Die Hotellerie komme dank der Bundesgelder recht gut durch die Krise, konstatiert die Schweizer Hotel-Revue, wie sich die Zeitung damals nannte, zu Beginn des Jahres 1942. Die Küchenkosten in Hotels seien seit Kriegsbeginn jedoch um satte 57 Prozent gestiegen.
Die Lebensmittel sind teuer und knapp, vieles ist rationiert, etwa Zucker, Reis, Teigwaren, Mehl, Kakao, Kaffee und Speiseöle. Auch Strom muss man sparen: So ist in Hotels die Warmwasserzubereitung nur noch beschränkt erlaubt und die Aussenbeleuchtung verboten.
Die Hotel-Revue gibt Tipps
Die Not macht erfinderisch: So erfahren wir in der Hotel-Revue, dass man Kaffee mit getrockneten Apfelschalen strecken kann und dass sich Kaffeepulver zweimal verwenden lässt: nach Gebrauch im Ofen trocknen lassen, nochmals leicht anrösten – et voilà: einfach wieder in die Kaffeemaschine einfüllen.
Und niemand Geringeres als Harry Schraemli – sein Büchlein «Der Meistermixer» ist ein Standardwerk – klärt auf, wie man trotz Mangel an Eiern und Zucker jeden Drink zubereiten kann: mit Eipulver und mit Sacharin statt Zucker – aber nicht zu viel, das Getränk werde sonst bitter. Rahm für die «Damencocktails» erhalte man durch Mixen von Vollmilchpulver mit Milch. Auch Konserven sind ein Thema: Das Blatt klärt auf, wie man sicher konserviert und wie man Vergiftungen durch Konserven vermeidet.
Situation spitzt sich zu
Je weiter das Jahr voranschreitet, umso häufiger ist die grosse, fette Überschrift «Kriegswirtschaftliche Massnahmen und Marktmeldungen» zu lesen. Hier sind die neusten Bestimmungen des Kriegsernährungsamtes abgedruckt.
Die Situation wird von Monat zu Monat drastischer, vor allem ringusm in Europa: Im Mai erobern die deutschen Truppen Charkow (Ukraine!) und setzen zur Sommeroffensive an, die in der Einkesselung in Stalingrad endet. Längst ist in der neutralen Schweiz die Anbauschlacht im Gange, mitten in der Stadt werden Plätze umgepflügt, um Kartoffeln und Getreide wachsen zu lassen.
Schlachtverbot und steigende Gästezahlen
Im März 1942 wird das Fleisch rationiert und an drei «fleischlosen Tagen» auf den Speisekarten verboten. Die Hotel-Revue empfiehlt, kleinere Portionen aufzutischen. Im Sommer druckt sie einen vegetarischen Wochen-Menüplan ab, denn im Juli ist Fleischsperre: Die Schlachtung von Tieren wird für mehrere Wochen verboten.
Über die Beschlüsse von Bundesbern solle man indes nicht jammern, denn «wie schon bei der Einführung der Rationierung anderer Produkte hat auch diesmal das Kriegsernährungsamt die gastgewerblichen Organisationen bei der Regelung der Fleischrationierung zur Mitarbeit herangezogen».
Es werden nun auch Seifen und Waschmittel, eingemachte Früchte und Honig, Milch und Brot rationiert. Dem Gastgewerbe werden die Lebensmittel stetig gekürzt, es gibt Vorschriften zur Höchstzahl von Menüs, gewisse Speisen sind verboten: «So kamen bekanntlich Pommes frites und Schlagrahm unter das Rad der Kriegswirtschaft.»
Bescheidenheit pflegen statt unangebracht zu prassen
Die Zeitung mahnt, es sei nicht angebracht, zu prassen, wenn ringsum Krieg herrsche, und fordert dazu auf, die Vorschriften zu befolgen. Als aber im November die Verdunkelung auf 20 Uhr vorverlegt wird, bringt sie ihren Unmut zum Ausdruck. Diese zusätzliche Einschränkung sorge im Gastgewerbe für Einbussen von bis zu 50 Prozent.
Bei all den Katastrophenmeldungen gibt es kleine Lichtblicke: Die Hotel-Revue vermeldet, dass die Gästezahlen in den Bergen im Vergleich zum Vorjahr angestiegen seien und die Hotels im November so viel Warmwasser zubereiten dürften, wie sie wollten: Dank reichlich Niederschlägen gebe es vorübergehend wieder genug Strom.