Christophe Hans ist Leiter Public Affairs bei HotellerieSuisse
HotellerieSuisse feiert gemeinsam mit seinen Verbündeten aus dem Gewerbe und den Konsumentenverbänden einen grossen Erfolg: Der Verband hat 98 Prozent der Ziele erreicht, die er sich bei der Lancierung der Fair-Preis-Initiative gesetzt hatte. Letzte Woche hat das Parlament den indirekten Gegenvorschlag in Bezug auf das Kartellgesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb angenommen. Der Entscheid der eidgenössischen Räte ermöglicht es, die Initiative zurückzuziehen und eine Volksabstimmung, die für die Parteien und den Steuerzahler teuer geworden wäre, zu vermeiden. Der Bundesrat soll nun den Gesetzesentwurf so schnell wie möglich in Kraft setzen.
Die im Dezember 2017 mit fast 108 000 Unterschriften eingereichte Initiative und der vom Parlament geänderte Gegenvorschlag des Bundesrates räumen der Wettbewerbskommission mehr Kompetenzen ein. Sie hat nun ein wirkungsvolles Mittel im Kampf gegen überhöhte Preise, die Anbieter in einer relativen marktmächtigen Stellung ihren Kunden auferlegen. Ein Architekt berichtete mir, dass er in einem Gebäude einen österreichischen Pelletkessel, der zu einem wettbewerbsfähigen Preis erworben wurde, installiert hatte. Bei den Wartungsarbeiten verlangte der Hersteller jedoch zunehmend mehr für seine Leistungen und Ersatzteile. Da es sich hier um eine grosse Investition handelt, hatten die Eigentümer keine Möglichkeit, den Hersteller zu wechseln. In einem solchen Fall wird die Wettbewerbskommission die Möglichkeit haben, einzugreifen. Sie muss «lediglich» bestimmen, ob der Kunde tatsächlich von seinem Anbieter abhängig ist. Im Falle eines Missbrauchs wird der Anbieter seine Praktiken überarbeiten müssen.
Abgesehen von diesen technischen Belangen geht es um die Preispolitik. Die Weko wird nicht festlegen, welches der angemessene Preis ist. Das neue Gesetz hat allerdings eine präventive Wirkung, welche die Preise nach unten drücken wird. Die Anbieter werden es sich zweimal überlegen, bevor sie ihre Margen ohne Grund zu hoch ansetzen. Sie werden das Risiko vermeiden wollen, sich vor der Weko oder vor Gericht einer Klage stellen zu müssen, denn für das Image ist dies immer verheerend. Ausländische Hersteller, welche die Kaufkraft der Schweizer ausnutzen, werden ebenfalls auf der Hut sein müssen. Die grossen Kanzleien haben übrigens gleich nach Bekanntgabe der endgültigen Entscheidung ihre ausländischen Mandanten davon in Kenntnis gesetzt, um sie zu warnen...
Zudem hat das Parlament das Geoblocking-Verbot beschlossen: Es wird illegal sein, jemanden, der etwas auf einer ausländischen Website bestellen möchte, auf eine Schweizer Website umzuleiten. Die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten werden von niedrigeren Preisen und einer grösseren Produktpalette profitieren.[DOSSIER]
Das Verbot ist auch für KMU ein bedeutender Wendepunkt. Da diese in unregelmässigen Abständen kleine Mengen an Gütern benötigen, haben sie im Gegensatz zu Grossunternehmen nicht die Ressourcen, um direkt über andere, oft kostspielige und zeitaufwendige Kanäle einzukaufen. Die Corona-Krise hat dem Online-Handel einen wahren Geldsegen beschert. Und der Schweizer Einzelhandel hat nachgezogen, was seine Resilienz in der Zukunft erhöhen wird.
Die dank der Fair-Preis-Initiative vorgenommenen Gesetzesänderungen schaffen fairere Marktbedingungen für KMU und einen stärkeren Wettbewerb bei der Beschaffung von Gütern im digitalen Zeitalter. HotellerieSuisse hat sich zum ersten Mal seit der Einführung der Volksinitiative im Jahr 1893 selbst an der Lancierung einer solchen beteiligt und freut sich über den Erfolg!