geworden. Als Hotel reagieren wir mit entsprechenden Freizeitangeboten darauf.»

Preissensible Kunden

Herman Buys weiss: «Für belgische Gäste ist Essen und Trinken sehr wichtig.» Morgens, mittags und abends steht in seinen beiden Häusern deshalb ein Buffet für die Gäste bereit. Ergänzt wird das Angebot durch ein extra Kindermenü, auf niedrigeren Tischen serviert, sodass sich die kleinen Gäste selbst bedienen können.

Die belgischen Gäste schätzen zudem das All-Inclusive-Paket.  «So wissen sie vorher schon, wie viel der ganze Urlaub kostet», sagt Buys. Selbst bei Ausflügen entstehen in der Region keine Nebenkosten: Die Benutzung von Rhätischer Bahn, Postauto und Bus ist in einem Umkreis von rund 50 Kilometern im Preis mit drin.

Eine Win-win-Situation, findet Buys: «Der ÖV in der Region bekommt so mehr Fahrgäste, was ihm hilft, das Angebot aufrechtzuerhalten. Und wir können unseren Gästen ein Komplettpaket anbieten, das auch die Mobilität vor Ort miteinschliesst.» Hinzu komme ein psychologischer Vorteil: Da der Schweizer Franken mittlerweile 1:1 zum Euro stehe, seien Schweiz-Ferien für Gäste aus dem Euroraum noch teuer geworden. Aber durch das All-Inclusive-Paket fühle es sich für die belgischen Gäste nicht so teuer an.


Eigenheiten des Benelux-Marktes

Clevere ÖV-Angebote und der richtige Marketingmix

Armando Troncana leitet das Schweiz-Tourismus-Büro Benelux mit Niederlassungen in Amsterdam und Brüssel. Er weiss, was bei diesem Markt wichtig ist. Fünf Tipps vom Experten.

Geheimtipp für den Herbst
Die Niederländer sind ausgesprochene Outdoor-Enthusiasten, Wandern und Radfahren haben bei ihnen Volkssportcharakter. In die Schweiz reist diese Gästegruppe, um genau diese Aktivitäten auszuüben – und zwar in einer intakten Berg- und Naturwelt. Diesen Trumpf gilt es beim Markt Niederlande auszuspielen.

Die Gäste sind treu und suchen nach Angeboten mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Und: Sie sind auch in den kleineren und weniger bekannten Destinationen anzutreffen. Grundsätzlich hat also jeder Schweizer Touristenort die Chance, sie mit der richtigen Ansprache zu erreichen. Dafür bietet sich zum Beispiel der kommende Herbst an. Im September und Oktober wächst die Zahl der niederländischen Gäste im hohen Einkommens­bereich, die meist ohne Kinder reisen. Wer in diesem Jahr eine Werbeoffensive in den Niederlanden starten will, kann genau da ansetzen.

Umstieg auf den ÖV leicht gemacht
Über 30 Prozent der niederländischen Gäste touren durch die Schweiz – mit dem Zug auf der «Grand Train Tour of Switzerland» oder mit dem Auto auf der «Grand Tour of Switzerland». Berge, Land und Städte so zu einem Gesamterlebnis Schweiz zu kombinieren, das ist die typisch niederländische Art des Reisens.

Gut 80 Prozent der Niederländer reisen mit dem Auto an, immer mehr mit dem Elektroauto. Trotz direkter Zugverbindungen wird sich der hohe Anteil von Autoanreisenden auch nicht so schnell ändern. Jedoch sollten diese Gäste dazu bewegt werden, nach Ankunft in der Schweiz auf den ÖV umzusteigen. Hier besteht noch viel Potenzial, neue niederländische Gästegruppen zu erreichen. Zum Beispiel, indem ein Schweizer Hotel ab drei Übernachtungen einen Gratisparkplatz inklusive Aufladen anbietet. Der Effekt: Die altbekannte Schweizer Stärke, der ÖV, erscheint in einem neuen Licht. Er ist nicht nur für Bahnanreisende eine praktische Sache, sondern auch für Auto­anreisende.

