«Die hohen Ansteckungszahlen sind auch aus wirtschaftlicher Sicht besorgniserregend», teilte das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) am vergangenen Donnerstagabend mit. Es sei alles zu unternehmen, um die gesundheitliche Situation so schnell wie möglich in den Griff zu bekommen.
Parmelin tauschte sich zuvor mit Vertreterinnen und Vertretern der Schweizer Wirtschaft aus. Sie waren sich am Schluss des telefonisch durchgeführten Runden Tisches einig, dass Schliessungen von Betrieben mit allen Mitteln verhindert werden müssten. «Es müssen alle anderen Massnahmen vorher getroffen werden», hiess es in der Mitteilung des WBF. Oder in anderen Worten: «Weitere Massnahmen, die das Zusammentreffen von Menschen im öffentlichen und privaten Raum einschränken, sind nur zu ergreifen, wenn es wirklich nötig ist.»
Hoffnung auf Schnelltests
Um die Lage in den Griff zu kriegen, müssten die Schutzkonzepte strikt eingehalten werden. Zudem seien Corona-Schnelltests rasch einzuführen. Gesundheitsminister Alain Berset betonte aber am letzten Donnerstagnachmittag, dass solche Tests nicht da wären, um ganze Unternehmen auf das Virus zu testen.
Die Schweizer Wirtschaft und das WBF machten nach dem Treffen deutlich, dass der Schutz der Bevölkerung und der Schutz der Wirtschaft nicht im Widerspruch stünden. «Die Kosten für die Wirtschaft sind dann am tiefsten, wenn die Ausbreitung des Virus so rasch wie möglich eingedämmt wird.»
Angst vor Mini-Lockdown
Am Runden Tisch von Bundesrat Parmelin teil nahmen die Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz der Kantone (VDK), die Sozialpartner sowie Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaftsverbände.
Vor dem Treffen hatten sich verschiedene Akteure mit ihren Forderungen und Analysen zu Wort gemeldet. Für den Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) ist die Verhinderung eines zweiten Lockdown das oberste Ziel, wie er mitteilte. Bereits ein Mini-Lockdown würde die Schweiz mehrere Milliarden Franken kosten.
Als Massnahmen für den SAV im Vordergrund stehen die Förderung von verlässlichen Schnelltests, eine Verkürzung der Quarantänedauer sowie eine gezielte Tragepflicht von Masken, die an die bestehenden Schutzkonzepte der Unternehmen angepasst ist.
Gewerkschaften fordern mehr Kontrollen
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und die SP forderten vom Bund Massnahmen, um eine Entlassungswelle zu verhindern. Auch während der zweiten Corona-Welle solle die Sicherung von Löhnen, Arbeitsplätzen und Kaufkraft im Vordergrund stehen. Die Wirtschaftshilfe – etwa die Kurzarbeit für möglichst alle Arbeitsverhältnisse – müsse fortgesetzt werden, sonst verschlechtere sich die bereits heute schwierige Lage eines Teils der Arbeitnehmenden weiter.
Die SP kritisierte die «die teils unkoordinierte Kommunikation von Bund und Kantonen sowie die ungenügende wirtschaftliche Unterstützung». Laut dem SGB setzen noch immer nicht alle Firmen wirksame Schutzkonzepte um. «Hier braucht es verstärkte Kontrollen.»
Zu Wort meldete sich am Donnerstag auch der Gewerbeverein, der KMU sowie selbständig erwerbende Personen vertritt, die sich einer nachhaltigen Wirtschaftsform verpflichtet fühlen. Er warnte vor einem zweiten Lockdown, weil viele während der ersten Corona-Welle ihre Reserven aufgebraucht hätten. Ohne finanzielle Unterstützung von Bund und Kantonen endeten die angekündigten Schutzmassnahmen im Massenkonkurs. Der Gewerbeverein befürwortet weiter «eine nationale Strategie zur Bewältigung der Krise unter Federführung des Bundes». (sda)