Seit zwei Jahren hat das Frutigresort in Frutigen BE eine Fotovoltaikanlage, genauer: eine integrierte In-Dach-Anlage. «In Dach» heisst, sie gehört zur Dachhaut dazu. Somit produziert die Anlage nicht nur Strom, sie ist auch für den Schutz des Gebäudes und für die Dämmung zuständig. Der Hauptgrund für die Installation des integrierten Typs war die Optik, so Hotelbesitzer Beat Brügger. «Die Module haben eine dunkle Oberfläche ohne die typischen Silberstreifen. Man sieht also gar nicht, dass eine Fotovoltaikanlage eingebaut ist.»

Damit sich die Panels nicht zu sehr erhitzen und warme Luft entweichen kann, gibt es spezielle Aufsätze. Denn: Je kühler die Module sind, desto höher ihre Effizienz. Mit 125 000 Kilowattstunden im Jahr deckt die Fotovoltaik rund die Hälfte des Strombedarfs im Frutigresort ab. Das ist für Brügger aber nicht mehr genug: «Es ist zu befürchten, dass Strom aus dem öffentlichen Netz in den nächsten Jahren bis zu zehnmal teurer werden könnte als heute. Das wäre eine empfindliche Kostensteigerung.»

Um diese aufzufangen, wird die Fotovoltaik nun erweitert: Auf das Flachdach eines Nebengebäudes baut Brügger eine Anlage mit aufgeständerten Modulen. Er möchte sich unabhängiger von den Entwicklungen auf dem Strommarkt machen, dies ist aber nicht sofort möglich: «Wer sich jetzt für eine Anlage entscheidet, muss damit rechnen, dass sie erst in gut einem Jahr fertiggestellt ist.»

Bundesgelder für grünen Strom
Fördergelder vom Bund sind via Pronovo derzeit praktisch ohne Warteliste erhältlich. Neu ist, dass Fassadenanlagen besonders gefördert werden, da sie dank des hohen Winterstromanteils mehr für die Versorgungssicherheit der Schweiz bringen. Bei Anlagen mit einem Neigungswinkel von mindestens 75 Grad gibt es einen «Neigungswinkelbonus».  Pro Quadratmeter Dachfläche ist mit ungefähr 200 bis 400 Franken zu rechnen.
Pronovo ist die Zertifizierungsstelle für die Abwicklung der Förderprogramme für erneuerbare Energien des Bundes.
www.pronovo.ch

Investition lohnt sich mehr denn je
Auch beim Hotel Kartause Ittingen im Thurgau steht ein Ausbau der Fotovoltaik an. Seit 2013 gibt es eine 500 Quadratmeter grosse, integrierte Anlage. Sie erzeugt jährlich 120'000 Kilowattstunden Strom, was 10 Prozent des Bedarfs der gesamten Hotelanlage entspricht. Solarstrom ist sogar Teil der Kommunikation: Gäste können die Anlage bei einem Nachhaltigkeitsrundgang besichtigen. Auch Hoteldirektor Valentin Bot befürchtet beim Netzstrom Preiserhöhungen. «Daher überlegen wir uns, weitere Anlagen zu installieren.»

Damit liesse sich der Anteil selbst erzeugten Stroms erhöhen. Betriebswirtschaftlich lohne sich die Installation heute mehr als noch vor zehn Jahren, so Bot. Damals ist man von einer Amortisationszeit von 30 bis 40 Jahren ausgegangen. «Wenn wir heute in eine neue Fotovoltaikanlage investieren, können wir mit einer Amortisationszeit von 10 bis 20 Jahren rechnen.» Leider kommt nur ein Teil der Dachfläche für die Erweiterung infrage: Aus Denkmalschutzgründen lassen sich Solaranlagen nicht überall installieren.

Bei den Sorell Hotels ist es ähnlich. Die in letzter Zeit sanierten Hotels sind denkmalgeschützt oder liegen im Altstadtbereich, was den Bau von Solarstromanlagen erschwert. Daher wurde bei den Sanierungen bislang keine Fotovoltaik installiert. Die Genossenschaft ZFV-Unternehmungen prüft aber derzeit alle Liegenschaften auf ihr CO2-Einsparpotenzial. Da geht es auch um Strom aus erneuerbaren Energiequellen mit Fotovoltaik oder einer alternativen Technik.

