Die EU führt mit dem Entry/Exit-System 2021 ein ähnliches Regime ein wie die USA. Das System erfasst an den Schengen-Aussengrenzen die Reisedaten von Drittstaatsangehörigen, die für einen Kurzaufenthalt von maximal neunzig Tagen ein- oder ausreisen. Das Gesichtsbild aller Reisenden wird gespeichert. Neu werden ausserdem auch die Fingerabdrücke von Personen gespeichert, die nicht visumspflichtig sind.
Die in ESS gespeicherten Daten stehen nicht nur an den Schengen-Aussengrenzen, sondern auch im Landesinnern zur Verfügung. Dort soll das System zur Verhütung und Aufdeckung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten eingesetzt werden. Im Ständerat war die Vorlage – eine Weiterentwicklung des Schengen-Rechts – nicht umstritten gewesen. Im Nationalrat beantragte eine Minderheit aus Vertretern der Grünen und einzelner SVP-Mitglieder dem Rat, nicht darauf einzutreten.
Datenspeicherung auf Vorrat
Balthasar Glättli (Grüne/ZH) sprach von einem tiefen Eingriff in die Privatsphäre von Millionen unbescholtener Reisender. Das neue System stelle Touristen und Geschäftsleute unter Generalverdacht, kritisierte er. Auch die europäischen Grünen seien zum Schluss gekommen, dass dies unverhältnismässig, wirkungslos und teuer sei.
Im Kampf gegen Terrorismus bringe es nichts, den Heuhaufen grösser zu machen, argumentierte Glättli. Bei fast jedem Terroranschlag zeige sich, dass der Täter polizeilich bekannt gewesen sei. Statt Geld in die Fichierung von Millionen zu investieren, sollte die polizeiliche Zusammenarbeit gestärkt werden.
Mehr Sicherheit im Schengen-Raum
Der Nationalrat lehnte den Nichteintretensantrag aber mit 159 zu 17 Stimmen ab. Die Mehrheit war der Ansicht, mit dem System könnten die Sicherheit im Schengen-Raum erhöht und die irreguläre Migration besser bekämpft werden. Das Aussengrenzen-Management werde stark vereinfacht, sagte Hansjörg Brunner (FDP/TG). Wer illegal einreise oder sich zu lange in einem Land aufhalte, könne leichter entdeckt werden.
Auch Justizministerin Karin Keller-Sutter hob die Vorteile hervor. Die Regelungen seien unter Einbezug des europäischen Datenschutzbeauftragten erarbeitet worden, sagte sie an die Adresse der Kritiker. Die Daten würden nach drei Jahren gelöscht. In der Gesamtabstimmung hiess der Rat die Vorlage mit 160 zu 20 Stimmen gut. Damit ist diese bereit für die Schlussabstimmungen.
Automatische Kontrolle
Die Schengen-Staaten bekommen neu auch die Möglichkeit, automatisierte Grenzkontrollen durchzuführen. Voraussetzung von E-Gates und Self-Service-Systemen ist, dass die Reisenden über einen Pass mit biometrischem Chip verfügen. Ob solche Systeme in der Schweiz zum Einsatz kommen, entscheiden die Kantone respektive die Flughäfen.
Verzichtet hat der Bundesrat auf die – freiwillige – Einführung eines nationalen Erleichterungsprogramms. Mit einem solchen könnten Vielreisende nach vorgängiger Sicherheitsüberprüfung den Status eines «registrierten Reisenden» erlangen und von erleichterten Grenzkontrollen profitieren.
Finanzielle Beteiligung
Für das nationale Umsetzungsprojekt und die Anbindung an EES rechnet der Bundesrat mit Entwicklungskosten von knapp 12 Millionen Franken und jährlichen Betriebskosten von 2,1 Millionen Franken. Hinzu kommt ein jährlicher Finanzierungsbeitrag an die EU von rund 12 Millionen Franken. Indirekt beteiligt sich die Schweiz auch über den Fonds für innere Sicherheit an der Finanzierung des EES-Projekts. An diesen leistet sie im Schnitt jährlich 20,6 Millionen Franken. Aus dem Fonds können Bund und Kantone aber auch Fördermittel beantragen.
Bei der Zollverwaltung fallen laut Bundesrat Projektkosten im «hohen einstelligen Millionenbereich» und «einige hunderttausend Franken» Betriebskosten an. Die Projektkosten fallen jedoch unter den Gesamtkredit des Zoll-Programms DaziT. Die Kosten für Geräte und bauliche Massnahmen für die Abwicklung werden auf einen mittleren einstelligen Millionenbetrag veranschlagt. (sda)