Als die beiden Immobilienentwickler und Gastrounternehmer Leopold Weinberg und Adrian Hagenbach 2011 den Zuschlag für das Volkshaus Basel von der Stadt Basel erhielten, vereinbarten sie, in die Liegenschaft Hotelzimmer zu integrieren. Nun ist es so weit. Die Hotelzimmer sind fertiggestellt – in einer denkbar schwierigen und ungünstigen Zeit. Noch verstärkt durch die Tatsache, dass der Kanton Basel-Stadt die Schliessung von Restaurants und Bars bis zum 13. Dezember 2020 veranlasst hat. Sind doch die Brasserie und die Bar des Volkshaus Basel eine wichtige Komponente des Boutique-Hotel-Konzeptes.
Preview-Phase trotz Basler Mini-Lockdown
Im März 2021 wird das Boutique-Hotel – so Corona will – offiziell eröffnet. Bis dahin läuft eine Preview-Phase; während des Basler Mini-Lockdown in reduzierter Form. So sind an den Adventswochenenden im November und Dezember die Volkshaus-Classic-Zimmer und die Suiten ab 399 Franken pro Nacht und Zimmer buchbar, direkt übers Volkshaus per Mail oder Telefon. Die Online-Buchungskanäle bleiben vorerst geschlossen. Ab Januar gilt das Angebot voraussichtlich von Dienstag bis Samstag.
Das Preview-Angebot beinhaltet neben der Übernachtung ein 3-Gänge-Menü sowie ein Glas Vintage- oder Rosé-Champagner pro Person in der Brasserie sowie einen Frühstücks-Bag mit Croissant, Birchermüesli und Saft. Kaffee und Wasser gibt es auf jedem Stockwerk kostenfrei dazu.
«Wir sind Mitte dieser Woche mit der Preview-Phase gestartet, trotz des vergangenen Freitag verhängten Mini-Lockdown», sagt Martin Reinshagen, Geschäftsführer des Volkshaus Basel. «Damit wir unseren Hotelgästen trotzdem ein stimmiges Erlebnis bieten können, öffnen wir die Brasserie exklusiv für sie.»
Die Geschichte des Hauses ist in den Zimmern spürbar
Die Brasserie und die Bar sind auch zu «normalen» Zeiten Teil des Gesamtkonzepts, das von der historisch geprägten Idee der «Stadt in der Stadt» getragen wird. Aufs Hotel bezogen, fängt dieses Erlebnis bereits in der Lobby an, die als Ausstellungsraum konzipiert ist. Die Basler Galerie von Bartha präsentiert hier fünfmal pro Jahr unter dem Titel «Von Bartha Insight» ein Offsite-Konzept. Zurzeit ist der französische Bildhauer und Konzeptkünstler Bernar Venet mit einer Skulptur zu sehen. Im Gegensatz zur gegenüberliegenden Bar mit schwarz-grünen Wänden und weissem Mosaikboden ist das Farbkonzept der Lobby invers. Der Mosaikboden in Schwarz-Grün, die Wände und die Decke in Weiss.
In den individuell geschnittenen 45 Zimmern und Suiten, die in den oberen Stockwerken der Liegenschaft angesiedelt sind, ist «sinnvoller» Luxus angesagt: «Das Konzept der Zimmer setzt auf schlichte Gemütlichkeit und hochwertige Materialien, ganz dem Zeitgeist verpflichtet», sagt Martin Reinshagen.
Wie bereits 2012 bei der Renovation der Bar und der Brasserie haben Herzog & de Meuron die historische Substanz aufgearbeitet. Da mit Ausnahme der Fenster, die in allen Zimmern für viel Helligkeit sorgen, keine originale Substanz zum Vorschein kam, orientierten sich die Gestalter an den einfachen Personalzimmern des Volkshauses sowie an Zimmern von Grandhotels des frühen 20. Jahrhunderts. Als Referenz ist der Wandschrank von anno dazumal ein zentrales Gestaltungselement – so sind die Nasszellen diskret hinter schwarz gebeizten Eichenholztüren untergebracht – und der Waschtisch ist sichtbar positioniert.
Die grünen Tapeten, die Radierungen aus dem 17. Jahrhundert darstellen, schlagen den Bogen zu den Anfängen des Volkshauses. Den Bezug zur Neuzeit schaffen die exklusiv von Herzog & de Meuron entworfenen Lounge Chairs und die filigranen Steh- und Tischlampen. Allen Zimmern gemeinsam sind die grosszügige Raumaufteilung sowie das typische Farbkonzept in Grüntönen.
Die Nutzungsvielfalt ist zurück
Die Geschichte des Volkshaus Basel reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück. Die Nutzungen waren von Beginn weg vielfältig – ein Stück Stadt in der Stadt. Die heutige Nutzung mit Gastronomie war bereits Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt – mit einer Brauerei mit angeschlossener Gastwirtschaft, Bier- und Konzerthalle. 1905 übernahm die Stadt Basel das Areal. Da das Angebot an Veranstaltungsräumen nicht ausreichte, schrieb die Stadt 1919 einen Wettbewerb aus, welchen der Architekt Henri Baur gewann. 1925 erfolgte die Eröffnung des Neubaus. Er integrierte die bereits vorhandene Konzerthalle und umfasste weitere Säle verschiedener Grösse, Büro- und Sitzungsräume, Bibliothek, Restaurant und ein Hotel. In den 1970er-Jahren erfuhr das Haus eine vollständige Innenerneuerung, wodurch Charakter und Identität stark beeinträchtigt wurden. Zudem verlor das Volkshaus seine Nutzungsvielfalt – viele Räume wurden zu Büroräumlichkeiten umfunktioniert. 2011 vergab die Stadt Basel das Volkshaus im Baurecht an Leopold Weinberg und Adrian Hagenbach. In Zusammenarbeit mit Herzog & de Meuron stellten sie die architektonische Identität des Hauses wieder her. 2012 eröffneten die Brasserie und die Bar. Nun, acht Jahre nach deren Wiedereröffnung, ist auch das Boutique-Hotel mit 45 Zimmern und Suiten fertiggestellt und trägt zur Nutzungsvielfalt bei. [IMG 2]
Bernadette Bissig