Der berühmte «erste Eindruck» beinhaltet viel mehr als nur den optischen Anblick. Wir fühlen die Temperatur, wir spüren die Haptik unterschiedlicher Beschaffenheiten, wir riechen den Duft der Umgebung und hören die Geräuschkulisse. An neuen Orten sind unsere Sinne doppelt geschärft, wir müssen uns orientieren und absichern können. Vieles läuft dabei im Unterbewusstsein ab.

Die Akustik in Hotels und Restaurants ist noch wenig erforscht. Qualitätsanforderungen (Dezibel-Werte) und Standards (Ruhezeiten) müssen eingehalten werden. Unterschiedliche Zonen sollen zweckgebunden funktionieren. Entsprechend haben sie eigene Anforderungen an die Akustik und das Sound Design. Vier gängige Ansprüche an Hotelgebäude können ausgemacht werden:

  1. Schutz vor Aussenlärm – wird nach Lage und Lärmsituation festgelegt
  2. Baulicher Schallschutz zwischen den Räumen – Unterscheidung zwischen Ruhebedarf oder Geräuscherzeugung
  3. Technischer Schallschutz vor Geräuschen haustechnischer Anlagen und Installationen aller Art
  4. Raumakustik für Ruhe und Sprachverständlichkeit in Räumen – abhängig von Nutzen und Grösse

Unser Gehör nimmt nicht nur Töne wahr, sondern vermittelt unserem Gehirn über den Klang auch Angaben zum räumlichen Vorstellungsvermögen. Die Akustik muss in den Gestaltungsprozess und die Materialauswahl miteinbezogen werden.

Akustik – Element mit grosser Wirkung
In der heutigen Architektur geht es vor allem darum, Schall zu vermeiden. Anders als bei einer genau abgestimmten, satt-bassig schliessenden Tür eines Oberklassewagens ist Sound Design in der Architektur grundsätzlich kein Qualitätsmerkmal. Klang und Geräusche werden eher als Probleme wahrgenommen, die es zu vermeiden gilt. Der sogenannte Schall ist aber eigens ein Produkt des Raumes und verteilt sich natürlich und ungeplant in diesem. Für Innenarchitekten, die meist bestehende Räume umgestalten, ist diese Situation alltäglich. Menschen sollen sich in Räumen wohlfühlen, und wenn es um die Nutzung geht, spielt der Klang eine genauso entscheidende Rolle wie das Visuelle.

Die Forschung unterscheidet zwischen akustischer und auraler Architektur. Akustisch bedeutet, wie sich die physikalischen Eigenschaften einer Schallwelle durch den Raum verändern lassen. Aural widmet sich der Frage, wie ein Raum mit dem Gehör wahrgenommen wird. Der Klang kann Gefühle wie Heiterkeit, Erregung oder Harmonie hervorbringen. Bei der Planung sollte man also nicht nur auf die Raumakustik im klassischen Sinne Rücksicht nehmen, sondern die bewusste Steuerung der auralen Wahrnehmung miteinbeziehen.

Was sollen die Gäste spüren, welche Emotionen sollen in ihnen geweckt werden? Je nach Betriebskonzept und Zielgruppe werden bewusst Klänge, Geräusche oder Musikmixes eingesetzt. Bei 70 bis 80 BpM wird ein Wohlfühlambiente geschaffen, Gäste werden entschleunigt. Das unterstützt die Aufenthaltsdauer. Schnellimbisse oder Aktionsorte wiederum, wo Personen schnell kommen und gehen sollen, erhalten für ihr Ohr eine schnelle Taktfrequenz.

Bei einem Bau oder Umbau sollte die Akustik von Beginn weg mitgedacht werden.

Zwischen Lärm und Ruhe – das Wohlbefinden der Gäste
Die meisten Ferien- und Geschäftsreisenden wünschen sich bei einem Hotelaufenthalt in erster Linie Entspannung und Wohlbefinden. Dabei soll das Hotel aber auch zentral und urban gelegen sein, in einem Umfeld, wo Lärm durch Verkehr und Gastrobetriebe omnipräsent ist. Aus einer Sonderpublikation mit Gästebefragung von 2018 geht hervor, dass die Wichtigkeit der Akustik in einem Hotelzimmer auf dem dritten Platz rangiert, gleich hinter der Sauberkeit/Hygiene und der Luftqualität.

