Die Sorge ist vor dem Hintergrund einer amtlichen Neubewertung zu sehen, die der Kanton Bern derzeit durchführt. Die letzte amtliche Bewertung der nicht landwirtschaftlichen Grundstücke liegt rund zwanzig Jahre zurück. Seither hat sich der Verkehrswert mancher Grundstücke stark verändert, vor allem nach oben.

Die Neubewertung sei teilweise auf wenig Verständnis gestossen, schreibt die Gemeinde Kandersteg in einer Mitteilung vom Freitag. Sie rechnet mit mehreren Einsprachen von Bürgerinnen und Bürgern.

Ein Argument, das ins Feld geführt wird, sind laut Mitteilung die Felsabbrüche am «Spitzen Stein» und die nachfolgend zu erwartenden Murgänge. Sie dürften zu einer Reduktion des Verkaufswerts von Liegenschaften im betroffenen Gebiet führen.

[IMG 2]Die Gemeinde ist deshalb mit einem Schreiben bei der bernischen Steuerverwaltung vorstellig geworden. Sie weist darin auf die spezielle Situation verschiedener Grundeigentümer in Kandersteg hin.

Die Gemeinde strebt nach eigenen Angaben eine Lösung an, bei der die Steuerverwaltung beispielsweise für die unterschiedlichen Gefährdungsgebiete einen fixen Abzug festlegt, welcher den Grundeigentümern gewährt wird. Die Antwort des Kantons auf den Vorschlag steht noch aus.

Neuer Regenmesser
Am «Spitzen Stein» hatten sich die Felsbewegungen Anfangs Woche vorübergehend beruhigt. Nach Niederschlägen haben sie nun im Gebiet der Westflanke wieder zugenommen. Die Beschleunigungen liegen im Rahmen früherer Beobachtungen, wie die Gemeinde auf ihrer Homepage mitteilte.

Zur Ergänzung des Überwachungssystems wurde am Westgrat ein Regenmesser installiert. Damit soll es möglich sein, noch besser zu erkennen, welche Auswirkungen anhaltende Niederschläge oder starke Gewitter auf die Gesteinsbewegungen haben.

Nebst dem Regenmesser sind im Gebiet 23 geodätische Messpunkte, 10 GPS-Messstationen, eine Radarstation und zwei hochauflösende Kameras installiert.

Sperrzone
Das Rutschgebiet beim «Spitzen Stein» befindet sich weit ausserhalb des Siedlungsgebiets im hochalpinen Raum. Das betroffene Gebiet wurde zur Sperrzone für Berggänger und Wanderer erklärt und ist entsprechend signalisiert. Der Rückgang des Permafrosts im Boden könnte den Hang ins Rutschen gebracht haben.

Das Siedlungsgebiet wäre auch von einem grösseren Abbruch nicht betroffen. Schutt und Geröll würden sich Richtung Oeschibach ausbreiten. Dieser Bach entwässert das Ausflugsziel Oeschinensee.

Im Falle eines sehr grossen Abbruchs könnte das Gestein den Oeschibach erreichen und stauen. In der Folge könnte eine allfällige Flutwelle bis ins Siedlungsgebiet gelangen.

Bis jetzt haben Geologen aber nicht mit einem so grossen Abbruch gerechnet. Für wahrscheinlicher halten sie einzelne Teilabbrüche. Ein Teil der markanten Felsnase ist bereits im Dezember 2019 abgebrochen. (sda)