Der wichtigste Streitpunkt beim Geldspielgesetz waren die Netzsperren für ausländische Anbieter, wie die Voto-Studie zur Abstimmung vom 10. Juni ergab, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Diese waren auch der Grund, warum einzelne Komitees das Referendum ergriffen hatten.
Die meisten Jungparteien hatten das Gesetz bekämpft. Gemäss der Studie ist es deshalb erstaunlich, dass das Alter beim Stimmentscheid kaum eine Rolle spielte: Die 18- bis 29-jährigen legten zu 74 Prozent ein Ja in die Urne, bei den über 60-Jährigen waren es 77 Prozent und auch bei den 30 bis 39-Jährigen stimmten noch 61 Prozent für das neue Gesetz.
Jungparteien fanden kein Gehör
Auch parteipolitische Haltungen beeinflussten das Abstimmungsverhalten anscheinend kaum: So stimmte 72 Prozent der FDP Anhängerschaft für das neue Gesetz, obwohl die Empfehlung sowohl der Mutterpartei als auch der Jungpartei ein Nein gewesen war.
Für die Jungsozialisten fiel das Verdikt noch deutlicher aus: Acht von zehn SP-Sympathisanten stimmten gegen die Juso und folgten stattdessen der Ja-Parole der Mutterpartei. Die Studie kommt zum Schluss, dass es den Jungparteien weder gelang, die Jungen zur Teilnahme zu mobilisieren noch das Votum der älteren Parteisympathisanten entscheidend zu prägen.
Erträge sollen in der Schweiz bleiben
Das wichtigste Argument für das Geldspielgesetz war die Forderung, dass die Erträge aus den Geldspielen in der Schweiz bleiben sollten. Für 30 Prozent der Ja-Stimmenden war dieses Motiv ausschlaggebend.
12 Prozent der Befürworter wollten die Förderung der AHV, der Kultur, des Sport und gemeinnützigen Organisationen beibehalten. 19 Prozent erhofften sich ausserdem eine stärkere Regulierung des Geldspielmarktes und für 11 Prozent stand der Schutz vor Spielsucht im Vordergrund.
Mit dem Argument, dass Geldspiele wegen der Gefahr der Spielsucht stärker reguliert werden müsse, zeigten sich auch 68 Prozent derjenigen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger einverstanden, die ein Nein in die Urne gelegt hatten. 11 Prozent der Nein-Stimmenden lehnten das Gesetz aber gerade deshalb ab, weil sie fanden, dass es nur ungenügend vor Spielsucht schütze.
Präzedenzfall-Argument zog nicht
Bei den Gegnern fand das Argument, dass die im Gesetz vorgesehenen Netzsperren ein erster Schritt in Richtung Internetzensur sein könnten, zwar am meisten Anklang. 29 Prozent legten deswegen ein Nein in die Urne.
Doch gleichzeitig war der insgesamt geringe Anklang dieses Hauptarguments auch für den deutlichen Abstimmungsausgang entscheidend: Denn nur gerade 38 Prozent aller Abstimmenden teilten die Angst eines gefährlichen Präzedenzfalls.
Neun Prozent der Nein-Stimmenden bezeichneten das Gesetz als «protektionistische Massnahme der Kasino-Lobby» und stimmten deshalb dagegen. Gemäss der Studie bemerkenswert ist, dass dieser Lobby-Verdacht auch von 54 Prozent der Befürworter geteilt wurde.
Über die Hälfte verstanden Initiative nicht
Bei der Vollgeldinitiative fiel es 58 Prozent der Befragten schwer, zu verstehen, worum es bei der Vorlage überhaupt ging. Dieser Wert sei in den letzten zwei Jahren nur von der Unternehmenssteuerreform mit 74 Prozent übertroffen worden, schreiben die Autoren.
Ein Indiz, dass die Vorlage die Bevölkerung überforderte, ist gemäss den Autoren auch, dass fast die Hälfte der Ja-Stimmenden ein Motiv angab, das nichts mit dem Inhalt der Initiative zu tun hatte.
17 Prozent der Befürworter stimmten aus Misstrauen gegenüber den Geschäfts- oder Grossbanken für die Initiative. Das wichtigste Motiv für ein Nein war die Ungewissheit vor den Folgen. Für 36 Prozent der Nein-Stimmenden hatte das Begehren einen zu riskanten Experimentcharakter.
Geringes Interesse
Die Vollgeldinitiative war am 10. Juni mit 75,7 Prozent abgelehnt, das Geldspielgesetz mit 72,9 Prozent angenommen worden. Grundsätzlich war das Interesse an den beiden Vorlagen sehr klein. Die Stimmbeteiligung fiel mit 34,5 Prozent so tief aus, wie nie in den vergangenen zwölf Jahren.
Für die Voto-Studie wurden vom 12 bis am 29. Juni 1509 Stimmberechtigte während rund 20 Minuten zu ihrem Abstimmungsverhalten befragt. Finanziert wird sie von der Bundeskanzlei. (sda)