Wenige Meter von der Anlegestelle Vitznau am Vierwaldstättersee entfernt liegt das Hotel «Das Morgen», ein weiss leuchtender Flachdachbau auf vier Etagen. Beim Betreten der Lobby fallen als Erstes die Lehnstühle auf. Ihr Gelb leuchtet wie Synapsen des menschlichen Gehirns. An den Wänden sind denn auch Skizzen von Schädeln und glühenden Nervenströmen zu sehen. Das Neuro Campus Hotel «Das Morgen» hat sich der Forschung und Entwicklung verschrieben. 

In Zusammenarbeit mit der Rehabilitationsklinik für neurologische Erkrankungen Cereneo wird im «Das Morgen» nebst Tourismus auch Forschung im Bereich der Neurokulinarik betrieben. Man will unter anderem die Gastronomie neu denken. Statt aus einem Menü auszuwählen, soll der Gast künftig ein auf ihn persönlich zugeschnittenes Gericht bestellen können. Es soll nicht nur Komponenten enthalten, die ihm gut schmecken, sondern auch solche, die auf seine persönliche Genetik abgestimmt sind. Bis aber individualisiert verpflegt werden kann, werden noch ein paar Jahre vergehen. Die detaillierte und zeitintensive Grundlagenforschung ist Basis für das Gelingen. Und das ist aufwendig. [GALLERY 1]

Wir möchten den Aufenthalt unserer Gäste mit niederschwelligen Neuro-Inputs bereichern.
Silvan Sutter, Gastgeber Hotel «Das Morgen»

Finanziert wird die Forschung aus dem Fonds der Pühringer-Stiftung von Investor und Hotelbesitzer Peter Pühringer. Der Österreicher engagiert sich seit über 25 Jahren in der Forschung sowie der Aus- und Weiterbildung in den Kernbereichen Health und Wealth, Entrepreneurship und Hospitality. Dazu dienen unter dem Dach der Hospitality Visions Lake Lucerne AG nebst der Neurorehaklinik Cereneo auch Pühringers drei Hotels Campus Hotel Hertenstein, Park Hotel Vitznau und Neuro Campus Hotel. General Manager der Hospitality Visions Lake Lucerne AG ist Urs Langenegger. [GALLERY 2]

Hotelzimmer mit Entspannungscharakter
Bis die Neurogastronomie alltagstauglich ist, bleibt die Küchenorganisation im «Das Morgen» weiterhin klassisch. Die beiden Restaurants «Gestern» und «Heute» bieten traditionelle und internationale Gerichte an. Im Sommer wird die Küche auf der Rooftop-Terrasse inszeniert, mit Blick über den Vierwaldstättersee und auf den Bürgenstock.

Damit unter freiem Himmel alle 140 Hotelgäste Platz finden, gibt es zwei Services. Teilweise wird die Crew von den Servicerobotern Telli und Vitzi unterstützt. Sie sind ein Blickfang und regen die Gäste zu Diskussionen über die Alltagstauglichkeit der Robotik an. Eine grosse Hilfe sind die beiden Maschinen dem Servicepersonal allerdings noch nicht, wie der Fachbeitrag von Markus Arnold aufzeigt. Das Forschungsteam arbeitet derzeit an den nötigen Verbesserungen.

Das Hotel wurde in den 1970er-Jahren als Aparthotel erbaut und 2018 von der Pühringer Foundation Group gekauft. Die Renovation dauerte bis 2022, dazu kommen laufende Erweiterungsarbeiten mit Konzertsaal, Foyer und Forschungszentrum. Bisher wurden bis zu 80 Millionen Franken investiert. Im «Das Morgen» stehen 54 individuelle Gästezimmer mit insgesamt 140 Betten bereit. [GALLERY 3]

Helle, luftige Textilien erinnern an ein Yoga-Retreat. Kopf und Körper erholen sich. Animiert werden die Neuronen auch durch ein Glas Quellwasser, das auf Knopfdruck aus dem Steinbrunnen in jedem Zimmer sprudelt. Ein Morgenritual lädt ein, vor dem Frühstück Wasser zu trinken. Das aktiviere den Vagus-Nerv, erfährt der aufmerksame Gast. «Wir möchten den Aufenthalt unsere Gäste mit niederschwelligen Neuro-Inputs bereichern. Die Interessierten freuen sich darüber», erklärt Gastgeber Silvan Sutter. Der gebürtige Ostschweizer meint aber: «Leider nehmen nur etwa zehn Prozent der Gäste diese Inputs wahr.»   

