Können menschenähnliche Roboter Gästen ein besseres Erlebnis bieten, das Personal entlasten und dem Hotel Zusatzverkäufe bringen? Das habe er vor vier Jahren herausfinden wollen, sagt der Zürcher Hotelier Michael Böhler. «Mich hat interessiert, was man mit sozialen, menschenähnlichen Robotern machen kann.»
Böhler ist CEO der Meili Group, zu welcher das Opera Hotel im Zürcher Seefeld-Quartier gehört. Seit Herbst 2019 steht in der Hotellobby «Pepper», ein sozialer Roboter. Das heisst, Gäste können mit ihm kommunizieren.
Da und dort sind in Schweizer Hotels bereits sogenannte funktionale Roboter im Einsatz. Diese bringen beispielsweise dem Gast das Frühstück an den Tisch oder Getränke aufs Zimmer (siehe Text unten).
Seco fördert Innovation und Wissensaufbau
Böhler wurde im Vorfeld rasch klar, dass ein solcher Pilotversuch aus Kostengründen von einem einzelnen Hotel nicht zu tragen wäre – insbesondere wenn es darum ginge, aus Fehlern zu lernen.
Über einen Kontakt zur Fachhochschule Graubünden erfuhr Böhler, dass das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco im Rahmen des Förderprogramms «Innotour» Innovation, Kooperation und Wissensaufbau im Tourismus finanziell unterstützt.
In Zusammenarbeit mit HotellerieSuisse kam so der Pilotversuch zustande. Die FH Graubünden analysierte, welche Möglichkeiten und Chancen Roboter in der Hotellerie bieten. Hier geht es zur Studie. Nebst «Pepper» kam im Rahmen der Studie auch der Roboter «Cruzr» zum Einsatz, dies im flughafennahen Hotel Allegra Lodge in Kloten.
Inzwischen liegen die Ergebnisse des Feldversuchs vor. «Über den Roboter Zusatzverkäufe zu generieren, hat nicht funktioniert», bedauert Böhler. Einen Ausflug, auf den Titlis oder die Jungfrau würden Gäste nach wie vor lieber an der Réception – oder übers eigene Handy – buchen.
Gäste bestellen via Roboter Taxi und kontaktieren Portier
Auch das Check-in mit «Pepper» habe nicht so richtig geklappt. Immerhin: Wenn die Gäste «Bitte bestelle mir ein Taxi» sagen, fährt dieses in Kürze vor. Und in der Nacht können Gäste via den Roboter über eine Videoschaltung mit dem Nachtportier in Verbindung treten, wenn dieser vielleicht gerade im Hotel unterwegs ist. Beide Funktionen würden von den Gästen genutzt. Auch informierten sich Gäste über Abfahrtszeiten des Trams oder unverbindlich über touristische Angebote.
Dass beim derzeitigen Stand der Robotik der Einsatz von sozialen Robotern in Hotels an Grenzen stösst, bestätigt Jan Mosedale von der FH Graubünden, der die Studie geleitet hat. «Im Endeffekt nutzen Gäste Roboter hauptsächlich für die Informationssuche und zur Unterhaltung.»
Keine Entlastung fürs Personal
Die Erwartung, dass Roboter das Personal entlasten könnten, sei «so nicht eingetroffen». Allerdings habe sich gezeigt, dass Gäste und Mitarbeitende über den Roboter vermehrt miteinander in Kontakt kommen.
Durch den Feldversuch wurde zudem klar, welches die Tücken der Technologie sind. Beispielsweise brauchen die Roboter eine gewisse Zeit, um auf Gesprochenes zu reagieren. «Sie beantworteten eine erste Frage manchmal erst, nachdem Gäste bereits eine weitere Frage gestellt hatten», sagt Mosedale. Das Potenzial sieht er derzeit im Marketing: Mit einem sprechenden humanoiden Roboter könnten sich Hotels als digitaler, moderner Betrieb positionieren. Laut Studie hätten insbesondere Kinder und Jugendliche eingehend mit den Robotern interagiert. «Die Ferienhotellerie, die sich auf Familien mit Kindern spezialisiert, könnte definitiv von so einem Roboter profitieren», heisst es in der Studie der FH Graubünden. Mosedale ist überzeugt, dass Roboter, insbesondere funktionale, in der Hotellerie eine Zukunft haben.
Für Michael Böhler vom Opera Hotel ist jetzt schon klar, dass «Pepper» diverse Funktionen bietet, welche die Leasingkosten zwischen 2500 bis 3000 Franken pro Monat rechtfertigen. Die Nachtportierfunktion bringe einen Mehrwert, die Kooperation mit dem Taxidienst einen Cashback. Und mit «Pepper» verbessere sich das Gästeerlebnis. «Diesen Mitarbeiter entlassen wir nicht», sagt Michael Böhler.
Funktionale Roboter: «Jeeves» ersetzt Minibar, «Vitzi» und «Telli» servieren
Das Radisson Blu Hotel Zurich Airport hat 2021 den Roboter «Jeeves» in Betrieb genommen. Jeeves bringt den Gästen Zahnbürsten, Drinks und Snacks aufs Zimmer. Er lädt an der Ladestation in der Lobby auf und kann über WLAN mit dem Lift kommunizieren, um selbstständig auf die Etage zu gelangen. Nach Angaben der Radisson Blu Hotel Group bringt der funktionale Roboter insbesondere zu Randzeiten einen klaren Effizienzgewinn. In mehreren Hotels der Kette im DACH-Raum sei «Jeeves» im Einsatz. Dieser sei bei Freizeitreisenden wesentlich beliebter als bei Business-Gästen. Die Maschine laufe technisch einwandfrei, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit.
Auch im 2022 eröffneten Neuro Campus Hotel in Vitznau sind zwei Roboter im Einsatz. «Vitzi» und «Telli» sind fahrzeugähnlich und bringen Gästen auf einem Tablett Essen und Trinken an den Tisch. Laut Geschäftsführer Markus Arnold sollen die Roboter nicht das Personal ersetzen, sondern es von repetitiven Arbeiten wie Geschirrwegräumen entlasten. Das Personal bleibe stets im Gastraum und konzentriere sich auf die Gastgeberrolle. Die Roboter seien zunächst für die Industrie entwickelt worden. Sicherheitsfragen habe man mit der Suva abgeklärt. Diese habe einen roten Knopf an den Tischen verlangt, mit denen man die Roboter notfalls stoppen könne. Laut Arnold wurde das Tempo der Roboter auf die räumlichen Gegebenheiten und die Personenfrequenz angepasst – die Sicherheit der Gäste stehe an oberster Stelle. ua