Das Stimmvolk hatte einem neuen Abgabesystem im Jahr 2015 an der Urne zugestimmt. Der Bundesrat kündigte für das laufende Jahr eine Analyse des Tarifmodells an. Diese ist nun erfolgt. Die Regierung reagiert mit einem umfassenden Massnahmenpaket. Die Änderungen in der Radio- und Fernsehverordnung treten ab Anfang 2021 in Kraft.
Sie sieht vor, dass die Radio- und TV-Gebühr ab kommendem Jahr für Haushalte herabgesetzt wird - von heute 365 auf neu 335 Franken im Jahr. Das hatte die frühere Medienministerin Doris Leuthard bereits nach dem Ja zum Radio- und TV-Gesetz angekündigt. Konkret hatte der Bundesrat damals beschlossen, dass überschüssiges Geld zu einer Senkung der Abgabe führen müsse.
Mehr Einnahmen als geplant
Das ist nun der Fall. Die Gebühr wird für alle Schweizer Privathaushalte um 30 Franken gesenkt, wie der Bundesrat am Donnerstag mitteilte. Die Abgabe für Alters- und Pflegeheime sowie Studentenwohnheime beläuft sich neu auf 670 Franken statt 730 Franken. Personen, die Ergänzungsleistungen zur AHV oder IV erhalten, sind weiterhin von der Abgabe befreit.
Der Bundesrat kann die Tarife nach eigenen Angaben senken, weil die Zahl der abgabepflichtigen Haushalte stärker zugenommen hat als ursprünglich angenommen worden war. Zudem haben sich weniger Haushalte von der Abgabepflicht befreit. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) wird die Abgabetarife im Jahr 2022 erneut überprüfen.
Umstrittene Unternehmensabgabe
Auch die Medienabgabe für Unternehmen, die 170 Millionen Franken pro Jahr in den Gebührentopf spült, ist seit Inkraftsetzung der Verordnung Anfang 2019 ein Zankapfel. Das Gewerbe moniert, dass es durch die Abgabe, die sich nach dem Umsatz richtet, besonders stark belastet sei. Viele hätten zwar hohe Umsätze, aber nur tiefe Margen.
Zudem widerspricht das geltende Tarifsystem für Unternehmen laut dem Bundesverwaltungsgericht der Verfassung. Das Gericht legte dem Bundesrat Ende vergangenes Jahr nahe, das sechs Tarifstufen umfassende System zu differenzieren.
18 statt 6 Stufen
Das hat er nun getan. Die Tarifstruktur für die Unternehmensabgabe wird verfeinert. Statt bisher 6 hat der Bundesrat neu 18 Tarifstufen definiert. Alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 500'000 Franken bleiben weiterhin von der Abgabe ausgenommen.
Für rund 93 Prozent der Unternehmen wird die Abgaberechnung ab 2021 sinken. Insgesamt werden die Unternehmen um 53,3 Millionen Franken entlastet. Einzig die grossen Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als einer Milliarde Franken werden höher belastet.
Nicht in Stein gemeisselt
Weitere Änderungen sind nicht ausgeschlossen: Vor zwei Monaten entschied die zuständige Kommission des Nationalrats knapp, dass KMU bis 250 Mitarbeitenden von der Radio- und Fernsehabgabe befreit werden sollen. Über die parlamentarische Initiative von Fabio Regazzi (CVP/TI) muss als nächstes die Schwesterkommission befinden.
Erst im Dezember hatte der Ständerat es allerdings abgelehnt, Unternehmen ganz von der Radio- und Fernsehabgabe zu befreien. Er sprach sich gegen eine parlamentarische Initiative von Nationalrat Gregor Rutz (SVP/ZH) aus. Eine Mehrheit hielt einen neuerlichen Systemwechsel nicht für angezeigt. Ein solcher würde das Abgabesystem ins Ungleichgewicht bringen.
Mehr Geld für die SRG
Der Bundesrat hat zudem beschlossen, den Abgabeanteil der SRG um 50 Millionen Franken zu erhöhen. Dies ermöglicht ihr, die rückläufigen Werbeeinnahmen teilweise aufzufangen. Der Abgabeanteil der SRG liegt damit künftig bei 1,25 Milliarden Franken. Politiker von
Mitte- und Linksparteien forderten seit längerem eine Anhebung des Abgabenplafonds.
Die SRG schloss das Geschäftsjahr 2019 mit einem Verlust von 22,2 Millionen ab. Sinkende Werbeeinnahmen, Restrukuturierungskosten und die Plafonierung des Gebührenanteils auf 1,2 Milliarden Franken belasteten das Ergebnis. Das Sparprogramm wurde im Herbst erweitert.
Keystone-SDA soll stärker gefördert werden
Auch die nationale Nachrichtenagentur Keystone-SDA soll stärker unterstützt werden. Der Bundesbeitrag soll neu maximal 4 statt 2 Millionen Franken im Jahr betragen, verbunden mit einem klar definierten Leistungsauftrag. Das soll es laut dem Bundesrat ermöglichen, auf gravierende Marktentwicklungen zu reagieren.
Schliesslich sollen auch die lokalen und regionalen Radio- und Fernsehveranstalter ab kommendem Jahr eine leicht erhöhte Unterstützung erhalten. Zwar bleibt der Abgabeanteil bei 6 Prozent.
Aufgrund der leicht höheren Einnahmen stehen unter dem Strich aber ebenfalls mehr Mittel zur Verfügung.
Medienpaket erwartet
Die Massnahmen des Bundesrats haben nichts mit der Coronavirus-Pandemie zu tun. Die wirtschaftlichen Folgen der Krise werden die Situation für die Medien aber noch schwieriger machen. Zwar werden die Produkte so zahlreich konsumiert wie selten zuvor, jedoch können zunehmende Abonnements den Wegfall der Werbeeinnahmen nicht annähernd kompensieren.
Von branchenspezifischen Notmassnahmen hält der Bundesrat jedoch nichts. Solche seien «nicht das richtige Mittel», sagte Medienministerin Simonetta Sommaruga vergangene Woche vor den Bundeshausmedien. Der Bundesrat sei sich aber «sehr bewusst, dass die Medien in einer strukturellen Krise stecken und die Probleme zunehmen».
Er plant deshalb rasche Massnahmen zur Unterstützung von Onlinemedien und Zeitungen. Die Regierung will dem Parlament in den nächsten Wochen ein Massnahmenpaket unterbreiten. (sda)