Mit Konzerten und Events zum Ganzjahresbetrieb
Im ersten Betriebsjahr zählte «Das Morgen» 20 Prozent Seminar- und 80 Prozent Individualgäste aus der Schweiz und Europa, darunter viele Longstay- Gäste. Sie begleiten Angehörige, die sich im Partnerhotel Vitznau in die Reha begeben.

Im Konzertsaal und im Multimediaraum sollen 50 Veranstaltungen pro Jahr stattfinden.
Urs Langenegger, General Manager Hospitality Visions Lake Lucerne AG

Um die Bedürfnisse der Gäste in diesem unerwartet gut laufenden Segment zu bedienen, werden einige Zimmer mit Kitchenette ergänzt. Mit der bisherigen Auslastung ist Silvan Sutter zufrieden: «In den Sommermonaten lag die Auslastung der Zimmer wegen des guten Wetters zwischen 85 und 93 Prozent, übers ganze Jahr betrachtet bei 50 Prozent.» [GALLERY 4]

Visitenkarte

Hotelname: Das Morgen

Adresse: Seestrasse 75, 6354 Vitznau

Klassifikation: Klassiert als Swiss Lodge durch HotellerieSuisse

Baujahr: Als Aparthotel in den 1970er-Jahren erbaut, 2018 von der Pühringer Foundation Group erworben. Wiedereröffnung 2022 als Neuro Campus Hotel «Das Morgen». Die Gesamtkosten für Kauf, Renovation und Bau inklusive Konzertsaal und Foyer liegen bei 80 Millionen Franken.

Anzahl Zimmer: 54 Zimmer nach den Plänen von Architekt Paul Zimmermann & Partner in Vitznau. Die 140 Betten verteilen sich auf drei Etagen in den Kategorien Steady Space, Twin Steady Space, Studio Space, Crew Space für vier bis sechs Personen und Apartment Space.

Zimmerkosten: 200 bis 440 Franken

Auslastung: Im ersten Betriebsjahr lag die Auslastung in der Hauptreisezeit Juni bis August bei 85 bis 93 Prozent, im Jahresmittel bei 50 Prozent.

Besitzer: Die Pühringer Foundation Group von Investor Peter Pühringer. Zur Gruppe gehören auch das Park Hotel Vitznau und das Campus Hotel Hertenstein sowie die Rehaklinik Cereneo am Vierwaldstättersee.

Betriebsgesellschaft: Die Hospitality Visions Lake Lucerne AG führt alle Pühringer-Hotels in der Schweiz. General Manager ist Urs Langenegger. Gastgeber im «Das Morgen» ist Silvan Sutter.

Veranstaltungsräume: Kammermusiksaal mit 278 Plätzen, Hightech-Multimediaraum mit 20 Beamern, acht weitere Seminarräume mit 30 bis 80 Quadratmetern Fläche sowie Co-Working-Spaces und drei Schulungsküchen
dasmorgen.ch

Um das Wachstum voranzutreiben, will «Das Morgen» den Ganzjahresbetrieb ausbauen. Dazu verhelfen sollen die im Februar eröffneten Eventräume, allen voran der prunkvolle Konzertsaal für Kammermusik. Wertvoll wie ein Kristall liegt er als Klanguniversum achtzehn Meter tief im Boden. Die Wände schimmern golden. Sie sind mit Messingblättern im Schlagmetallverfahren bezogen.

Darüber hängt der nächtliche Vitznauer Sternenhimmel in jener Konstellation, wie sie am 1. August zu sehen ist. Der imposanten Architektur übergeordnet ist die Akustik, erarbeitet durch die holländische Firma Peutz BV.

Der Saal hat den Anspruch, der beste für Kammermusik zu sein. Je nach Orchesterbesetzung werden Wand-Paneele geöffnet oder geschlossen, um auf die Akustik Einfluss zu nehmen. Bereits wenige Monate nach dessen Eröffnung bestehen Partnerschaften mit dem Swiss Alps Classics, den Rigi Musiktagen und dem Stradivari-Fest Gersau. «Mittelfristig sollen 50 Veranstaltungen pro Jahr im Konzertsaal und im Multimediaraum stattfinden», so Urs Langenegger.  

In 40 Minuten vom Konzert- zum Festsaal
Der Saalboden des Konzertsaals kann automatisch auf Bühnenhöhe gebracht werden. Die Textilsitze sind mit Rollen ausgestattet und können dadurch einfach ins Lager geschoben werden. Im Gegenzug werden bereits gedeckte runde Tische in den Saal gestossen. In nur 40 Minuten wird so ein Festsaal für ein Galadinner mit 120 Personen. Die Gäste geniessen in der Zwischenzeit ein Apéro im Foyer.