Die richtige Mischung finden
Beim Marketing sind Kollaboration und eine klare Strategie wichtig. Kollaboration im Sinne von Bündelung der Kräfte und Marketingressourcen. Zum Beispiel Schweizer Hotels: Sie können sich für gezielte Promotionen im Markt Niederlande ihrer Destination anschliessen. Gemeinsam funktioniert es einfach besser.

Und Social Media? Instagram und Tiktok sind nicht mehr aus dem Marketing wegzudenken. Aber aufgepasst! Niederländer, die sich die Schweiz leisten wollen, haben meist eine höhere Kaufkraft. Um diese 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung zu erreichen, genügen Social-Media-Kampagnen alleine nicht. Es braucht den richtigen Marketingmix. Dieser sollte sowohl digitale als auch analoge Elementen beinhalten. Und dazu Kooperationen mit starken Brands. So lassen sich neue Zielgruppen zu Schweiz-Ferien animieren. 

Erkennbar – und damit buchbar
Es ist längst mehr als ein Trend: Niederländische Gäste erwarten nachhaltige Reiseangebote. In den letzten Jahren haben wir diese auch entwickelt, zum Beispiel die 5-tägige Bergrundwanderung im Tessin. Ein voller Erfolg: Sie war sehr schnell ausgebucht. Es geht aber nicht nur darum, solche Angebote im Programm zu haben, sondern sie auch erkennbar zu machen – und damit buchbar. Nach dem Motto: Seht her, so nachhaltig ist das Reiseland Schweiz!

Das Kulinarische ist für die Belgier wichtig
Auch für belgische Gäste sind Natur und Berge die wichtigsten Gründe für Schweiz-Ferien. Im Vergleich zu den Niederländern pflegen sie aber eher einen burgundischen Lebensstil. Bei ihnen geht die Liebe zu einem Land durch den Magen – und sie sind bereit, hierfür etwas mehr zu bezahlen. Also sollten gastronomische Highlights und Spezialitäten unbedingt zur Kommunikation von Hotel oder Destination gehören. Und vergessen wir nicht Luxemburg, das dritte Land im Benelux-Bund. Ein kleiner Markt, aber mit sehr Schweiz-affinem Publikum.

Märkteserie

Grossbritannien und Irland – viel Historie, viel Potenzial

Britische Touristen haben lange schon ein enges Verhältnis zur Schweiz. Sie haben den Tourismus hierzulande gross gemacht. Nun erholt sich der Markt UK vergleichsweise langsam von der Pandemie. Er könnte aber trotz Brexit in den nächsten Jahren kräftig zulegen.
Andreas Lorenz-Meyer
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Roger Federer auf der Tower Bridge: Eine traditionelle Sportart wie Tennis passt zum britischen Markt.
Roger Federer auf der Tower Bridge: Eine traditionelle Sportart wie Tennis passt zum britischen Markt.
Roger Federer auf der Tower Bridge: Eine traditionelle Sportart wie Tennis passt zum britischen Markt.
Als Leiter des Londoner Büros von Schweiz Tourismus ist Alex Herrmann zuständig für den Markt UK/Irland.
Als Leiter des Londoner Büros von Schweiz Tourismus ist Alex Herrmann zuständig für den Markt UK/Irland.
Als Leiter des Londoner Büros von Schweiz Tourismus ist Alex Herrmann zuständig für den Markt UK/Irland.

Im 19. Jahrhundert ging es los: Junge Briten entdeckten die Schweiz als Reiseland und erklommen die Berggipfel. Bis heute ist Grossbritannien wichtig für den hiesigen Tourismusstandort, für manche Regionen zählt es zu den Top-Märkten.


2,29 Nächte blieben die Gäste aus Grossbritannien und Irland 2019 durchschnittlich im Hotel.

Berge nannten 8,9 Prozent als Hauptgrund für ihre Reise. 7,5 Prozent nannten die Familienfreundlichkeit und 5,8 Prozent Schnee und Eis (Top 3 der Hauptgründe für die Reise in die Schweiz).

210 Franken gaben die Reisenden gemäss «Tourismus Monitor Schweiz 2017» im Schnitt täglich aus.

46,1 Prozent der Briten und Iren übernachteten während ihrer Ferien im Hotel.
 