«Der Schnee rutscht ab, sodass er die Stromproduktion nicht stört.»
Reto Fry, Umweltbeauftragter Weisse-Arena-Gruppe

Solarstrom trotz Schnee auf dem Dach
Ein Problem beim Solarstrom sind die niedrigen Erträge im Winter. Das Riders Hotel im bündnerischen Laax, das zur Weisse-Arena-Gruppe gehört, hat diese Schwachstelle zumindest teilweise behoben. Seit Frühling 2020 ist dort auf dem Flachdach eine 30-Kilowatt-Anlage installiert. Das Besondere: die Ausrichtung der Module. Diese sind mit rund 40 Zentimetern Abstand zum Flachdach senkrecht aufgestellt. Dadurch lässt sich auf beiden Seiten Strom produzieren – der Fachausdruck dafür heisst «bifazial».

Rundum nachhaltig
Im Jahr 2014 wurde das Hotel Säntispark in Abtwil SG um das Haus Säntis erweitert. Im Mittelpunkt stand dabei nachhaltiges Bauen. Dazu gehörten etwa der Minergie-Standard, LED-Beleuchtung und die Erdwärmenutzung. Zudem kam für die Stromproduktion eine 448 Quadrameter grosse Fotovoltaikanlage aufs Flachdach.
2011 liess die Foppa-Gruppe bei ihrem Hotel ABC in Chur die Heizzentrale erneuern. Auf das Dach kam eine 60 Quadratmeter grosse Solarthermieanlage für die Warmwasseraufbereitung und die Heizungsunterstützung. Die Erzeugung des Warmwassers erfolge mittels Schichtspeicher, erklärt Gastgeber Jago Leyssens. Es wird somit permanent Warmwasser produziert. Dies hat den Vorteil, dass keine Legionellen entstehen können. Die gesamte Anlage punktet zudem mit hoher Energieeffizienz.

Im Winter habe diese Ausrichtung einen grossen Vorteil, erklärt Reto Fry, Umweltbeauftragter Weisse-Arena-Gruppe: «Der Schnee rutscht an den vertikalen Modulen ab, sodass er die Stromproduktion nicht stört.» So produziert die Anlage an 365 Tagen im Jahr Strom, was bei herkömmlichen Anlagen in den Bergen nicht geht, weil diese oft monatelang mit Schnee bedeckt sind.

Bei der «Riders»-Anlage verstärkt der auf dem Dach liegende Schnee die Sonnenlichtreflektion zusätzlich – was den Ertrag nochmals steigert. Ein weiterer Vorteil: Die Produktionsspitzen sind mit der vertikalen Ausrichtung vormittags und nachmittags, was sehr gut zum Eigenverbrauchsprofil des Hotels passt.

Zudem scheint die Sonne in nebelfreien höheren Lagen im Winter häufiger. Dies ist eine günstige Voraussetzung für Berghotels wie das «Riders», das auf 1100 Metern liegt.

Das Pilotprojekt hat sich bewährt, so Fry. «Mit der vertikalen Anlage wird der Eigenbedarf ökonomisch optimiert, da wir den grössten Strombedarf im Winter haben.»

Einen Nachteil gibt es jedoch: Mit dem bifazialen System werden übers Jahr hinweg weniger Leistung und Ertrag erzielt als mit einer herkömmlichen Anlage der gleichen Fläche. Die Stromerträge sind im Winter wegen der kürzeren Tage auch immer noch gering. Die Lösung für eine gleichbleibende Winterstromversorgung vom eigenen Dach wäre laut Fry die Speicherung von Solarenergie.


NACHGEFRAGT

[IMG 2] Christof Bucher leitet das Fotovoltaiklabor der Berner Fachhochschule und führt an der Hochschule Luzern Weiterbildungsprogramme des CAS Fotovoltaik durch.