In seinen gebuchten vier Wänden ist der Gast anspruchsvoll. Primäre Störquelle ist der Verkehrslärm von aussen (bei geschlossenen Fenstern), danach kommen Gespräche, Türenschliessen in Fluren, Sanitärgeräusche in Nachbarzimmern, Heizungs- und Lüftungsgeräusche, gefolgt von Gehgeräuschen oder Trittschall in Fluren. Viele dieser Faktoren bedingen nicht nur das Interior Design, sondern auch die Bauphysik. Es ist wichtig, dass diese Komponenten zusammenspielen. Ein guter, schallbindender Vorhang bringt nichts, wenn die Fenster den Standards für Lärmschutz nicht entsprechen. Wenn schlecht isolierte Wände gebaut wurden, können Tapeten oder Akustik-Panels zwar den Lärmpegel dämpfen, aber fremde Geräusche nicht unterbinden.

Zwei Nächte bleibt ein Gast im Schnitt in einem Schweizer Hotel oder Kurbetrieb (gemäss Beherbergungsstatistik des BFS, 2021). Es bleibt also wenig Zeit für eine Akklimatisation oder Gewöhnung an die Umgebung. Das «ruhige Zimmer» steht dabei an oberster Stelle. Es soll den Aussenlärm genauso fernhalten wie die internen Hotelgeräusche von Sanitäranlagen, Schuhsohlen oder Personenstimmen. Ruhe allein macht aber noch keine gute Akustik aus. Haben Sie schon mal darauf geachtet, wie die Tür klingt, die ihr Hotelzimmer schliesst? Ein leises, dumpfes Einklinken ins Schloss vermittelt Qualität und dadurch Sicherheit.

Musik und Sounddesign – das positive Gästeerlebnis
Passende Musik in öffentlichen Bereichen kreiert eine einzigartige Atmosphäre und schafft gleichzeitig eine unbewusste Privatsphäre. Unser Ohr kann sich schlecht auf viele Sachen gleichzeitig konzentrieren. Ein Manko, das wir in der Akustik gekonnt nutzen können. Musik mit Gesang lenkt automatisch von umliegenden Gesprächen ab, weil das Ohr Stimmen und Texte wahrnimmt und sich dann darauf konzentriert. So kann beispielsweise an einer offenen Réception mehr Diskretion erfolgen. Aber auch in öffentlichen WC-Anlagen oder im engen Lift sorgt Musik für eine positive Ablenkung und für mehr Wohlgefühl. Man darf aber nicht vergessen: Die beste Musik nützt nichts, wenn nicht die richtige Soundinstallation vorhanden ist. Der Musikexperte Daniel Stoiber sagt: «Lieber keine Musik als technisch schlecht präsentierte Musik.» Bei einem Bau oder Umbau sollten die Akustik und die technischen Anforderungen von Beginn weg mitgedacht und geplant werden.

Bewusst gewählt, stärken Klänge auch die Identität eines Betriebes. Es ist erwiesen, dass mit der richtigen Musikkulisse die Gäste länger bleiben und entsprechend in einem Restaurant oder an der Bar mehr Geld ausgeben. Apropos Essen – in einer Studie im Auftrag der französischen Milchindustrie haben 100 Personen sieben Käsestücke zu sieben verschiedenen Musikrichtungen verkostet. Was alle nicht wussten: Der Käse war immer der gleiche. Trotzdem haben die Personen den Geschmack je nach gehörter Musik anders beurteilt. Resultat – Der gereifte Comté schmeckt am besten zu Hip-Hop-Beats.

Das Unterbewusstsein beeinflusst uns stärker, als uns bewusst ist. Wahrnehmungen und Reaktionen der Gäste müssen aber nicht dem Zufall überlassen werden. Erst wenn alle unsere Sinne positiv angesprochen werden, erzielen wir erfolgreiche, nachhaltige Erlebnisse und heben uns von der Konkurrenz ab.

Dieser Fachartikel ist in Zusammenarbeit mit Krucker Partner entstanden.

Klangkulisse für ein einzigartiges Gästeerlebnis
Nebst dem visuellen Eindruck spielt auch die auditive Wahrnehmung eine wichtige Rolle, wenn es um ein positives Gästeerlebnis geht. Die Architektur- und Innenarchitekturfirma Krucker Partner AG ist ein Trusted Supplier von HotellerieSuisse und konzipiert, plant und realisiert Neu- und Umbauprojekte im Hotel- und Gastronomiebereich. Dabei legt sie grossen Wert auf individuelles Storytelling und Gästeerlebnis.

Ivo Christow, Head of Design und Mitglied der Geschäftsleitung von Krucker Partner