Die Jungfrau-Region zum Beispiel besuchen jährlich 270 000 Britinnen und Briten, was 10 Prozent des gesamten Gästeaufkommens entspricht. Richtige britische Hochburgen sind die Bergdörfer Mürren und Wengen. In Wengen gibt es den traditionsreichen britischen Skiclub Downhill Only, in Mürren den Kandahar Skiclub. Jetzt im Winter ist der Anteil britischer Gäste dort besonders hoch: In Wengen liegt er bei 20 Prozent.

Rolf Wegmüller, Geschäftsführer von Wengen Tourismus, kennt die Briten und weiss, was bei ihnen zu beachten ist. «Zum Beispiel braucht es Angebote für Nichtskifahrer, da bei britischen Familien oft Personen dabei sind, die der Piste fernbleiben.» Ihnen werde einiges geboten: Ausflüge zum Jungfraujoch – Top of Europe oder Winterwanderungen. Zudem gibt es für die Nichtskifahrer extra einen Schlittel- und Wanderpass, der mehrere Tage gültig ist. «So können sie sich entlang der Piste mit ihren skifahrenden Familienmitgliedern treffen, um gemeinsam Mittagessen zu gehen.» Für solche Treffen eigne sich die Wengernalpbahn bestens.

 

Es braucht Angebote für Familienmitglieder, die der Piste fernbleiben. 
Rolf Wegmüller, Geschäftsführer Wengen Tourismus

Präsenz vor Ort ist ein Must, um die Briten zu erreichen

Jungfrau-Region und Briten verbindet viel Tourismusgeschichte, dennoch ist der Markt UK kein Selbstläufer, sondern muss permanent gepflegt werden. Bei den Werbekampagnen hat Marc Ungerer, Geschäftsführer der Jungfrau-Region Tourismus AG, die Gästesegmente genau im Blick. Da gibt es Wintergäste, «snow sports enthusiasts», Nichtwintergäste, darunter die «outdoor enthusiasts», und einfache Naturliebhaber, «nature lovers». 

Darauf gehen die Massnahmen gezielt ein: «Für den Winter suchen wir den Kontakt zu B2B-Agenturen oder britischen Skiclubs, die ihren Kunden und Mitgliedern auf die Jungfrau-Skiregion zugeschnittene Aufenthalte anbieten.» Inserate oder journalistische Beiträge in bekannten Zeitungen, «Daily Telegraph» oder «Sunday Mirror», gehören auch zu den Werbemassnahmen. Genauso Beiträge auf Lifestyle-Portalen wie «Country and Town House». «Wir nutzen hier das Know-how der lokalen Vertretungen von Schweiz Tourismus», so Ungerer.

Präsenz vor Ort auf der Insel muss auch sein. So stellte sich die Jungfrau-Region bei der Chelsea Flower Show der Royal Horticultural Society vor, der berühmtesten britischen Gartenschau. «Die Teilnahme an solchen Publikumsmessen bringt uns Spillover-Effekte: Das Renommee dieser einmaligen Veranstaltungen überträgt sich auf uns. So erreichen wir ganz neue Besuchergruppen.»

Wichtig sind auch Marktzugänge, die die Konkurrenz nicht bekommt. Die Jungfrau-Region hat eine eigene Agentur in London, die Kontakte zu wichtigen britischen Reiseagenturen herstellt. «Sie arbeitet exklusiv für uns. So präsentieren wir uns bei den organisierten Kontakten auch nicht als eine Schweizer Destination von vielen, sondern ganz ohne Mitbewerber», erklärt Ungerer.

Zwar ist der Winter das stärkere Zugpferd, im Sommer sind die Gästezahlen in der Jungfrau-Region fünf bis sechs Prozentpunkte niedriger. Dennoch sollten auch die Sommervorlieben der Briten berücksichtigt werden, rät Ungerer. Sie zeigten besonderes Interesse an jeglicher Form von Dampfantrieb. Eine Dampfschifffahrt auf den Seen oder die Brienzer Rothornbahn dürften im Sommerprogramm also keinesfalls fehlen. 

