Direkte Corporate-Verträge mit Firmen muss Darko Bosnjak, Gastgeber im Hotel Olten, nicht schnüren. Für ein Logement in einem seiner Serviced Apartments stehen die Gäste sozusagen Schlange: Die 20 heute in der Stadt verteilten Apartments sind so gut gebucht, dass Darko Bosnjak Wartelisten führt. Seit gut sechs Jahren ist der Co-Geschäftsführer des direkt am Oltener Bahnhof gelegenen Hotels im Serviced-Apartment-Geschäft, «in dieser Zeit stand noch keinen Monat ein Apartment leer». Nicht, weil sie aufgrund von Ausstattung oder Design Aussergewöhnliches bieten, sondern weil sie den Zeitgeist treffen: Wohnen ohne Verpflichtungen mit viel Servicekomfort.

Bei den Serviced-Apartments des Hotels Olten ist die wöchentliche Wohnungsreinigung im Preis inbegriffen ebenso wie Bettwäsche- und Handtuchwechsel, Mindestaufenthaltsdauer ist ein Monat. Und die Wohnungen liegen zentral, unweit des Hotels und damit in Bahnhofsnähe. «Das klassische Mietangebot kommt in die Jahre», schätzt Bosnjak und beschreibt den typischen Serviced-Apartment-Kunden: 25 bis 40 Jahre alt, beruflich und privat weltweit unterwegs. Jeder zweite seiner Serviced-Apartment-Kunden entspräche diesem Bild.

Die Wohnungen sind grossteils auch vom Hotel wiederum gemietet, ein Kauf einer entsprechenden Immobilie wäre zwar der Wunsch, würde sich bei den aktuellen Immobilienpreisen im Zentrum von Olten aber nicht rentieren. Denn die zentrale Lage und die Nähe zum Hotel ist einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren, so der Hotelier: Nur wenn die zu bewirtschaftenden Wohnungen sich in Fussdistanz zum Hotel befinden, müssen keine zusätzlichen Mitarbeiter für die wöchentliche Reinigung engagiert werden. «Mit der gleichen Housekeeping­equipe reinigen wir nun zusätzlich zu den 32 Hotelzimmern 20 Wohnungen mehr.» Ein zweiter ist die Grösse der Wohnung: 1,5 bis 2,5 Zimmer (aktuell entspricht das beim Hotel Olten 22 bis 60 m²) entsprächen am besten der Nachfrage, seien auf dem Immobilienmarkt aber besonders knapp.

Entscheidend ist die Nähe zum Hotel – um Kosten zu sparen
Aufwind verleiht dem Serviced-Apartment-Geschäft neben der gesellschaftlichen auch die politische Entwicklung. Seit Annahme der Masseneinwanderungsinitiative verbleiben die Gäste in den Wohnungen des Hotels Uzwil zwar weniger lang, die Nachfrage nach Service und Betreuung steigt jedoch. Vorher hätte er für ein ganzes Jahr vermieten können, nun buchten die Expads, die 80 Prozent des Apartment-Geschäfts ausmachen, oft nur für drei Monate, so Hotelier René Meier, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in den Apartments liegt heute für alle Gastsegmente bei 18 Tagen.

Mit ein Grund für René Meier, die heute verteilten 50 Apartments an einem Standort zu vereinen. Dafür lässt die Uze AG, eine Firma der Unternehmerfamilie Bühler, der auch das Hotel Uzwil und die Bühler AG gehören, bis Ende 2020 zwei Industriebauten in Hotelnähe umbauen, 50 Apartments sind auch hier geplant. Denn der häufigere Gastwechsel und die wachsenden Service-Ansprüche fordern mehr Nähe zum Hotel. «Mit dem Apartment-Geschäft können wir unser 43-Zimmer-Hotel sozusagen vergrössern, ohne dass die Mitarbeiterkosten am Frontdesk steigen», verdeutlicht Meier. Die Hotel-Réception sei eine wichtige Drehscheibe, welche die Wohnungen verwaltet und Ansprechstelle für Gastanliegen ist – von der Meldung eines verstopften Lavabos bis zur ­Auskunft betreffend Abfallentsorgung. Die Kombination mit dem Hotel macht die Serviced Apartments doppelt lukrativ – mit ihrem durchschnittlichen RevPAR von 55 Franken (2018), wobei 70 Prozent der Wohnungen ein bis zwei Zimmer haben, 30 Prozent mehr. Die Auslastung hat mit 72 Prozent aber trotzdem noch Luft nach oben.