Langenegger setzt grosse Hoffnungen ins Foyer. Durch dessen Grösse von 270 Quadratmetern und zwei Galerien sowie modernste Technik sind viele Nutzungsarten möglich: von der Produktpräsentation bis zum Teambuilding-Anlass. Mit 20 Beamern wird beispielsweise die Landschaft des Vierwaldstättersees auf den Boden und die Wände projiziert. Wandert man über den See, entstehen Wellen, der Wind rauscht, und das Geschrei der Möwen lässt einen glauben, direkt am Ufer des Sees zu weilen.

Ein Champagnerproduzent sei von der interaktiven Karte begeistert, berichtet Gastgeber Silvan Sutter. Er möchte in Vitznau seine Produktpräsentation durchführen und dafür eine begehbare Landschaft seines Rebbergs produzieren lassen, die Vitznau-Crew unterstützt ihn dabei – Forschung und Entwicklung in allen Bereichen.


Fachbeitrag von Markus Arnold

Die Grenzen der Robotik austesten und daraus lernen

Das Hotel «Das Morgen» ist sozusagen die Versuchs-, Test- und Präsentationsumgebung des Neuro Culinary Center, immer darauf bedacht, Innovationen zu fördern, welche Mehrwert für Gäste und Betreiber schaffen. Dabei sind Digitalisierung und Automatisierung ein Schlüssel für viele Optimierungen. Die Innovationen und Weiterentwicklungen sollen für den Gast erlebbar sein. Das ist sehr spannend für die Gäste, da sie hautnah erfahren, mit welchen Innovationen sich das Center beschäftigt und in welche Richtung sich Gastronomie und Hotellerie weiterentwickeln.

Robotik im Hotel «Das Morgen» testen
Eines der laufenden Projekte ist die Einführung von Robotik in der Gastronomie als Prozessoptimierung zur Unterstützung des Personals beim Service und beim Abräumen. Das Projekt heisst Open Shuttles und zeigt die Fortschritte der automatisierten Transporte in verschiedenen Umgebungen. Während solche in Lager- und Umschlagplätzen bereits Anwendung finden, sind die Interaktion und die Unterstützung im Bereich von Gästen und Mitarbeitenden noch kaum sichtbar. Die Open Shuttles machen diese Fortschritte erlebbar und zeigen auf, wie sie die Servicemitarbeitenden unterstützen und das Gästeerlebnis um eine Komponente erweitern können.

Komplexe und repetitive Aufgaben
Diese autonomen Roboter übernehmen einfache Transporte und führen komplexere Aufgaben aus. Beispielsweise laden sie Tabletts auf die Tische und räumen sie dann auch wieder ab. Repetitive Aufgaben werden also von den beiden Robotern ausgeführt. Da auch die Bestellungen digital erfolgen, bleibt den Servicemitarbeitenden wieder mehr Zeit für den persönlichen Gästekontakt.

Die beiden Roboter, die im Hotel eingesetzt werden, sollen als neue Teammitglieder angesehen werden. Kinder der 1. und 2. Klasse von Vitznau tauften sie bei einem Besuch im Hotel auf die Namen Vitzi und Telli. Vitzi, nach der Ortschaft Vitznau benannt, sei der erste Roboter des Ortes. Telli hingegen sei der verlässlichste Tellerbringer vom Dienst. Er sei allzeit bereit, die Gäste auf eine futuristische Weise zu bedienen, begründeten die Schulkinder bei der Bekanntgabe der Namen.

Herausforderungen bei der Umsetzung
Als Pionier und Innovator setzt sich das Neuro Culinary Center mit Neuem auseinander. Darunter fallen Abläufe, die es für die Gastronomie so noch nicht gab. Manchmal waren sie einfach auch noch nicht ausgereift. Die Entwicklung und die Umsetzung setzen viel Vorstellungsvermögen, Flexibilität und Durchhaltewillen voraus. Bevor die Digitalisierung und die Robotik im Projektverlauf überhaupt zum Einsatz kommen, müssen die zukünftig gewünschten Abläufe theoretisch und praktisch durchdacht werden. Es ist oft nicht einfach, von Anfang an in der finalen Lösung zu denken. Die Technologie funktioniert bei verschiedenen Szenarien unkorrekt und nicht zuverlässig. Das braucht Geduld und Durchhaltever­mögen.

Erkenntnisse aus dem noch laufenden Projekt
Die zwei Roboter Vitzi und Telli von Open Shuttles sind richtige Eyecatcher. Für viele Gäste ist es ein neues Erlebnis, von Robotern bedient zu werden. Viele bekunden grosses Interesse, daraus entstehen interessante Gespräche rund um die Robotik, mit vielfältigen Anregungen für die Gastronomie der Zukunft. Nur wer etwas wagt und mit den Gästen in intensivem Austausch steht, bekommt ein Gespür für die künftigen Bedürfnisse der Gäste. Das Neuro Culinary Center sammelt diese Erkenntnisse und lässt sie in die Entwicklung der Roboter einfliessen.

