In der Region Stoos-Muotatal entsteht gerade ein New-Generation-Hotel: die «Stoos Lodge», die im November 2022 eröffnen wird. «Wir lösen uns damit vom klassischen Angebot mit inkludierten Dienstleistungen», sagt Direktor Marcel Neuhaus. Wellness oder Wäschewechsel sind nicht mehr im Übernachtungspreis mit drin. «Die Gäste sollen sich den Aufenthalt nach eigenen Bedürfnissen zusammenstellen. Sie können Kinderbetreuung oder eine Stunde Sauna online dazubuchen – so zahlen sie nur für das, was sie auch brauchen.»

Das Hotel richtet sich an eine Zielgruppe, die ein hochwertiges Hotel- und Gastroangebot in den Bergen sucht. Bar, Lobby und Restauration sind mit vier Metern Raumhöhe grosszügig gestaltet. «Hier soll sich das Leben abspielen», sagt Neuhaus. Zwar ist der Bau von «Kostenbewusstsein» geprägt, dennoch spielt das Design eine übergeordnete Rolle. «Zusammen mit den grosszügigen Räumen sorgt es für ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, obwohl die Dienstleistung bewusst reduziert ist.»

Straffung der Dienstleistungen erlaubt Kostenreduktion
Die Preisgestaltung sei einer der Kernpunkte. Durch die erweiterbare Dienstleistung können die Mitarbeitereinsätze und somit die Kosten reduziert werden. Dies macht sich auch bei den Preisen bemerkbar, die etwas tiefer angesetzt werden. New Generation passt für Neuhaus perfekt in die Berghotellerie: «Die Welt wird immer schneller und vernetzter. Die Gäste arbeiten von überall und wollen gleichzeitig eine schöne Umgebung und abwechslungsreiche Freizeitangebote.» Wo liesse sich dieser Anspruch besser umsetzen als in den Bergen? Die Gäste können in der Pause direkt auf die Ski oder den Wanderweg, kurz im Bergsee schwimmen oder den Kühen beim Grasen zusehen.

New Generation in den Bergen: Auf diese Kombination setzt auch die Revier Hospitality Group. Sie betreibt seit 2017 die Mountain Lodge Lenzerheide und seit 2020 die Mountain Lodge Adelboden, die beide zur Marke Revier Hotels gehören. Auch diese alpinen Häuser beschränken den Service aufs Wesentliche. Auf «Unwichtiges» – Zimmertelefon, täglicher Room Service – wird verzichtet. Die Raten beinhalten nur die Nutzung von Zimmern und öffentlichen Bereichen sowie WLAN. Die Gäste entscheiden, welche Extras sie dazunehmen. Das Konzept bezeichnet CEO Daniel Renggli als Spagat. «Wir müssen genau darauf achten, was die Gäste als Einbusse empfinden und was sie gar nicht merken.» Die tägliche Zimmerreinigung zu streichen, sei ein Novum gewesen. «Aber das Gute an New Generation ist, dass die Gäste uns weniger mit klassischen Hotels vergleichen. Sie sind dadurch grosszügiger, wenn wir etwas weglassen.» Das Weglassen zeigt sich auch bei den Gebäuden selbst, welche nach dem Betriebskonzept Focused Services geplant wurden (siehe Nachgefragt).

In puncto RevPAR setzen sich New-Generation-Hotels wohl vom Grossteil der Hotels ab.

Daniel Renggli, CEO der Schweizer Revier Hospitality Group

Renggli spricht von einem «schlanken Produkt», weil die Gäste nicht wegen des Hotels kommen, sondern wegen der Aktivitäten. Tagsüber wollen sie Ski fahren oder biken, abends stehen Unterhaltung, gutes Essen und Trinken im Vordergrund. «Das Zimmer selbst ist fast nur noch zum Schlafen.» Entsprechend haben die Zimmer nur 16 Quadratmeter Fläche, vier Quadratmeter weniger als üblich. Eine bauliche Effizienzsteigerung. «Wir sparen 20 Prozent Volumen pro Zimmer.» Was die Gäste aber nicht als Nachteil empfinden, da die Einrichtung entsprechend gestaltet ist. So sind die Schränke türlos und offen, was die vielen Kurzzeitgäste, die oft gar nicht erst auspacken, kaum stört. Und die Betten, die direkt vor den Fenstern stehen, machen die vier Quadratmeter weniger sogar zur Stärke: «Nach einem schönen Tag draussen kehren die Gäste zurück, legen sich vor dem Abendessen kurz hin und freuen sich über die freie Sicht auf die Berge.»

