Ende November befragte Schweiz Tourismus (ST) die Schweizer Tourismusbranche zu ihren Aussichten auf die Festtage und die gesamte kommende Wintersaison. Diese indikative Pulsmessung zeige insgesamt Zuversicht. Als grösste Herausforderung bezeichnen die Bergdestinationen das Wetter und die Schneelage – und dies, obwohl bereits früh genug Schnee für die Pistenvorbereitung gefallen ist.
Generell und vor allem in den Städten nennen die Touristikerinnen und Touristiker die Wirtschaftslage in den europäischen Herkunftsländern, die globalen Krisenherde und den Fachkräftemangel als zentrale Herausforderungen. [RELATED]
Starker Saisonauftakt erwartet
Im Vergleich zur Vorjahresperiode gehen die Unterkunftsanbieter über Weihnachten und Neujahr von einem Wachstum von 3 Prozent aus, in den Bergen sogar ein Plus von 3,5 Prozent. Auffallend sei dabei, dass der Buchungsstand für die Feiertage in den Bergen momentan «nur» 1 Prozent über dem Vorjahr liegt. Dies zeige, dass – obwohl bereits gut gebucht – viele Beherbergungsbetriebe in den Bergen auf kurzfristige Buchungen für die Feiertage zählen. Die Zahl der Übernachtungen von Schweizer Gästen dürfte gemäss den Erwartungen der Branche etwa im gleichen Masse zunehmen wie jene der Ferienreisenden aus Europa – primär aus Deutschland, den Benelux-Staaten, Frankreich, aber auch Grossbritannien sowie Italien.
«Wir verzeichnen generell einen Nachfrageüberschuss über die Feiertage», meldet etwa Daniel Dommann, Geschäftsführer der Obwaldner Sportbahnen Melchsee-Frutt. Aber aufgrund der letztjährigen Wetterkapriolen gab es damals kurzfristig freie Betten, weshalb die Zuversicht aufgrund des vielen bereits gefallenen Schnees für die kommenden Feiertage gross ist: «Die Schnee- und Wetterverhältnisse im letzten Jahr an Weihnachten waren nicht optimal. Daher erhoffen wir uns in diesem Jahr ein Plus», so Josianne Karlen von Walliser Heidadorf Visperterminen Tourismus stellvertretend für viele.
Zuversicht überwiegt
Für den gesamten Winter erwarten die Übernachtungsanbieter ein Wachstum von 3 Prozent im Vergleich zur vergangenen Saison. Bei den Tagesausflügen sehen die Befragten ein Plus von 5,5 Prozent, wobei die Anbieter im Flachland eher noch optimistischer sind. Stellvertretend dafür meint Werner Lüönd, Leiter Marketing und Sales der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees: «Wir verzeichnen eine erfreuliche Nachfrage nach kulinarischen Schifffahrten wie zum Beispiel nach dem Fondue-Schiff».
Die Unsicherheit bezüglich der Schneelage beschäftigt die Bergdestinationen. Angesichts des vielversprechenden Saisonstarts überwiege dabei aber die Zuversicht, vor allem bei den eher tief gelegenen Skigebieten. So meint Sophie Nidegger, Projektkoordinatorin Télé Charmey: «Wenn der Schnee kommt, erwarten wir bei unseren Frequenzen sogar 12 Prozent mehr als im vergangenen Jahr». Auch in Lenzerheide ist man zuversichtlich: «Die Ticketvorverkäufe und Buchungen laufen gut. Wenn Wetter- und Schneebedingungen stimmen, gehen wir davon aus, dass wir an die Rekordjahre der letzten drei Jahre anknüpfen können», so Marc Schlüssel, CMO, Lenzerheide Marketing & Support AG.
Sorgenfalten bereite die Wirtschaftslage in Europa mit Inflation und steigenden Preisen. In der Ostschweiz fürchte man beispielsweise um die wichtigen Tagesgäste aus dem grenznahen Ausland. Die Walliser Hoteliers sehen eine verringerte Kaufkraft in Europa und somit die Gefahr von weniger und kürzeren Schweiz-Ferien. Auch die globalen Konflikte bleiben nicht ohne Einfluss: «Die weltpolitische Lage kann da noch einen Strich durch die Rechnung machen. Die US-Gäste, welche uns gut besuchen, reagieren sensibel auf den Nahostkonflikt», weiss Thomas Christen, Tourismusdirektor Andermatt in Uri.
Schweizer Winter auch in Übersee gefragt
Immer mehr Touristikerinnen und Touristiker erwarten ein Wachstum vor allem bei den alternativen Schneesportarten und einem breiten Spektrum von Winteraktivitäten. Sie reagieren damit auch auf neue Wintergäste aus Übersee. Neben Aktivitäten im Heimmarkt Schweiz sowie den klassischen europäischen Wintermärkten promotet ST deshalb den Schweizer Winter auch in Fernmärkten mit Potenzial. In Brasilien ist der Winter bereits die begehrteste Reisesaison für die Schweiz – und Januar der Spitzenmonat für die brasilianischen Gäste. ST arbeitet diesen Winter mit dem renommierten Social Club «Clube Hebraica» in São Paulo zusammen und zeigt dort die winterliche Schweiz mit Chalet und überlebensgrosser Schneekugel.
In fünf Städten in ganz China fand die «Swiss Winter Roadshow» statt, wo ST gemeinsam mit der Schweizer Botschaft und Schweizer Partnerdestinationen lokalen Medien und wichtigen Reiseveranstalten das Schweizer Pistenangebot präsentierte. In den Golfstaaten steht bereits im fünften Jahr in Folge eine Kooperation mit dem Wintersportverband der Vereinigten Arabischen Emirate im Fokus: Schweizer Skiathletinnen und -athleten stellen in Dubai den Schweizer Winter ins Schaufenster. Arabische Pistensportlerinnen und -sportler werden in die Schweiz eingeladen, um für ihre Communities den Original-Winter zu erleben. Der Leichtathlet Neeraj Chopra, ST-Markenbotschafter in Indien, wird Anfang 2024 zum ersten Mal auch den Schweizer Winter bereisen. Geplant sind ein Aufenthalt und Shootings in den Bergen. (mm)
Winterprognose
Tourismusanbieter blicken zuversichtlich auf Wintersaison
Bei den Übernachtungen in der Wintersaison wird ein Plus von 3 Prozent erwartet. Dies zeigt eine Branchenumfrage von Schweiz Tourismus. Trotzdem bleiben künftige Schneesituationen ein Unsicherheitsfaktor.
Bild: Switzerland Tourism / André Meier