Gerade zu Beginn – bis die Prozesse wie gewünscht und stabil laufen –, sind Anpassungen und Optimierungen meist nur begrenzt spürbar. Die Einführung eines Roboters bedeutet für das Gastroteam also recht viel Mehraufwand. Man muss sich an das neue «Teammitglied» und dessen Möglichkeit für Unterstützung und Funktionalität erst gewöhnen.Durch die Einsätze im Daily Business gewinnt das Neuro Culinary Center viele Erkenntnisse in Bezug auf den sinnvollen und nutzbringenden Einsatz von Robotik in der Gastronomie: In welchen Abläufen oder Bereichen schaffen die Open Shuttles einen Mehrwert? Wo nicht? Das ist wichtig für die zukünftigen Projekte in unseren weiteren Hotel- und Gastronomiebetrieben.

Gut durch den Change-Prozess pilotieren
Die Digitalisierung und Automatisierung muss gut pilotiert sein. Dabei betreten einige Mitarbeitende Neuland und vielleicht auch «Glatteis», denn es braucht ein Umdenken, um die bekannten, verinnerlichten und bewährten Abläufe zu hinterfragen und anzupassen. Wenn die Mitarbeitenden in den ganzen Projektverlauf eingebunden sind, kommt es zu Akzeptanz und Freude, auf die Veränderungen einzugehen.


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Drei-Sterne-Zimmer und ein lebendiges Forschungslabor

Die Hotelfachschule Thun ist bekannt für Innovation, Fortschritt und Vision. Das The Lab Hotel auf dem Campus ist für die Studierenden eine Innovationsplattform und ein Lernort und bietet Gästen Service und Erholung. Neben neuen Hotelzimmern, Serviced Apartments und Work Spaces bilden die sogenannten Lab Rooms das Herzstück vom The Lab Hotel und ist die Schnittstellen zwischen Hotellerie, Branche und Bildung. Studierende erhalten somit nebst Unterricht und Praktika einen dritten Lernort, wo sie das im Unterricht Erlernte direkt in der Praxis anwenden und eigene Konzepte umsetzen können. Trends, neue Technologien und Ideen aus Hotellerie und Gastronomie werden mit Branchenpartnern ausprobiert. Das Konzept des The Lab Hotel der Hotelfachschule Thun ist im DACH-Raum einzigartig.

thelabhotel.ch

Hier wird am Hotel der Zukunft geforscht

Wie sieht das Hotel der Zukunft aus? Dieser Frage gehen Wissenschaftler am deutschen Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) im Rahmen des Innovationsnetzwerks «FutureHotel» gemeinsam mit Partnern aus der Hotelbranche nach. Die Verbundpartner erforschen zentrale Fragestellungen und entwerfen Konzepte und Lösungen für das Hotel der Zukunft. Der Showcase «FutureHotel» in Duisburg bietet die einzigartige Möglichkeit, theoretische Forschung mit einem realen Testfeld zu verbinden. Kinowerbung in der Hotellobby mit hinterlegtem QR-Code für die Kartenbestellung, ein Panoramafenster, dass sich zu einem Touchdisplay umfunktionieren lässt, oder ein schwingendes Bett, das die Gäste in den Schlaf wiegt – diese und andere Innovationen werden im «FutureHotel» erprobt und evaluiert. 

futurehotel.de

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Der amerikanische Zukunftsforscher James Canton hat bereits 2017 in Zusammenarbeit mit dem Portal Hotels.com mögliche Szenarien für die Hotellerie im Jahr 2060 entwickelt. So stehen in nicht allzuferner Zukunft in Hotelzimmern 3D-Drucker bereit, damit sich die Gäste sowohl Kleidung als auch Hygieneartikel selbst herstellen können. Einschlafprobleme gibt es 2060 nicht mehr. Die Hotelbetten der Zukunft das Träumen in eine bestimmte Richtung lenken. Dank Neurotechnologie kann der Gast seine Träume bestellen. Man stellt vor dem Schlafengehen einfach das gewünschte Programm ein – von Relaxen bis Action - und geht zu Bett. Am Folgetag erhält man dank DNA-Analyse die richtige Spa-Anwendung, bevor man sich empfiehlt dir die richtige Spa-Anwendung. Bezahlt wird per Fingerabdruck.

globalfuturist.com