Weniger Service, weniger Fläche – und dennoch fehlt es an nichts. Zudem sind die Häuser bei den täglichen Abläufen auf Effizienz getrimmt. «Wer ein Hotel plant, muss vorab immer drei, vier grosse strategische Fragen klären. Wir haben aber auch auf die 100 kleinen Details geachtet, die Zeit und Kosten sparen.» Die Zimmer lassen sich schneller reinigen, weil es keine Kanten und keine unnötigen Ablageflächen gibt. Renggli rechnet vor: Eine Minute weniger für die Reinigung bedeutet bei 100 Zimmern im Jahr 10 000 Franken Ersparnis. Die Effizienz setzt sich im Restaurant fort, dem Herzstück der Häuser, wo ausschliesslich Spezialitäten vom Grill serviert werden. «Die Gäste wollen nach ihren Tagestouren gut essen. Unser Grillsystem sichert eine hohe Qualität. Gleichzeitig haben wir einen schnellen Durchsatz und ein grosses Volumen.»

Für Renggli sind New-Generation-Hotels insgesamt profitabler. Auch weil sie Arbeitsschritte wie etwa den Check-in automatisieren und an die Gäste auslagern. Den grössten «Rentabilitätstrigger» sieht der CEO aber im operativen Bereich. Beim Vertrieb, der sich letztlich im Erlös pro verfügbarer Zimmerkapazität ausdrückt. «In puncto RevPAR setzen sich New-Generation-Hotels wohl vom Grossteil der Hotels ab.» Niemand sonst in der Umgebung biete etwas Vergleichbares an. «Die Nische ist ein wichtiger Vertriebsansatz, da wir so weniger Konkurrenz haben. Das bringt eine höhere Auslastung, und es lassen sich auch die gewünschten Preise durchsetzen. Dadurch sind wir wirtschaftlich wesentlich effizienter als andere Berghotels.» Ein stabiles Fundament, um zu expandieren: Nächstes Jahr eröffnet das erste Hotel in Österreich, und auch in den Schweizer Bergen sind weitere Häuser geplant.


Nachgefragt bei Robert Diepenbrock

Robert Diepenbrock, ist Abteilungsleiter bei der Davoser Firma Baulink, die das Projekt Revier Lodge Adelboden als Totalunternehmer ausführte.

Robert Diepenbrock, das Hotel in Adelboden wurde nach dem Konzept Focused Services geplant. Was bedeutet das?[IMG 2]

Sich auf die für das Projekt notwendigen Angebote konzentrieren – und Nichtnotwendiges weglassen. Im Fall der Mountain Lodge Adelboden gibt es kein Spa, keinen Fitness- und keinen Saunabereich. Darin liegt das Besondere des Hotels: Die Ausstattung ist reduziert, aber dennoch wird es den modernen Anforderungen des Gästesegments gerecht.

Was ist bei der Planung und beim Bau eines solchen Hotels wichtig?

Die Flächen sind reduziert und müssen daher optimiert genutzt werden. Das schafft mehr Kapazitäten – was sich dann letztlich auch in der Wirtschaftlichkeit widerspiegelt. Nehmen wir den öffentlichen Bereich. Es gibt einen Self-Check-in, daher ist keine Rezeption nötig. Stattdessen steht ein Check-in-Kiosk bereit – und der braucht weniger Platz. Zudem haben wir fliessende Übergänge geschaffen. Indem die Lobby auch als Restaurant genutzt wird und umgekehrt das Restaurant auch als Lobby. Auch da sparen wir Flächen ein.

Und wie sieht es bei den Zimmereinheiten aus?

Hier liessen sich Flächen durch die einfache und reduzierte Ausstattung optimieren. Dennoch sind die Zimmer wohnlich und besitzen durch den Werkstoff Holz ein einzigartiges Raumklima. Bei der Planung galt der Grundsatz «Weniger ist mehr». Es gibt keinen Schreibtisch, keine der sonst üblichen Sitzgelegenheiten und keinen Balkon, der ja einen Zugang und damit Fläche benötigen würde. Das zentrale Element ist das Bett, das vor dem grössten Fenster steht. Ein absoluter Mehrwert, denn so holen wir die Berglandschaft ins Zimmer hinein. (alm)