«Es wird zudem erwartet, dass sich der Umsatzrückgang bis in zwei Monaten auf rund einen Drittel erhöht», schrieb Economiesuisse am Donnerstag in einem Communiqué. Ein grosser Anteil an Unternehmen habe heute bereits Absatzschwierigkeiten für ihre Produkte und Dienstleistungen in der Schweiz.
Zulieferbetriebe für Gastrounternehmen, Hotels, Veranstalter, Coiffeursalons usw. seien stark von den Verboten der Behörden betroffen. Die Textilindustrie könne einen grossen Teil der aktuellen Kollektion nicht mehr verkaufen. Das Gleiche treffe auf weitere Lieferanten des Detailhandels zu.
Und der Autohandel leide unter dem Produktionsstopp in Europa. Zahlreiche Autobauer wie BMW oder Porsche haben ihre Fabriken stillgelegt.
Immer mehr Absatzschwierigkeiten im Ausland
In den nächsten zwei Monaten steige der Anteil der Schweizer Unternehmen, die mit Absatzschwierigkeiten im Ausland kämpfen würden, von unter auf über ein Drittel, schrieb Economiesuisse.
Zudem machen den Firmen Lieferengpässe zu schaffen. Besonders betroffen sei die Exportindustrie: «Es wird erwartet, dass in zwei Monaten bis zu 85 Prozent aller Exportunternehmen in der einen oder anderen Form von Lieferengpässen betroffen sein werden», schrieb Economiesuisse.
Lieferengpässe gebe es beispielsweise bei den Produkten Aromen, Vitamine, Verpackungsmaterialien, Baumaterialien, Alkohol, Glyzerin, medizinische Güter, Seltene Erden, Magnete. Nach wie vor bestünden Lieferverzögerungen von Produkten aus Asien (China, Japan, Südkorea, Thailand, Indien).
Zunehmend träten aber auch Lieferengpässe bei europäischen Importen auf, vor allem aus Italien, aber auch aus Polen, Serbien, der Türkei, Österreich, Frankreich und Deutschland. Und schliesslich seien teilweise auch Schweizer Lieferanten in Verzug, schrieb Economiesuisse.
Stellen in Gefahr
Die Krise hat Folgen für das Personal. Fast zwei Drittel der Unternehmen würden Kurzarbeit zumindest teilweise nicht ausschliessen. 30 Prozent der Firmen würden gar Entlassungen in den nächsten zwei Monaten in Betracht ziehen. Die Arbeitslosenquote werde sicherlich deutlich zunehmen, durch die Kurzarbeit aber verzögert, sagte Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch in einer Telefonkonferenz: «Ich rechne nicht mit einem Tsunami.»
Die Hilfsmassnahmen des Bundesrats über gut 40 Milliarden Franken kämen gerade noch rechtzeitig. Bereits heute hätten rund ein Drittel der Unternehmen Schwierigkeiten, die Liquidität im Betrieb sicherzustellen. Dieser Anteil werde auf sehr hohe 50 Prozent ansteigen.
Die Zahlungsmoral habe in wenigen Tagen bereits deutlich gelitten, sagte Minsch. Insgesamt sei mit einem deutlichen Anstieg von unbezahlten Rechnungen zu rechnen, was zusätzlich auf die Liquidität drücke. Es dürften einige Unternehmen Konkurs gehen.
Kettenreaktion verhindern
Mit den Hilfsmassnahmen der Regierung sollte aber eine negative Kettenreaktionen in der Wirtschaft unterbrochen werden können. Es dürfte verhindert werden, dass reihenweise gesunde Unternehmen in den Strudel gerissen würden, wie es das 1991 im Gewerbe gegeben habe, sagte Minsch. Die überwiegende Zahl der Unternehmen sei der Meinung, dass die neuen Massnahmen des Bundesrats nun ausreichen würden, um die wirtschaftlichen Schäden im Zaum zu halten.
Die Talfahrt dürfte noch einige Zeit andauern. Die Unternehmen würden im Schnitt ein Ende der Krise in drei bis sechs Monaten erwarten. Das gelte aber nicht für die Tourismus- und Luftverkehrsbranche. Diese rechnen mit einer Dauer von bis zu einem Jahr, sagte Minsch.
Im Moment erwartet der Chefökonom eine Rezession in der Schweiz. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) dürfte um mehr als 2 Prozent schrumpfen. Das sei aber seine Einschätzung für den Moment, sagte Minsch. Die Lage ändere sich sehr schnell. Es könnte sein, dass es eine sehr starke Erholung geben werde, wenn ein Impfstoff verfügbar sei.
Stimmungsbild der Wirtschaft
Die Umfrage von Economiesuisse bei ihren Mitgliedern wurde vom 19. bis zum 23. März in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) durchgeführt. Teilgenommen haben 84 Personen. Die Umfrage deckt laut Economiesuisse alle Landesteile der Schweiz ab.
Einige Branchenverbände hätten die Umfrage konsolidiert für ihre ganze Branche ausgefüllt. Die Auswertung zeige ein Stimmungsbild und sei eine grobe Richtschnur. Denn man habe darauf verzichtet, die Antworten zu gewichten. Allerdings würde das Gesamtbild auch bei einer Gewichtung nicht gross anders ausfallen, sagte Minsch. (awp/sda)