Serviced Apartments plant auch das Hotel Aare in Solothurn mit seinen heute 40 Zimmern. «Wir können die Nachfrage nach Longstay heute nicht befriedigen», begründet Hotelier Roland Furrer. Die Ansiedlung internationaler Konzerne im Umfeld habe zur Folge, dass immer mehr Expats eine zeitlich limitierte Bleibe suchten. Der Hotelier hat fast drei Jahre nach einer passenden Immobilie gesucht – aufgrund der hohen Immobilienpreise pachtet die Hotel an der Aare AG nun zwei Gebäude in Fussdistanz zum Hotel mit total 15 Wohnungen, davon 50 Prozent Studios. Auch für Furrer ist die räumliche Nähe zum Hotel eine Bedingung, damit der Betrieb keine zusätzlichen Personalkosten verursacht.

In Feriengebieten sind Serviced Apartments ein junger Markt
Begeistert vom Serviced-Apartment-Modell zeigt sich ebenfalls Stephan Huber vom «Solaria» in Davos: «Das Geschäft kennt nur eine Richtung: aufwärts.» Umsatz und Auslastung hätten sich seit den Neunzigerjahren verachtfacht. Erfolgstreiber seien ganz klar die Dienstleistungen, der Gast erhalte zur Wohnung einen ganzen Strauss an Möglichkeiten wie Skibus, Frühstücks- und Brotservice, auf Wunsch Reinigungsservice zusätzlich zur Endreinigung oder täglichen Wäschewechsel, Conciergeservice an der Réception. Deshalb habe er die Feriensiedlung mit 75 so betriebenen Einheiten vor drei Jahren in «Solaria Serviced Apartments» umgetauft. Obwohl das «Solaria» nur Serviced Apartments führt und kein Hotel ist, verstehen sich Stephan Huber und seine Frau Béatrice Müller Huber als Gastgeberehepaar, das täglich im Betrieb präsent ist. «Dadurch schaffen wir ein ganz anderes Wohlfühlklima für die Gäste. Eine reine Ferienwohnungssiedlung kann das nicht bieten.» Die Auslastung übers ganze Jahr inklusive Betriebsschliessung von drei bis vier Wochen beträgt 65 Prozent. [IMG 3]

Das «Solaria» ist mit seinen Erfahrungen wohl eher eine Ausnahme. Gemäss den Zahlen der Wüest Partner AG sind Serviced Apartments heute noch ein Geschäft für Stadthotels: 57 Prozent der im 2017 auf den Inserate- und Hotelportalen ausgeschriebenen Objekten befinden sich in einer Schweizer Grossstadt. Weitere 30 Prozent der angebotenen Einheiten sind in den mittelgrossen Städten und lediglich 13 Prozent in den Agglomerationsgemeinden und übrigen Gebieten angesiedelt. Serviced Apartments leben also noch fast ausschliesslich vom Businessgeschäft. Zudem ist das Serviced-Apartment-Geschäft in den Bergen ein ganz anderes. Im Gegensatz zur Hotellerie ist die Aufenthaltsdauer bei Serviced Apartments kürzer als in der Stadt. Übers Jahr gesehen bleiben die Gäste im «Solaria» im Durchschnitt fünf Tage, das Maximum liegt bei 14 Tagen.

Apartments mit Dienstleistungen sind ein Produkt, das der Feriengast anscheinend erst kennenlernen muss. Gäste aus dem deutschsprachigen Raum suchten nicht nach einem Serviced Apartment, sondern nach einer Ferienwohnung, beobachtet Michael Lehnort, Direktor Valsana Hotel & Appartements in Arosa. Im «Valsana» ist die Bilanz des ersten Jahres gemischt: «Im Sommer schwächelt das Geschäft noch, da waren wir unter Budget», so Corinne Denzler, CEO Tschuggen Hotel Group, zu der das «Valsana» gehört. Inzwischen bietet das 4-Sterne-Superior-Hotel seine neun Ende 2017 eröffneten Apartments ebenfalls als Ferienwohnungen an. Und als Hotelzimmer: Zu 70 Prozent würden sie als solche genutzt. Dabei will es Lehnort aber nicht belassen: Für eine bessere Positionierung erhalten die «Valsana»-Apartments diese Woche neu eine eigene Website. [IMG 2]

Hoffnungsschimmer: Saisonverlängerung und Gäste aus Fernost
Für das «Valsana» sind die Serviced Apartments trotzdem eine äusserst willkommene Ergänzung zum 40-Zimmer-Hotel. Das Hotel hat wie andere mit hohen Personalkosten zu kämpfen, die Serviced Apartments wirken hier als Puffer. Zudem ermöglichen sie dem Haus, heute das ganze Jahr geöffnet zu bleiben, da sie auch fast ohne Personalaufwand betrieben werden können und dank Eisspeicherheizung, welche eh das ganze Jahr läuft, fallen in der Zwischensaison ebenfalls die Betriebskosten minimal aus.

