Die Digitalisierung war noch nie so nötig wie jetzt, gleichzeitig fehlt jenen, welche von der aktuellen Krise am stärksten betroffen sind, das Geld zum Investieren. Ein Dilemma, welches nach einer Lösung ruft. Dies und weitere Herausforderungen rund um die Digitalisierung wurden Anfang November auf Einladung der htr hotel revue am Roundtable-Gespräch «Digitalisierung» diskutiert. Passend zum Thema der sechsköpfigen Gesprächsrunde, bestehend aus Hotelmanagern und Digitalisierungsexperten, fand der Austausch – Corona-bedingt – online statt.

Mit dem htr-Tischgespräch bietet die htr hotel revue Lieferanten, Hotelièren, Hoteliers und weiteren Vertretern der Branche die Möglichkeit, relevante Themen gemeinsam zu diskutieren und zu vertiefen. Die htr hotel revue lädt dafür regelmässig zur Diskussionsrunde nach Bern. Das hier publizierte htr-Tischgespräch erfolgte jedoch – Corona-bedingt – digital. Passend zum Thema «Digitalisierung».
htr.ch/dossiers-studien.html

Die Digitalisierung helfe in der aktuellen Situation enorm, betonte Anke Lock, Direktorin «The Cambrian», Adelboden. «70 bis 80 Prozent des Hotelbetriebs werden aktuell digital organisiert.» Die Hotelière wünscht sich in der aktuellen Krisensituation jedoch mehr Unterstützung und Entgegenkommen seitens der digitalen Partner. Wie punkto Kosten: Michael Böhler, Group General Manager der Meili Hotels, setzt auf cloudbasierte Systeme, bei denen die Kosten monatlich anfallen. «Gegenwärtig kann man nicht in Produkte mit zehnjähriger Abschreibung investieren.» Gleichzeitig benötige man krisenfeste Partner, junge Start-ups mit cloudbasierten Produkten böten nicht unbedingt diese Sicherheit. Digitalisierungsfirmen reagieren auf den Liquiditätsengpass in der Hotellerie. Die Mirus Software AG bietet ausschliesslich webbasierte Lösungen an. In Zukunft werden zudem neue Pricing-Modelle ein Thema sein. Stichwort: «Pay what you get.» Geschäftsführer Fabian Fingerhuth: «Es wird nur noch das verrechnet, was auch gebraucht wird.» Solche umsatz- oder cashflowabhängigen Softwarelösungen bergen für die IT-Industrie mehr Risiko. «Die unternehmerische Unsicherheit steigt.»

Bei der Rebag Data AG offeriert man bereits seit 2012 cloudbasierte Software, fast jeder dritte Kunde nutze das, meinte Geschäftsführer Sandro Berger. Berger stellt fest, dass bis anhin für digitale Investitionen in der Hotellerie wenig budgetiert wurde. Das könne sich jetzt ändern, wenn digitale Neuerungen auch für den Gast sichtbar würden, etwa Online-Check-in oder virtuelle Erlebnisse. Michael Böhler forderte jedoch, erst mal bestehende Systeme praxistauglich zu implementieren.

Der Hotelmanager griff damit einen Einwand von Anke Lock auf, welche die Problematik der vielen Schnittstellen ansprach: «Jeder Lieferant will sein Produkt verkaufen. Eine übergeordnete Implementierung der Systeme fehlt, damit wird der Hotelier alleine gelassen. Die Digitalisierung scheitert auf der operativen Ebene.» So sei der Streaming-Dienst Netflix auf Apple-TV nicht einfach nutzbar.

Remo Tschanz, CEO der Baeriswyl Tschanz & Partner AG und Gründer der Contact-Tracing-Lösung get-entry.ch, verglich die Problematik mit dem Bau eines Hauses ohne Architekt: «Als Beratungspartner verstehen wir uns als ‹Architekt› oder ‹Bauleiter› und unterstützen Kunden in Transformationsvorhaben.» Man konkretisiere mit dem Hotelier das Was, damit der Lieferant danach wisse, wie das Wie zu erfolgen habe. «Wir sind keine Experten in diesem Bereich und haben anderes zu tun», stellte Böhler klar. Es brauchte ein übergeordnetes Dashboard für all die Tools. Ein Beispiel, wie Zusammenarbeit funktionieren kann, ist das Roboterprojekt – «ein Kooperationsprodukt von Hotellerie, Lieferant und Wissenschaft», verdeutlichte Jean Christophe Gostanian, CEO Avatarion Technology AG. Ein zukunftsweisendes Projekt, nicht nur technisch.


