Die Kurzzeitvermietung von Wohnungen und Zimmern über Plattformen wie Airbnb, Wimdu & Co. steht trotz Pandemie hoch im Kurs. Airbnb als bekannteste Kurzzeitvermietungsplattform hatte in den wichtigsten Hotelmärkten weltweit bereits vor Covid-19 einen Marktanteil von 2 bis 9 Prozent am Beherbergungsmarkt erreicht. Eine Trendwende beim Marktanteilswachstum dieses wohl prominentesten Vertreters der Sharing-Economy-Plattformen ist trotz der aktuellen Krise nicht in Sicht, und es kann davon ausgegangen werden, dass der Vermietungsgigant aus San Francisco seine Marktmacht mittelfristig hält oder gar noch weiter ausbaut.
Aller Popularität zum Trotz hat Airbnb jedoch beträchtliche negative Auswirkungen auf eine Vielzahl von Akteuren. Da Kurzzeitvermietungen tendenziell lukrativer sind als langfristige Mietverträge, geht mehr und mehr bezahlbarer Wohnraum für die einheimische Bevölkerung verloren. Einwohnerinnen und Einwohner können so aus touristisch attraktiven Quartieren verdrängt werden und müssen den Platz verstärkt Touristinnen und Touristen überlassen. Ausserdem häufen sich weltweit Klagen der lokalen Bevölkerung, die wegen der «Airbnbsierung» eine Verschlechterung der Lebensqualität in Kauf nehmen muss: Sei dies aufgrund steigender Lärmbelastung, weil die Verkehrsmittel und Strassen überlastet sind oder auch wegen ungebührlichen Benehmens der Gäste.
Viele Städte weltweit haben auf die entstandenen Fehlentwicklungen reagiert und bereits Regulierungen von Kurzzeitvermietungsplattformen umgesetzt.
Daher ist es nicht weiter erstaunlich, dass der Regulierungsdruck hinsichtlich solcher Vermietungsportale in letzter Zeit massiv gestiegen ist. Viele Städte weltweit haben auf die entstandenen Fehlentwicklungen reagiert und bereits Regulierungen von Kurzzeitvermietungsplattformen umgesetzt – oder stehen kurz davor.
Auch die traditionelle Hotellerie ist vor negativen Auswirkungen von Beherbergungsplattformen nicht gefeit – und sollte, wenn es um die Regulierung von Airbnb und ähnlichen Unternehmen geht, deshalb ganz genau hinschauen.
Der Einfluss von Airbnb auf die traditionelle Hotelindustrie
Dass Airbnb und die traditionelle Hotelindustrie zumindest bis zu einem gewissen Grad als Substitute betrachtet werden können, ist bereits seit einiger Zeit durch die Tourismusforschung erwiesen. Konsumenten fragen in erster Linie das Kernprodukt Übernachtung nach – ein Bedürfnis, welches sowohl von einem traditionellen Hotel als auch einer Wohnung oder einem Zimmer über die Plattform von Airbnb erfüllt werden kann. Die Rivalität beim Werben um die Gunst des Gastes ist damit Realität.
Airbnb ist kein kurzfristiges Modephänomen, und die Hotels haben im Wettbewerb mit ungleich langen Spiessen zu kämpfen.
Airbnb ist kein kurzfristiges Modephänomen. Dass das Businessmodell von Airbnb aktuelle und längerfristige Trends des Reisens, wie beispielsweise den Wunsch nach mehr Individualisierung und Authentizität, aufgreift, macht das Unternehmen aus Kalifornien zu einem umso gefährlicheren Konkurrenten für Hotels. Diese haben im Wettbewerb ohnehin mit ungleich langen Spiessen zu kämpfen: Hotels haben, im Gegensatz zu kurzzeitvermieteten Liegenschaften, eine erhebliche Anzahl an gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, beispielsweise bezüglich Hygiene, Sicherheit und Arbeitnehmerschutz. Ebenfalls ist die Steuerlast, welche Hotels im Vergleich zu Airbnb-Wohnungen zu tragen haben, bedeutend höher, wobei nicht deklarierte Einnahmen und Kurtaxen aus Kurzzeitvermietungen ein zusätzliches Problem darstellen.
