Man rechne mit einem Rückgang des Betriebs- und Konzerngewinns von 50 bis 60 Prozent im ersten Halbjahr, teilte die Swatch Gruppe in einem Communiqué mit.So hätten die Verkäufe in wichtigen Märkten wie Hongkong und in Teilen Europas, insbesondere in Frankreich und in der Schweiz gelitten. Dadurch dürfte der Umsatz im ersten Semester um rund 12 Prozent sinken.
Im Zuge der Attentate in Frankreich und Brüssel sei der Tourismus hart getroffen worden, worunter auch die Verkäufe der Swatch Group leiden würden, sagte Sprecher Bastien Buss auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Viele Touristen würden ihre Europatour in Paris beginnen, sagte Konzernchef Nick Hayek der Nachrichtenagentur Reuters. In China habe sich dagegen das Geschäft positiv entwickelt.
Weit schlechter als befürchtet
Damit fallen die Swatch-Ergebnisse weit schlechter aus als befürchtet.Analysten hatten im Vorfeld zwar mit einem Umsatz- und Gewinnrückgang gerechnet, aber nicht in einem solchen Ausmass.
Die Experten waren im Durchschnitt gemäss der Nachrichtenagentur AWP von einem Rückgang des Umsatzes um knapp 7 Prozent ausgegangen. Beim Betriebsgewinn(EBIT) hatten sie einen Taucher um 27 Prozent und beim Reingewinn um 22 Prozent geschätzt.
Denn Swatch ist mit seiner Misere nicht alleine. Die ganze Luxusgüterbranche befindet sich seit einiger Zeit auf Talfahrt. Die Schweizer Uhrenexporte sackten im Mai gegenüber dem Vorjahresmonat um weitere 9,7 Prozent ab. Das war der zwölfte Monat mit einem Minus in Folge. Von Jahresbeginn bis Ende Mai schrumpften die Verkäufe insgesamt um 9,5 Prozent auf 7,83 Mrd. Franken.
Kein Personalabbau
Allerdings ist der Verkaufsrückgang nicht die einzige Ursache für den Gewinneinbruch der Swatch Gruppe. Ein Grund sei auch, dass man die Mitarbeiter weiter beschäftige, obwohl zahlreiche Bestellungen annulliert worden seien, hiess es in der Mitteilung.
Gemäss der Tradition und Philosophie der Swatch Gruppe betrachte man die Mitarbeiter nicht als blossen Kostenfaktor. Damit will der Konzern das Know-how an Bord halten. Bereits im Mai an der Generalversammlung hatte Verwaltungsratspräsidentin Nayla Hayek gesagt, dass auch in Krisenzeiten ein Stellenabbau bei Swatch kein Thema sei.
Dies war ein Seitenhieb auf die Genfer Konkurrentin Richemont, die bis Ende April in der Schweiz rund 500 Stellen abbaute. Das sind ungefähr 5 Prozent der Belegschaft.
Die Swatch Gruppe versicherte darüber hinaus, auch weiterhin in neue Produkte und ins Marketing investieren zu wollen. Preiserhöhungen würden nur sehr defensiv vorgenommen, hiess es weiter.
Anleger geschockt
«Ein solches Verhalten erinnert uns an (gänzlich) private Unternehmen, wo der Patron und/oder der Eigentümer nicht auf Kosten der Mitarbeiter sparen möchte, solange noch einigermassen vorzeigbare Gewinne und Cashflows erwirtschaftet werden. Die Publikumsaktionäre dürften hier eine etwas andere Optik haben», urteilte ein Analyst der Neuen Helvetischen Bank.
Und tatsächlich reagierten die Anleger geschockt. Zum Handelsbeginn am Freitag an der Schweizer Börse stürzten die Aktien um 11 Prozent auf 258 Fr. ab. Bis zum Börsenschluss erholte sich der Kurs leicht auf 267,30 Franken. Das ist ein Minus von 7,8 Prozent. Im Strudel von Swatch gerieten auch die Aktien von Richemont unter Verkaufsdruck und tauchten um 3,1 Prozent.
Die Finanzgemeinde brachte ihre Enttäuschung zum Ausdruck. Die Swatch Group habe deutlich schlechter abgeschnitten, als das die Schweizer Uhrenexporte hätten erwarten lassen, schrieb der Experte der Bank Vontobel laut der Nachrichtenagentur AWP. Er bezeichnete vor allem die Margenentwicklung als ein «Desaster».
Und nun dürfte der Anschlag in Nizza den sowieso bereits belasteten Markt fürUhren- und Schmuckverkäufer zusätzlich verschlechtern, meinten Marktbeobachter.
Hayek zuversichtlicher
Für die kommenden Monate zeigte sich Konzernchef Hayek dagegenzuversichtlicher: «Ich sehe nicht ein, warum das zweite Halbjahr nicht besser sein soll. Das hat nichts mit Hoffnung zu tun, das ist ein Fakt. Wie viel besser das sein wird, das werden wir sehen», sagte er zu Reuters.
Er erwarte Impulse von der besseren Entwicklung in China und den Chancen bei den Olympischen Spielen in Brasilien. Zudem sei der Trend in Spanien und Italien gut. Günstige Basiseffekte dürften helfen. «Wir haben im letzten Jahr ein schlechtes zweites Halbjahr gehabt.» Frankreich werde wahrscheinlich schwierig bleiben.
Bereits vor einem Jahr hatte der Konzern Federn lassen müssen: Bei einem Umsatz von 4,2 Mrd. Fr. hatte die Gruppe einen Gewinnrückgang um fast einen Fünftel auf 548 Mio. Fr. ausgewiesen. (sda/Johannes Brinkmann)