Britischen Gästen ist die Tradition sehr wichtig

Und der Brexit? Ungerer erwartet, dass sich das «schwierige konjunkturelle Umfeld Grossbritanniens» in jedem Fall auswirkt. Er plant gegenzusteuern. Im Frühjahr wird eine UK-spezifische Landingpage erstellt. Die Informationen und Angebote sind gezielt auf die Bedürfnisse in UK ausgerichtet.

«Britischen Gästen ist das Thema Tradition und kulturelles Erbe immer noch sehr wichtig. Hier punktet unsere Region als Wiege des Ski- und Skirennsports.» Das habe sich bereits letztes Jahr gezeigt, als in Mürren der 100. Jahrestag des ersten Weltcupslaloms gefeiert wurde. Die Resonanz in der britischen Presse sei enorm gewesen.

Es ist eine sportliche Klientel, die aber auch gerne beim Après-Ski feiert.
Simon Wiget, Direktor Verbier Tourisme

Auch für die Walliser Destination Verbier sind britische Gäste sehr wichtig. Ihr Anteil am Gästeaufkommen liegt bei satten 20 Prozent. «Es ist eine sportliche Klientel, die aber auch gerne beim Après-Ski feiert», so Simon Wiget, Direktor von Verbier Tourisme. Entsprechend brauche es gute und ausreichend viele Angebote – Pubs, Bars und Discos.

Wiget beobachtet, dass Gäste von der Insel immer wieder über die hochalpine Umgebung staunen können. In ihrer Heimat gibt es nichts Vergleichbares. «Das macht sie zu Gästen, die auch dann kommen und ihren Urlaub geniessen, wenn die Wetterbedingungen mal nicht perfekt sind.» Wenn zum Beispiel in einem wärmeren Winter die Schneeverhältnisse nicht top sind. Verbier Tourisme setzt auf «weit entwickelte und intensive Partnerschaften», etwa mit der Londoner PR-Agentur Heaven Publicity.

Gute Flugverbindungen 
mit attraktiven Tarifen sind für den UK-Markt sehr wichtig – vor allem, da es für die Schweiz-Anreise keine gleichwertige Alternative gibt. Die Anreise per Zug kostet mehr, dauert länger und ist wegen Umsteigen und Bahnhofwechsel in Paris umständlich. Ein Pluspunkt für eine Schweizer Destination: wenn es eine an den Flug anschliessende Bahn-Direktverbindung gibt, ab den Flughäfen Genf oder Zürich. So wie die seit Dezember bestehende Direktverbindung von Zürich-Flughafen nach Interlaken.

Die Gäste suchen Swissness und Geselligkeit

In der Ferienregion Andermatt-Urserntal gibt es im Sommer viele Tagesgäste: «Wir haben hier regelmässig auto-, motorrad- und radaffine Briten», sagt Tourismusdirektor Thomas Christen. Er stellt fest, dass UK-Gäste Swissness suchen, zum Beispiel einen Swiss-Fondue-Abend mit gemütlichem Cheminéefeuer.

Wichtig sind auch gesellige Orte wie Pubs, Bars und Restaurants, wo sich Einheimische und internationale Gäste mischen. Andermatt hat da die «Alt Apothek» im Hotel The River House mit Livemusik und grosser Whisky-Auswahl oder das Pinte Pub zu bieten.

«Den Briten gefällt das Zusammensein in einer rustikalen Location, die jung, dynamisch und lebendig ist. Da bekommen sie ein heimisches Pub-Gefühl.» Speziell junge Briten sind zudem auf Action aus. Im Sommer gehen sie in den Klettersteig, im Winter in den Tiefschnee.

Bei der Werbung für den Markt UK arbeitet die Destination mit Partnern wie dem bei den Briten beliebten Radisson Blu Hotel Reussen zusammen. Auch der Glacier-Express, der in Andermatt hält, spielt mit seiner internationalen Strahlkraft eine wichtige Rolle bei der Vermarktung. Da fahren auch britische Passagiere mit, die auf diesem Weg nach Andermatt kommen.