Christof Bucher, was muss ein Hotel bei Planung einer PV-Anlage beachten?
Sie ist dann günstig, wenn Synergien genutzt werden können – und ein Hotel den Bau der Anlage zum Beispiel mit einer Dachsanierung verbindet. Noch günstiger als die Dachsanierung mit draufgesetzter PV-Anlage kann eine integrierte In-Dach-Anlage sein, trotz höherer Systemkosten. Hotels sparen hier Geld für die Dachziegel, weil die Anlage Teil der Dachhaut ist.

Worauf kommt es bei der Dimensionierung an?
Ich empfehle, die Flächen möglichst gut auszunutzen. Hat ein Hotel mit zwei Gebäuden finanziell begrenzte Mittel, sollte es erstmal nur ein Gebäude mit einer möglichst grossen Anlage ausstatten. Das ist längerfristig wirtschaftlich sinnvoller als auf beiden Gebäuden kleinere Anlagen zu bauen.

Was ist in den Bergen wichtig?
In alpinen Lagen sind Fassadenanlagen wegen des hohen Winterertrags besonders interessant. Sie sind teurer, bringen aber gegenüber Anlagen im Mittelland einen Mehrertrag von teils über 50 Prozent. Der Nachteil: Fassadenmodule sind eine ästhetische Herausforderung.

Und senkrecht aufgestellte Module auf Flachdächern?
Die sind in den Bergen sogar noch besser, weil die bifazialen Module auf beiden Seiten Strom produzieren. Der Ertrag pro Modul ist rund 25 bis 50 Prozent höher als der Ertrag eines Fassadenmoduls.

Welchen Wirkungsgrad sollte PV-Anlagen heute haben?
Typische Module liegen bei 20 bis 22 Prozent. Rund ein Fünftel der Sonnenenergie wird in Strom umgewandelt. Weitere grosse Sprünge sind kurzfristig nicht zu erwarten, weil das Limit mit der aktuellen Technik fast erreicht ist. Aber gut möglich, dass längerfristig leistungsfähigere Technologien auf den Markt kommen. Mit denen lässt sich in 5 bis 10 Jahren vielleicht die 25-Prozent-Marke beim Wirkungsgrad knacken. Jedoch sollten Hotels die Sache richtig einordnen: Ästhetik, Qualität und damit Langlebigkeit sind für eine Gebäudehülle und die Wirtschaftlichkeit wichtiger als ein Rekord-Wirkungsgrad.

Braucht es einen Stromspeicher im Gebäude, um schwankende Erträge auszugleichen?
Nein! Viele Hotels dürften ihren Solarstrom sowieso direkt selber verbrauchen. Gibt es einen Überschuss, kann der ins Netz eingespeist und sehr verlustarm in der unmittelbaren Umgebung verbraucht werden. Das ist besser als überschüssigen Strom im eigenen Gebäude zu speichern, weil der Speicher finanziell und ökologisch eine grosse Belastung darstellt. Das Kabel zum Nachbarn liegt sowieso da, und die Verluste für den Stromtransport sind geringer als für die Stromspeicherung. Die heutigen Anreize im Tarifsystem bilden diese Vorteile jedoch nicht ab. Der im Quartier verbrauchte Strom ist mit denselben Netztarifen versehen wie der weit entfernt produzierte Strom.

Sollten Hotels den Stromverbrauch an die Solarstromproduktion anpassen?
Ja. Wobei es hier nicht so sehr darum geht, die Waschmaschine nur dann laufen zu lassen, wenn die Solarstromproduktion am höchsten ist. Die Hebelwirkung ist da sehr gering. Zudem wird der Hotelbetrieb gestört, wenn nur zu bestimmten Zeiten gewaschen werden kann. Es geht primär um Wärme- und Kälteerzeugung mit einem Speicher. Eine sinnvolle Sache, besonders bei Wärmepumpen, die ja mit Strom laufen und einen Pufferspeicher haben. Hier lässt sich der Stromverbrauch bis zu einem gewissen Grad flexibel gestalten.