Unter der Leitung von Bundesrat Guy Parmelin haben sich Bund, Kantone und Sozialpartner an einem ausserordentlichen Nationalen Spitzentreffen der Berufsbildung am Donnerstag auf eine schweizweit abgestimmte Lösung geeinigt, um den diesjährigen Lehrabgängerinnen und Lehrabgängern ihren Berufsabschluss zu ermöglichen.
Die erzielte Einigung unter den Verbundpartnern der Berufsbildung ermögliche es den Lehrabgänger und Lehrabgängerinnen, trotz den Auswirkungen des Coronavirus, ein auf dem Arbeitsmarkt anerkanntes eidgenössisches Fähigkeitszeugnis beziehungsweise ihr eidgenössisches Berufsattest zu erhalten, wenn sie über die entsprechenden Kompetenzen verfügen, schreiben die Parlamentsdienste.
Die verbundpartnerschaftlich erarbeitete Lösung würde den Besonderheiten der Berufsbildung, die eng auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts abgestimmt ist, Rechnung tragen. Ebenso berücksichtige sie das Gebot der Gleichbehandlung und nehme Rücksicht auf die Belastung der Betriebe.
Vereinbart wurde dass in diesemJahr keine schulischen Abschlussprüfungen stattfinden werden. Die Verbundsparteien legten folgende Abläufe fest:
- Prüfung der praktischen Arbeit: Je nach Beruf soll eine praktische Prüfung oder eine Beurteilung der praktischen Leistungen durch den Lehrbetrieb durchgeführt werden. Die im jeweiligen Beruf beziehungsweise Berufsfeld zuständige Organisation der Arbeitswelt beantragt die von ihr bevorzugte Variante für ein schweizweit durchführbares Verfahren. Sie zeigt dabei auch auf, wie die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfohlenen Schutzmassnahmen eingehalten werden können. Die Eingabe wird von einer Expertengruppe der Kantone geprüft und vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) genehmigt. Ist es einem einzelnen Kanton aus epidemiologischen Gründen nicht möglich, für eine berufliche Grundbildung die praktische Prüfung so durchzuführen, wie es die zuständige Organisation der Arbeitswelt vorschlägt, kann er beim SBFI einen Antrag für eine Beurteilung der Leistungen durch den Lehrbetrieb stellen. Das SBFI entscheidet abschliessend.
- Prüfung der schulischen Ausbildung: Es finden keine Abschlussprüfungen in den Berufskenntnissen und der Allgemeinbildung statt. Die Noten werden aus den Erfahrungsnoten und in der Allgemeinbildung zusätzlich aus der Vertiefungsarbeit berechnet.
Auf Basis dieser erzielten Lösung werde das eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) dem Bundesrat an einer der nächsten Sitzungen eine entsprechende Verordnung unterbreiten. Darauf gestützt sollen die von den Verbundpartnern der Berufsbildung erarbeiteten Richtlinien umgesetzt werden, heisst es weiter.
Dadurch sei die Durchführung der Lehrabschlussprüfungen (LAP) bis im Sommer 2020 für die Lernenden in allen Branchen gesichert, so dass die Lehrabgängerinnen und -abgänger anschliessend ihre berufliche Zukunft bestmöglich weiterverfolgen könnten.
Für die Maturitätsprüfungen (gymnasiale Maturität, Fachmaturität, Berufsmaturität, Passerellen) verfolgen Bund und Kantone das Ziel, dass alle Schülerinnen und Schüler der Abschlussjahrgänge ihre Abschlusszeugnisse termingerecht erhalten und sich fristgemäss an den Institutionen der Tertiärstufe einschreiben können.
Über die Modalitäten in der aktuellen ausserordentlichen Situation soll bis spätestens Anfang Mai entschieden werden.
Neue Arbeitsgruppe für die Rekrutierung
Ebenfalls zentrales Thema des Spitzentreffens war die Rekrutierung und Beschäftigung von Lernenden. Die derzeitige Lage erschwere den regulären Ablauf des Berufswahlprozesses wie beispielsweise die Durchführung von Schnupperlehren oder Bewerbungsgesprächen, wird weiter festgehalten.
Vor diesem Hintergrund habe das verbundpartnerschaftlich zusammengesetzte Steuergremium «Berufsbildung 2030» eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die nun zeitnah mögliche Lösungen wie unter anderem die Verlängerung der Rekrutierungsphase, Kommunikationsmassnahmen erarbeiten soll.
Anlässlich des Spitzentreffens wiesen alle Teilnehmenden ausdrücklich darauf hin, dass die Coronavirus-Krise nicht zu einer Schwächung der Berufsbildung führen darf. Sie appellieren einerseits an die Lehrbetriebe, auch im Hinblick auf das Lehrjahr 2020/21 weiterhin Lernende im bisherigen Umfang zu rekrutieren. Alle Betriebe würden auch künftig auf Fachkräfte angewiesen sein.
Andererseits seien Jugendliche und Eltern aufgerufen, den Kontakt zu Lehrbetrieben und zur Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung in geeigneter Form zu suchen.
Durchführung SwissSkills noch offen
Schliesslich wurden am Spitzentreffen Szenarien betreffend der Durchführung der zentralen Schweizer Berufsmeisterschaften «SwissSkills Bern 2020» diskutiert.
Ob und in welcher Form eine Durchführung im September 2020 möglich ist, ist noch offen. Diesbezügliche Entscheide seien aber bis Mitte Mai 2020 zu erwarten. (htr)