Gastkommentar von Markus Luthe

Booking.com hat mal wieder einen rausgehauen. Einen Serienbrief. Letzten Montag an alle «Hotelpartner» in Europa. Neue AGB sollen ab dem 15. Juli gelten, wenn der Hotelier nicht innerhalb von 15 Tagen widerspreche, was dann auch gleich als Vertragskündigung betrachtet werde. Einsehen könne der «geehrte Hotelpartner» die neuen AGB allerdings nicht unmittelbar, aber er könne sie über das Extranet anfordern und nur wenige Tage später auch zugesandt bekommen.

[IMG 1] Die Aufregung ist verständlicherweise gross, aber diesmal in der Sache – keineswegs im Stil – wohl unnötig. Die neuen AGB von Booking.com dürften auf diese Weise wohl kaum rechtswirksam eingebunden worden sein. Ich benutze allerdings dennoch vorsichtshalber den Konjunktiv, denn bei der jüngsten richterlichen Tendenz, Booking.com weitgehende Online-Narrenfreiheit zuzugestehen, bleiben Rechtsfragen derzeit wohl «ohne Gewähr».

Aber mit dieser Einschätzung stehe ich immerhin nicht alleine da. Die neueste Fanpost aus Amsterdam trägt also wohl eher zur Erheiterung denn zur inhaltlichen Verärgerung bei. Das AGB-Thema kann DIESES MAL getrost dem Sommerloch überantwortet werden.

Aber warum versucht Booking.com überhaupt, seine AGB zu ändern? In der Mail heisst es lapidar: «Sie können jetzt nach Wunsch in Suchmaschinen auf Booking.com bieten. Dies entspricht auch der aktuellen EU-Entscheidung zu diesem Thema.» Das wirft sicherlich mehr Fragen auf, als Booking.com Antworten bietet.

Hintergrund für diese sommerliche Hoppla-Hopp-Aktion ist wohl eine Entscheidung der EU-Kommission vom 17. Dezember 2018 (AT.40428 – Guess). Danach müssen Unternehmen frei bestimmen können, auf welche Google AdWords-Begriffe sie bieten, und anderslautende Absprachen mit Partnern oder Affiliates sind unzulässig. Booking.com muss also die entsprechenden Klauseln in seinen bisherigen AGB (Ziffer 4.3 Online-Marketing und PPV Advertising) nicht dank Einsicht, sondern kraft behördlicher Anordnung ändern.

Angesichts der Marktverhältnisse liegt dem der fast schon hilflos naive Versuch der EU-Kommission zugrunde, die massiven Wettbewerbsverzerrungen durch ausuferndes Brand Bidding dadurch abzumildern, dass zumindest jeder Marktteilnehmer theoretisch frei wird, mit in den Ring zu steigen. Auch Google tickt auf dieselbe Weise und hat bereits im Oktober 2018 jedweden Markenschutz für Hotels bei AdWords aufgehoben.

Aber wie soll sich angesichts der Grössenverhältnisse der Marktteilnehmer am Phänomen des Brand Bidding zu Lasten der Hotels faktisch etwas durch dieses von der EU-Kommission erzwungene Entgegenkommen von Booking.com ändern? ­Booking.com zahlte Google im Jahr 2018 umgerechnet 4 Mrd. Euro dafür, dass bei der Suche nach einem Hotel eben nicht das Hotel, sondern ­Booking.com gefunden wird. Gegen dieses Marktvolumen und die damit einhergehenden Mengenrabatte sollen nun Hotels mit neu gewährten Freiheitsgraden durch Bieten auf den Begriff «Booking.com» angehen? Ich nenne das «Brand Kidding» und ziehe das Fazit der vergangenen Woche: Viel Lärm um nichts!

Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer Hotelverband Deutschland