Angesichts der Temperaturen der letzten Tage und Wochen sei klar, dass Nachhaltigkeit vor Ort beginne, sagte Maya Graf, Nationalrätin der Grünen, am Donnerstag vor den Medien in Bern. «Auch in unseren Kühlschränken und auf unseren Tellern.» Denn die Produktion und der Vertrieb von Lebensmitteln beeinflussten die Umwelt stark.
Die Grünen wollen mit der Fair-Food-Initiative erreichen, dass es ein grösseres Angebot an Lebensmitteln gibt, die umweltschonend, tierfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Der Bund soll solche Lebensmittel fördern.
Standards für Importprodukte
Auch für Importprodukte sollen Anforderungen festgelegt werden. In der Schweiz werde heute fast die Hälfte der Lebensmittel importiert, geben die Initianten zu bedenken. Deshalb brauche es für diese Produkte eine Strategie. Nachhaltig produzierte Produkte sollen mit abgestuften Einfuhrzöllen begünstigt werden.
Die Unterstützung für eine artgerechte Tierhaltung in der Schweiz sei gross, stellte Graf fest. Trotzdem landeten immer mehr importierte Eier und Fleisch aus Massentierhaltung in den Regalen, und dies ohne transparente Information. Die Fair-Food-Initiative verbessere die Deklaration, damit die Konsumentinnen und Konsumenten die Wahl hätten. Konkret soll zum Beispiel auch auf verarbeiteten Lebensmitteln die Tierhaltungsform deklariert werden müssen.
Weniger Billigstware
Lebensmittel würden bei einem Ja nicht generell teurer, sagten die Initiantinnen und Initianten auf eine entsprechende Frage. Zwar gäbe es beispielsweise weniger sehr billige Tierprodukte aus Massentierhaltung, sagte Adèle Thorens, Nationalrätin der Grünen. Der Preis von Qualitätsprodukten dürfte bei einem Ja zur Initiative aber sinken. Zudem könne mit Massnahmen gegen Lebensmittelverschwendung gespart werden.
Die Initianten geben ferner zu bedenken, dass Schweizer Haushalte weniger als 7 Prozent des Budgets für Lebensmittel ausgeben, im internationalen Vergleich sehr wenig. Die ärmeren Haushalte sollten dort entlastet werden, wo die Belastung tatsächlich gross sei, etwa bei den Mieten und bei der Krankenversicherung.
Über den eigenen Tellerrand hinaus
Die Initiative wird von Umwelt-, Landwirtschafts- und Konsumentenorganisationen unterstützt. Auch Entwicklungsorganisationen stehen dahinter. Die Fair-Food-Initiative schaue über den schweizerischen Tellerrand hinaus, sagte Markus Allemann, der Geschäftsführer von Swissaid.
Im weltweiten Handel gehörten die Bäuerinnen und Bauern im Süden oft zu den Verlieren. Deshalb seien Zielvereinbarungen wichtig, wie sie die Initiative vorsehe: Mit Importeuren und Detailhändlern sollen ökologische und soziale Standards ausgehandelt werden.
Weniger Tierleid
Heinz Lienhard, der Präsident des Schweizer Tierschutzes (STS), wies auf das Tierleid hin, das in manchen Importprodukten stecke. Die Schweiz importiere jährlich rund 120'000 Tonnen Fleisch, 100'000 Tonnen Milchprodukte und 700 Millionen Eier. Hinter diesen Zahlen stünden rund 100 Millionen Tiere. Viele von ihnen lebten unter schlimmsten Bedingungen, die in der Schweiz verboten seien.
Mit diesen Importzahlen sei die Schweiz kein kleiner Player, gab Lienhard zu bedenken. Ein solches Abnehmerland könne Bedingungen stellen, etwa mit der Bevorzugung von tierschutzkonformen Produkten im Einfuhrsystem. Es gebe auch im Ausland akzeptable Formen der Nutztierhaltung.
Handelsrecht respektieren
Die Initianten stellen sich auf den Standpunkt, dass das Volksbegehren handelsrechtskonform umsetzbar ist. Es sei das Ziel, das bestehende Handelsrecht zu respektieren und es gleichzeitig in Richtung mehr Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln, schreiben sie. Die Fair-Food-Initiative verlange nicht Schweizer Standards für importierte Lebensmittel. Sie verlange, dass sowohl bei Produkten aus der Schweiz als auch bei Importprodukten eine nachhaltige Entwicklung gefördert werde.
Für die Abstimmungsplakate setzen die Initiantinnen und Initianten auf drei Slogans: «Regional statt eingeflogen», «Tierwohl statt Tierfabrik» und «Fairer Handel statt Ausbeutung». Das Stimmvolk entscheidet am 23. September über die Initiative. Gleichentags kommt die Initiative «Für Ernährungssouveränität» der Bauerngewerkschaft Uniterre zur Abstimmung. (sda/og)