Der Schweizer Tourismus-Verband (STV) bedauert die Annahme (51.2%) der Volksinitiative für ein Verhüllungsverbot durch das Schweizer Stimmvolk. Die durch die Corona-Pandemie ohnehin schon stark leidende Branche könne nicht noch zusätzliche Erschwernisse brauchen, sagte STV-Direktorin Barbara Gisi am Sonntag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die Schweiz als offenes Gastland habe auch vollverschleierte Besucherinnen gerne empfangen. Diese kaufkräftigen Gäste aus den Golfstaaten würden nun wegbrechen.
Tourismuskomitee NEIN zum Burkaverbot
Dem Komitee gehören unter dem Dach des Schweizer Tourismus-Verbands die Tourismusverbände HotellerieSuisse, Seilbahnen Schweiz, der Schweizer Reise-Verband sowie der Verband Schweizer Tourismusmanager an.
Dass ein Verhüllungsverbot Auswirkungen habe, zeigt laut Gisi das Beispiel des Kantons Tessin. Dort seien seit der Einführung des Verbotes im Jahr 2016 rund 30 Prozent weniger Gäste aus den Golfstaaten gezählt worden. Es sehe für sie schon sehr danach aus, dass dafür das Verbot ausschlaggebend sei.
Das Votum des Schweizer Stimmvolks schaden dem Image der Schweiz als offenes, tolerantes Gastland, schreibt das Tourismuskomitee Nein zum Burkaverbot. Das Ausmass des Schadens könne aber zum heutigen Zeitpunkt noch nicht abgeschätzt werden. «Klar ist, dass in der aktuellen Krisenlage jede zusätzliche Hürde für den Tourismus eine Belastung darstellt», sagt STV-Präsident Nicolo Paganini.
Schlag für angeschlagenen Städtetourismus
Der Image-Schaden könnte nebst dem Ferientourismus auch den Kongress- und Business-Sektor treffen, befürchten die Tourismusverbände. So sei die Annahme der Initiative ein weiterer Schlag für den von der Krise stark getroffenen Städtetourismus, wo viele internationale Meetings stattfinden.
Auch würden zahlreiche internationale Organisationen ihren Sitz hierzulande haben. Sie zählten bis anhin auf einen attraktiven Standort in einem neutralen und weltoffenen Land. «Diese Vorteile können wir zu unserem grossen Bedauern seit heute weniger gut ausspielen, was langfristige Auswirkungen haben könnte», sagt Andreas Züllig, Präsident von HotellerieSuisse.
Erholung nach der Krise wird erschwert
Die Schweiz wolle, sobald es die epidemiologische Lage zulässt, wieder Gäste aus aller Welt empfangen, schreiben die Tourismusverbände. Dazu gehört auch das wachsende Gästesegment aus den Golfstaaten, mit dem viele touristische Betriebe Abhängigkeiten von preissensiblen europäischen Gästen reduzieren.[RELATED]
Nach der Annahme des «Verhüllungsverbots» werde die Wiedergewinnung dieses wichtigen Marktes für die Schweiz erschwert. In den vergangenen Jahren sind Gäste aus den Golfstaaten für den Schweizer Tourismus zu einem wichtigen Herkunftsmarkts geworden. So sind die Logiernächte von Gästen aus dem arabischen Raum seit 2007 um 130 Prozent angestiegen, was auch dem guten Image der Schweiz als offenes Tourismusland zu verdanken ist, halten die Verbände weiter fest.
Nun gelte es, die Gäste aus den Golfstaaten frühzeitig zu sensibilisieren, um möglichst viele gesellschaftlich offenere Gäste aus diesen Staaten zu empfangen und sie vom Tourismusland Schweiz zu überzeugen. (htr/sda/npa)