Dies alles sind marktverzerrende Faktoren, welche Anbietern von Liegenschaften über Airbnb im Vergleich zu Hotels eine kompetitivere Preisgestaltung erlauben und umgekehrt dazu führen, dass sich die Hotellerie einem unfairen Wettbewerbsnachteil zu stellen hat.
Vorschriften haben eine positive und direkte Auswirkung auf die Hotels
Eine striktere Regulierung von Kurzzeitvermietungen erlaubt es nicht nur, diesen unfairen Wettbewerbsnachteil zumindest teilweise auszugleichen. Zum ersten Mal zeigen nun neuste Forschungsergebnisse auf, dass die Hotellerie direkt und unmittelbar von diesen Massnahmen profitiert. Aufgrund der beschränkten Verfügbarkeit von Daten über Airbnb-Kurzzeitvermietungen für die Schweiz wurden in der Studie fünf europäische Städte und ihre verschiedenen Regulierungen bezüglich Kurzzeitvermietungen quantitativ untersucht.
Die Regulierungsformen der untersuchten Städte variieren stark, der Umfang reicht von vernachlässigbaren Vorschriften bis hin zu De-facto-Verboten. Was jedoch alle untersuchten Städte gemein haben, sind die positiven Auswirkungen dieser Regulierungen auf die Hotellerie: Die Einführung oder Verschärfung von Vorschriften, welche Kurzzeitvermietungen regulieren, hat eine positive und direkte Auswirkung auf die Performance des traditionellen Hotelgewerbes, genauer gesagt auf dessen Auslastungsgrad. Werden also neue Regulierungen eingeführt oder die bestehenden intensiviert, so profitieren Hotels von mehr Gästen. Mit Ausnahme der Luxushotellerie ist dieser Effekt zudem für alle Hotelsegmente beobacht- und nachweisbar. Und was für Städte des europäischen Auslandes gilt, kann auf die Schweiz übertragen werden.[RELATED]
Der Schweizer Markt bildet keine Ausnahme
Auch in der Schweiz steht Airbnb zunehmend in der Kritik und veranlasst die Behörden, ihr Augenmerk auf die Thematik zu richten. So gilt beispielsweise in Interlaken für Kurzzeitvermietungen seit kurzem eine Mindestaufenthaltsdauer von drei Tagen, und in Luzern hat die SP gemeinsam mit dem Mieter- und Hauseigentümerverband eine Initiative lanciert, welche verlangt, dass Wohnungen nur noch an maximal 90 Tagen pro Jahr an Touristinnen und Touristen vermietet werden dürfen.
Werden nun die Ergebnisse der Studie auf den Schweizer Markt übertragen, ist davon auszugehen, dass auch hier die Stadthotellerie von einer verstärkten Regulierung der Kurzzeitvermietung in Form einer höheren Auslastung ihrer Zimmer profitieren würde.
In Anbetracht des Wettbewerbsnachteils der Hotellerie sind kontextabhängige und zielgerichtete Regulierungen aus Sicht des traditionellen Hotelgewerbes klar zu empfehlen.
Das Marktumfeld wurde durch die Covid-19-Pandemie für die Schweizer Stadthotellerie nicht einfacher, deshalb ist es umso wichtiger, dass Hoteliers Airbnb & Co. als ernst zu nehmende Rivalen erkennen.
In Anbetracht des Wettbewerbsnachteils der Hotellerie sind kontextabhängige und zielgerichtete Regulierungen aus Sicht des traditionellen Hotelgewerbes klar zu empfehlen. Einerseits werden so die negativen Auswirkungen der Beherbergungsplattformen auf andere Lebensbereiche abgeschwächt und erhebliche Marktverzerrungen ausgeglichen. Andererseits profitieren Hotels gemäss aktuellen Forschungsergebnissen nachweisbar und substanziell, indem der Auslastungsgrad der Zimmer gesteigert werden kann.
Die Fachautorin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Tourismus und Freizeit (ITF) der FH Graubünden und erforscht unter anderem die Auswirkungen der Sharing Economy und von Airbnb auf die Hotellerie. Selina Steiners komplette Studie finden Sie hier.