Die Teilnehmenden

Remo Tschanz ist CEO der Baeriswyl Tschanz & Partner AG, die mit ihren 40 Mitarbeitenden Strategien und Konzepte entwickelt und Analysen in den Bereichen Informatik, Telekommunikation und Organisation durchführt. Im Zentrum stehen Projekte der digitalen Transformation. [IMG 2]
btpag.ch


Michael Böhler ist seit 2020 Group General Manager der Meili Hotels. Dazu gehören die vier 3-Sterne-Hotels Seehof, Rössli und Felix, Zürich, Hotel Sport in Klosters sowie die drei 4-Sterne-Hotels Opera und Ambassador, Zürich, und Piz Buin, Klosters. «Piz Buin» und «Felix» wurden komplett renoviert. [IMG 3]
meili-unternehmungen.ch


Anke Lock ist seit acht Jahren Hoteldirektorin und VR-Mitglied des The Cambrian Adelboden Hotel & Spa und seit drei Jahren VR-Mitglied der Bergbahnen Adelboden AG. Das 4-Sterne-Superior-Hotel The Cambrian verfügt über 71 Zimmer, einen Infinity-Pool, Wellness und diverse Seminarräume. [IMG 4]
thecambrianadelboden.com


Fabian Fingerhuth, Geschäftsführer Mirus Software AG, absolvierte die Hotelfachschule Lausanne, hat langjährige Erfahrung als Hotelier und einen Master in Corporate Finance. Mirus ist Schweizer Marktleader für Backoffice-Software im Gastgewerbe und organisiert in über 3500 Betrieben HR und Finanzwesen. [IMG 5]
mirus.ch


Sandro Berger ist seit 2013 bei der Rebag Data AG für Verkauf und Marketing tätig und hat 2018 die Geschäftsführung übernommen. Mit der Protel-Hotelsoftware in der Cloud sowie auf dem hoteleigenen Server bietet Rebag Data eine Lösung für Frontoffice und Reservation und mit Code2Order für die digitale Gästereise an. [IMG 6]
rebag.ch


Jean Christophe Gostanian ist CEO der Avatarion Technology AG. Die Firma entwickelt Applikationen für humanoide Roboter und mobile Geräte und stellt die komplette Infrastruktur für ein Arbeiten mit Robotern zur Verfügung. Branchen: Gesundheitswesen, Hotellerie, Bildung, Shows und Events. [IMG 7]
avatarion.ch


Humanoide Roboter im Hotel: Smarte Gästebetreuer, die entlasten
Seit rund einem Jahr sind die ersten humanoiden Roboter in der Schweizer Hotellerie im Einsatz. Das Projekt wird in der Startphase von der Fachhochschule Graubünden begleitet und analysiert. Die beiden angewendeten Robotertypen – Pepper und Cruzr – können sowohl verbal wie auch visuell Informationen ausgeben. Dies ermöglicht vielfältige Einsatzmöglichkeiten in der Gästebetreuung: beim Check-in/out, für die Informationsvermittlung, sei es zur Region, zum Hotel oder zum öffentlichen Verkehr, für die Tischreservationen im Hotel. Zudem kann ein humanoider Roboter die Gäste mit Spielen und Tänzen unterhalten, zum Beispiel während «Stosszeiten». Ab Anfang 2021 werden die Roboter zudem zur Videotelefonie fähig sein, sodass sie auch als Nachtportier eingesetzt werden können.
Die beiden Robotertypen eignen sich für unterschiedliche Betriebsarten: Pepper ist prädestiniert für kleinere, familiäre Hotels, da er ein ansprechendes Erscheinungsbild aufweist. In der Schweiz kommt er bis anhin im Hotel Opera in Zürich zum Einsatz. Cruzr ist eher der kühle, funktionale «Typ», der aufgrund seiner hochstehenden Navigationshardware vor allem in grösseren Hotels die Möglichkeit bietet, die Gäste im Gebäude zu begleiten – vorzugsweise auf der gleichen Etage. Cruzr testet man in der Schweiz im Welcome Hotel Allegra in Kloten, das im Erdgeschoss über einen grosszügigen und weitläufigen Grundriss mit Réception, Restaurant und Sitzungszimmern verfügt. Cruzr kann darüber hinaus ganz individuell designt werden.
Die Kosten für die verschiedenen Roboterlösungen und Einblicke in die Pilotprojekte sind über den unten stehenden Weblink zu finden. Die My-Hotel-Robot-Lösung beinhaltet sowohl Hard- als auch Software sowie den Support und wird monatlich verrechnet. Die Einbindung verschiedenster Schnittstellen ist möglich.
myhotelrobot.ch