Zwar sagten Sicherheitsexperten, dass die Sicherheit während «Sion 2026» gewährleistet werden könne. Eine Unterstützung durch ausländische Polizeikräfte sei aber praktisch unerlässlich. Die kantonalen Polizeikorps, die Armee und andere Partnerorganisationen in der Schweiz kämen mit den Einsätzen an ihre Kapazitätsgrenzen.
So lautet das Fazit einer Machbarkeitsstudie des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), über welche die Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Der Bund» berichtet haben. Der Ende Juli datierte Bericht ist auf Anfrage der Zeitungen publiziert worden.
Risiko fernab der Austragungsorte
Gemäss dem Bericht stellt die Gewährleistung der Sicherheit eine grosse Herausforderung dar. «Eine relevante Verschärfung der Bedrohungslage oder die fehlende innenpolitische Akzeptanz der Spiele, verbunden mit offenem Widerstand, können die Gewährleistung der Sicherheit in Frage stellen», heisst es im Bericht.
Ein Grund für die Skepsis: Die Sicherheitskräfte müssten innert kurzer Zeit zwei Grossveranstaltungen meistern: Kurz vor «Sion 2026» findet im Januar das World Economic Forum (WEF) in Davos statt. Dies führt laut dem Bund dazu, dass die Sicherheitskräfte während fast drei Monaten in Teilräumen der Schweiz konzentriert werden. Dies habe zwangsläufig eine Ausdünnung von Sicherheitskräften und damit höhere Risiken in den anderen Gebieten der Schweiz zur Folge. «Diese Konsequenz muss von der ganzen Schweiz mitgetragen werden».
Hoffen auf Technologie
Zudem wird die Unterstützung durch ausländische Sicherheitskräfte infrage gestellt. Diese seien «vor dem Hintergrund der aktuellen Bedrohungslage und der fehlenden Kräfte im eigenen Land» genug beschäftigt. Scheiterten Kooperationen tatsächlich, verschärfe sich das Problem der Sicherheit zusätzlich.
Hoffnung gibt dem Bund der technologische Fortschritt. So sei anzunehmen, dass bis 2026 beispielsweise Überwachungssysteme im Einsatz seien, mit denen erhebliche Personalressourcen eingespart werden könnten. Im heutigen Zeitpunkt sei es allerdings zu früh, diesen positiven Effekt zu konkretisieren oder gar zu quantifizieren.
Private müssten aushelfen
Insgesamt wären aus heutiger Sicht für den Schutz der Olympischen Winterspiele rund 1,9 Millionen Einsatzstunden der Polizei nötig, die sich auf sechzig Einsatztage mit unterschiedlicher Belastung verteilen. Hinzu kämen 5000 Angehörige der Armee, 1200 Angehörige des Zivilschutzes und 200 zusätzliche Angehörige des Grenzwachtkorps.
Die Sicherheits- und Blaulichtorganisationen von Bund und Kantonen benötigten ebenfalls zusätzliche Ressourcen, heisst es im Bericht weiter. Da nicht alle Aufgaben in den Kompetenzbereich der öffentlichen Hand fielen, sei die Übernahme von Aufgaben durch private Sicherheitsunternehmen oder Freiwillige zwingend. Nötig wären laut den Berechnungen rund 2100 private Sicherheitskräfte pro Tag.
Kantone trifft es wohl am stärksten
Die gesamten Mehrkosten im Bereich Sicherheit beliefen sich laut dem Bund auf 364 bis 462 Millionen Franken. Davon entfielen 129 bis159 Millionen Franken auf das Budget des Organisationskomitees. Bei einer zuständigkeitsorientierten Aufteilung entfielen die weiteren Kosten wie folgt: Der Bund müsste 65 bis 80 Millionen Franken tragen, die Kantone 167 bis 219 Millionen Franken und die SBB 3,3 bis 4 Millionen Franken.
Der Bericht basiert auf dem Szenario «Normallage». Das heisst: Es wurde von einer mit der heutigen allgemeinen nationalen und internationalen Sicherheitslage vergleichbaren Situation für 2026 in der Schweiz ausgegangen. Verschärft sich die Lage, hätte dies laut dem Bund «zwingend Auswirkungen auf die notwendigen Ressourcen, Infrastruktur und die damit verbundenen Kosten».
IOK übernimmt Defizit nicht
Von verschiedener Seite waren die budgetierten Ausgaben in den vergangenen Tagen bezweifelt worden. Den Gegnern reicht die vom Bund in Aussicht gestellte Defizitgarantie nicht. Sie verlangten Übernahmegarantien durch das Internationale Olympische Komitee (IOK). Dieses lehnt jedoch jegliche Haftung ab.
Schliesslich dürfte sich an der Urne entscheiden, ob die Schweiz das Projekt «Sion 2026» weiterverfolgt. In den Durchführungskantonen sind Abstimmungen vorgesehen. Den Ausschlag geben könnte dabei der Kanton Wallis. Sollten die Walliser das Projekt ablehnen, wäre dies laut Sportminister Guy Parmelin das Ende der Kandidatur. Bei einem negativen Entscheid in einem anderen Kanton könnten alternative Austragungsorte geprüft werden. (sda/og)