«Jetzt müssen Bund und Kantone zusammenhalten, damit das Gstürm mit der Frage, wer macht was, aufhört.» Dies sagte Bundesrätin Simonetta Sommarga am Sonntag vor den Bundeshausmedien in Bern. Zusammen mit Gesundheitsminister Alain Berset ist die Bundespräsidentin nach einer ausserordentlichen Sitzung des Bundesrats vor die Medien getreten.
[IMG 2-3]Die Ansteckungen mit dem Coronavirus würden schnell zunehmen, sagte Sommaruga. Alle Kantone und Altersklassen seien betroffen, die Spitaleinweisungen würden zunehmen. Es sei mit Blick auf den Winter nötig, dass die Ausbreitung gebremst werde. Dies sei wichtig für die Gesundheit der Bevölkerung, aber auch der Wirtschaft.
Die meisten Kantone haben bereits Verschärfungen beschlossen. «Da nun wieder die ganze Schweiz betroffen ist, braucht es schweizweite Regeln. Die heutigen Regeln sind mit den Kantonen abgesprochen. Wir haben alle das gleiche Ziel.»
Die bisher geltende Maskentragpflicht im öffentlichen Verkehr gilt neu auch für Perrons, Bahnhöfe, Flughäfen oder andere Zugangsorte des öffentlichen Verkehrs, wie der Bundesrat am Sonntag mitteilte.
Neben dem öffentlichen Verkehr gilt neu schweizweit eine Maskentragpflicht in allen öffentlich zugänglichen Gebäuden. Dazu zählen zum Beispiel Geschäfte, Einkaufszentren, Banken, Poststellen, Bibliotheken, Kinos, Theater, Konzertlokale, Hotels (mit Ausnahme von Gästezimmern), Restaurants, Bars, Discos, Arztpraxen, Spitäler, Kirchen und religiöse Einrichtungen.
Eine Maskentragpflicht gilt schliesslich auch in all jenen Teilen der öffentlichen Verwaltung, die dem Publikum zugänglich sind. [IMG 4]
Verzichtet hat der Bundesrat auf eine generelle Maskentragpflicht in obligatorischen Schulen, Schulen der Sekundarstufe II und der Tertiärstufe sowie der familienergänzenden Kinderbetreuung. Dort gilt die Maskenpflicht nur, wenn sie Teil des Schutzkonzeptes ist.
Vorgaben bei privaten Veranstaltungen
Neben der ausgeweiteten Maskentragpflicht führt der Bundesrat Regeln für private Veranstaltungen ein. Weil sich viele Personen bei Treffen im Familien- und Freundeskreis ansteckten, rät der Bundesrat, diese Veranstaltungen möglichst zu meiden.
Bei privaten Treffen von weniger als 15 Personen macht der Bundesrat keine Regeln. Wenn sich jedoch mehr als 15 Personen treffen, gilt eine Maskentragpflicht, ausser im Sitzen. Essen und trinken darf nur noch, wer an seinem Platz sitzt. Ausserdem müssen die Kontaktdaten erhoben werden.
Private Veranstaltungen ab hundert Personen müssen über ein Schutzkonzept verfügen und dürfen nur in öffentlich zugänglichen Einrichtungen durchgeführt werden.
Neu hat der Bundesrat auch wieder Regeln für Versammlungen im öffentlichen Raum erlassen. Auf öffentlichen Plätzen, Spazierwegen und in Parkanlagen sind Versammlungen von mehr als 15 Personen neu verboten. Laut Bundesrat soll so verhindert werden, dass private Anlässe in den öffentlichen Raum verlagert werden. Organisierte Veranstaltungen wie politische und zivilgesellschaftliche Kundgebungen und Demonstrationen sind mit einem Schutzkonzept weiterhin erlaubt.
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Regeln für Restaurants, Bars und Clubs
Auch in der Gastronomie und in Ausgehlokalen werden die Massnahmen verschärft. Die Maske darf nur abgenommen werden, wenn ein Gast sitzt. Und essen und trinken darf nur noch, wer sitzt. Diese Regel gilt unabhängig davon, ob in Innenräumen oder im Freien konsumiert wird.
Der Bundesrat hat zudem die «Covid-19-Verordnung besondere Lage» mit einem Absatz zum Homeoffice ergänzt. Arbeitgeber sind damit verpflichtet, die Homeoffice-Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zu beachten. Mit dem Arbeiten zu Hause könnten grössere Menschenansammlungen vor allem zu Stosszeiten und enge Kontakte am Arbeitsplatz vermieden werden, heisst es in der Mitteilung. Die Betriebe müssten so auch nicht ganze Teams in Quarantäne schicken, wenn ein Covid-19-Fall auftauche.
Überbelastung der Spitäler verhindern
Die Massnahmen seien nun notwendig, weil der starke Anstieg der Fallzahlen in den vergangenen Tagen «besorgniserregend» sei. Mehr Ansteckungen gebe es bei allen Altersklassen und in allen Kantonen.
Ziel der Massnahmen sei es, eine Überlastung des Gesundheitswesens in den nächsten Wochen und Monaten zu verhindern, schreibt der Bundesrat. Ausserdem soll der Anstieg der Fallzahlen so weit gebremst werden, dass die Kantone das Contact Tracing konsequent und umfassend sicherstellen können.[RELATED]
Zweiter Lockdown verhindern
Gesundheitsminister Alain Berset riet dringend dazu auf, Familienfeiern «auf bessere Zeiten» zu verschieben. Der Bundesrat wolle das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben nicht verhindern, aber zu Vorsicht mahnen. Der grosse Unterschied zum Frühling sei der, dass keine Betriebe geschlossen werden müssten.
Laut Berset hat die zweite Corona-Welle die Schweiz erfasst. «Ja, die zweite Welle ist da, früher und stärker als gedacht, aber wir sind darauf vorbereitet.» Zwar gebe es in den Spitälern heute noch keine Probleme. Aber die Folgen der hohen Fallzahlen zeigten sich wohl erst in zwei bis vier Wochen. Deshalb müsse jetzt mit neuen schweizweiten Massnahmen gehandelt werden. Es gehe auch um die Wirtschaft. Ein zweiter Lockdown müsse verhindert werden. (sda)