Die Branche steht vor grossen Herausforderungen in der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitenden. Dies wird durch deutliche Rückgänge bei der Anzahl Lernender in zentralen Berufsfeldern sichtbar. Seit 2013 ist die Zahl der jungen Menschen, die eine Ausbildung zum Koch oder zur Köchin beginnen, um 20 Prozent zurückgegangen. Bei den Restaurantfachleuten EFZ ist die Anzahl Lernender um 40 Prozent gesunken. Die Zahl derer, die eine Hotelfachschule auf Stufe Höhere Fachschule besuchen, ist so stark gesunken, dass traditionelle Bildungsinstitutionen kämpfen oder schliessen müssen. [RELATED]

Die Digitalisierung, sich verändernde Gästebedürfnisse und der Wettbewerb um Arbeitskräfte erfordern ein Umdenken. Bestehende Angebote in der Berufsbildung sind oft zu starr, was es schwer macht, auf die dynamischen Veränderungen der Wirtschaft zu reagieren. Entwicklungen und Trends in der Branche werden nur stark verzögert ins Bildungsprogramm aufgenommen. Es ist höchste Zeit, diese Ansätze zu überdenken und uns an internationalen Vorbildern zu orientieren, die flexible und innovative Lernformate bieten.

Die bestehenden Angebote in der Berufsbildung sind oft zu starr.

Im Ausland setzen viele führende Bildungsinstitutionen erfolgreich auf Online- und Hybridformate. Plattformen wie Coursera, edX und Hyper Island bieten inhaltlich aktuelle und methodisch flexible Kurse an – Teilnehmende studieren in ihrem eigenen Tempo und wenden das Gelernte direkt in der Praxis an. Auch in der Schweiz gibt es positive Entwicklungen: Die Ecole hôtelière de Lausanne hat begonnen, moderne Lehrmethoden zu integrieren, und bietet auch Online- und hybride Programme an. Bei der beruflichen Bildung und im stark praxisorientierten Weiterbildungsbereich ist das Angebot jedoch noch stark auf zusammenhängenden Präsenzunterricht fokussiert.

Die Flexibilität neuer Formate ist ein entscheidender Vorteil. Berufstätige können sich weiterbilden, ohne ihre Karriere unterbrechen zu müssen. Das hilft, die hohen Kosten und den Zeitaufwand traditioneller Bildungswege zu reduzieren. Die Kultur des lebenslangen Lernens wird gefördert, was in unserer schnelllebigen Welt unerlässlich ist. Solche Angebote sind im gesamten Spektrum nötig: von der Gouvernante, die sich die neuesten Praktiken der Materialpflege aneignen will, über den Restaurantleiter, der neue Führungsmethoden lernen möchte, bis hin zur Direktorin, die vertieftes Know-how zu Finanzierungsfragen will.

Die Digitalisierung, sich verändernde Gästebedürfnisse und der Wettbewerb um Arbeitskräfte erfordern ein Umdenken.

Es geht auch darum, Inhalte innovativ zu gestalten und den realen Bedürfnissen der Branche anzupassen. Aktuelle Themen wie moderne Führung, KI, Nachhaltigkeit oder personalisierte Kundenbetreuung müssen in den Fokus rücken. Nur so können wir sicherstellen, dass Unternehmensleitung und Mitarbeitende gut auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet sind.

Wir haben eine einmalige Chance, uns durch eine moderne und flexible Bildung zukunftssicher zu machen und den Lead in Hospitality-Bildungsthemen und -formaten nicht ans Ausland zu verlieren. Bildungseinrichtungen, Unternehmen und Politik sind gemeinsam gefordert, innovative Lernangebote zu fördern und zugänglich zu machen. So kann die Attraktivität der Branche als Arbeitgeber gesteigert und die Qualität der Dienstleistungen weiter verbessert werden. Wichtig ist dabei, die klare Praxisorientierung in der beruflichen Weiterbildung zu erhalten. Profis geben ihr Wissen an Menschen aus der Praxis weiter. Gerät dieses Prinzip durcheinander und wird eine (Schein-)Akademisierung gefördert, leidet die Qualität der Bildung und des Wirtschaftsstandorts Schweiz.

Ueli Schneider ist Unternehmensberater und war langjähriges Mitglied der Geschäftsleitung von HotellerieSuisse.