Nachgefragt

«Wir erwarten ein deutliches Wachstum»

Briten erwarteten von einer Reise ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, sagt Alex Herrmann von Schweiz Tourismus. Die Schweiz müsse besonders die Leistungsseite, den «Value», in den Mittelpunkt stellen.

Herr Herrmann, womit kann die Schweiz bei den Briten punkten? [IMG 2]
Die Briten lieben die Schweiz. Sie steht bei ihnen primär für Skifahren und die sehr populären Panoramazüge, die viele britische Reiseveranstalter anbieten. UK-Gäste schätzen grundsätzlich Schweizer Qualität, Verlässlichkeit und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Und sie erwarten eine gewisse Annehmlichkeit beim Reisen.

Zum Beispiel?
Viele Briten sprechen keine Fremdsprache. Daher sollte es selbstverständlich sein, dass im Hotel alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Kundenkontakt gute Englischkenntnisse besitzen. Im Umgang mit den Briten hilft es auch, sich der Schweizer Tourismusgeschichte bewusst zu sein, ist diese doch untrennbar mit Grossbritannien und den britischen Adeligen verbunden, die im 19. Jahrhundert die Schweiz im grösseren Stil zu bereisen begannen.

Die Schweiz ist ein teures Reiseland. Welche Rolle spielt dieser Faktor?
Von den 66 Millionen Briten gehört die Mehrheit nicht zu unserer Zielgruppe. Entweder sie reisen kaum international oder sie suchen kostengünstige Strandferien. Daher konzentrieren wir uns vor allem auf die obere Mittelklasse. Wir haben ein Netzwerk von Reiseagenten, die diese potenziellen Gäste betreuen, beraten und deren Reisen buchen. Generell ist es ratsam, die Qualität und den «Value» in den Mittelpunkt zu stellen, nicht den Preis. Bei bestimmten Zielgruppen versuchen wir aber auch kostengünstigere Optionen aufzuzeigen. Nach dem Motto: Eine Reise in die Schweiz ist möglicherweise weniger teuer, als Sie denken. Was bei den Briten gut ankommt, ist das Thema nachhaltige Schweiz. Wir stellen es mit dem Programm Swisstainable immer mehr in den Vordergrund. Nachhaltigkeit allein ist zwar für Briten kein Reisegrund, hat aber zunehmend unterstützenden Einfluss bei ihrer Entscheidung für eine Destination.

Angenommen, ein Schweizer Hotel will im Markt UK Fuss fassen: Wie gelingt das am besten?
Wer in den Markt UK einsteigen will, sollte wissen: Grossbritannien ist ein umkämpfter Markt. Die reisebegeisterten, an sich Schweiz-loyalen Briten werden von allen Seiten umworben. Daher gehören zwei Dinge zu einer Erfolg versprechenden UK-Strategie: eine realistische Einschätzung der Bekanntheit der eigenen Marke im internationalen Wettbewerb und ein mittel- bis langfristiger Planungshorizont. Dazu etwas Geduld, da sich die Erfolge kaum sofort einstellen werden. Grundsätzlich lohnt es sich, den Markt UK anzugehen. Zwar erholt er sich nach den Pandemie-bedingten Rückgängen langsamer als die meisten anderen europäischen Märkte oder der US-Markt. Dennoch ist Grossbritannien attraktiv und birgt grosses Potenzial für die Schweiz, vor allem auch im Sommer und Herbst. Wir erwarten in den nächsten Jahren ein deutliches Wachstum.

Wer in den Markt UK einsteigen will, sollte wissen: Grossbritannien ist ein umkämpfter Markt.

Sie sind auch für den deutlich kleineren Markt Irland zuständig. Was ist bei irischen Gästen zu beachten?
Irland darf nicht als kleinere Kopie von Grossbritannien gesehen werden. Die Sprache ist zwar die gleiche, aber es gibt kulturelle Unterschiede. Viele Iren suchen aktive Ferien und reisen gerne auch in der Nebensaison. Der Reisemarkt Irland hat sich schneller erholt als Grossbritannien. Es ist aber ein kleiner Markt mit aktuell rund 80 000 Hotelübernachtungen pro Jahr. Das ist weniger, als Schottland produziert, die nach England wichtigste Herkunftsregion in Grossbritannien. 

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