Die Nachfrage explizit nach Serviced Apartments in Leisure-Gebieten könnte künftig die wachsende Gruppe der asiatischen Individualgäste ankurbeln. «Diese Gäste kochen gerne selber», stellt Christian Brawand, Hotel Kirchbühl in Grindelwald, der direkt gegenüber vom Hotel ein Apartmenthaus betreibt, fest. Die Betreuung vor Ort durch Hotelmitarbeitende werde von den Gästen aus China, Taiwan oder Korea geschätzt. Weitere Serviceleistungen hätten es aber schwer. «Auch bei Serviced Apartments muss man ergänzende Dienstleistungen aktiv verkaufen», so Brawand.


Vertrieb – Verschläft Booking das Geschäft?

Serviced Apartments sind innerhalb der Beherbergungswirtschaft ein klar wachsendes Marktsegment mit Zukunftspotenzial. Das sehen auch die Online Travel Agencies (OTAs) so. «Die Mischung aus traditionellem Hotelservice und der Erfahrung einer geräumigeren Unterkunft vor Ort bietet das Beste aus beiden Welten und ist etwas, das für ein breites Spektrum von Reisenden auf ­Booking.com ansprechend wirkt», lautet die offizielle Meinung von Booking zu dem Geschäftsmodell.

Trotzdem scheuen sich anscheinend die OTAs, dem Segment auf ihren Buchungsportalen eine eigene Kategorie zu widmen und verwenden lieber Begriffe wie «Aparthotel» (Booking), «Apartment-/Suitehotel» (HRS) oder «Häuser/Apartments» (Trivago). Auch eine Buchung länger als 30 Tage ist bei Booking und vielen Mitbewerbern nicht möglich. Die Studie der Wüest Partner AG zeigt aber, dass Aufenthalte in Serviced Apartments bis zu einem Monat nur gut ein Drittel des Geschäfts ausmachen.

Noch viel schwerer wiegt wohl der Umstand, dass Anbieter von Serviced Apartments von den OTAs in gleichem Ausmass zur Kasse gebeten werden wie für ­Hotelzimmer. «Für das Serviced-Apartment-Geschäft ist Booking sehr kostspielig», meint René Meier.

Der Direktor vom Hotel Uzwil, der in Uzwil 50 Apartments bewirtschaftet, spricht damit auf die Kommissionen der OTAs an. «Für die Buchung eines Langzeitaufenthalts zahlen wir gleich viel wie für eine Buchung für eine Nacht. Dass Booking für Serviced Apartments die gleiche Kommission wie für ein Hotelzimmer verlangt, ist problematisch.» Buchungsaufwand und Kosten stünden dabei in keinem Verhältnis. René Meier befindet sich mit Booking be­züglich Kommissionsberechnung und der Schaffung einer neuen Serviced-Apartment-Suchoption innerhalb der Buchungsplattform aktuell im Gespräch.

Heute findet ein Grossteil des Serviced-Apartment-Vertriebs auf Immobilienplattformen statt. Für Darko Bosnjak, Hotel Olten, ist Homegate.ch die Wichtigste für den Serviced-Apartment-Verkauf. Rund 70 Prozent des Geschäfts laufe über die Schweizer Immobilienplattform, die Kunden seien internationale Businessgäste. Für den Hotelier, der sich bei den Apartments einer hundertprozentigen Auslastung erfreut, wäre ein Vertrieb über Booking eine der letzten Optionen, nicht zuletzt aufgrund der hohen Kommissionen. Für die Homegate-Präsenz gleich mehrerer Wohnungen zahle er lediglich rund 100 Franken pro Monat.

Nicht die beste Erfahrung macht Michael Lehnort, «Valsana» Arosa, mit dem Vertrieb seiner Apartments über die weltweit gösste Buchungsplattform. Seit letztem November bietet der Hotelier die «Valsana»-Apartments auf Booking an, getrennt vom Hotel. Zwei Buchungen konnte er seitdem über die OTA registrieren. 90 Prozent der Serviced-Apartment-Buchungen kämen dagegen über die eigene Website. Michael Lehnort: «Warum Serviced Apartments noch nicht so gut über Booking laufen, sind wir noch am Analysieren.»

Booking hält sich betreffend Kommissionen und separatem Vertriebskanal für Serviced Apartments derweil bedeckt, bis Redaktionsschluss blieb eine entsprechende Anfrage unbeantwortet. Vielleicht sei es die Diskussion um tiefere Kommissionen, die den Buchungsriesen von einem klaren Bekenntnis zu dem neuen Geschäftssegment abhält, mutmasst man in der Branche hinter vorgehaltener Hand. Booking und andere OTAs sollten sich jedoch zweimal überlegen, wie lange sie noch das wachsende Serviced-Apartment-Geschäft an sich vorbeiziehen lassen wollen.

Der vollständige Bericht mit weiteren Informationen, Grafiken und Tabellen erschien am 24. Januar 2019 in der gedruckten Ausgabe der htr hotel revue sowie im E-Paper.