Auf die Anfrage «Hotelzimmer für eine Woche im November gesucht» werden auf Booking.com 1988 Vorschläge angezeigt. Sobald der Gast den Filter «Ladestation» setzt, sind es noch 547 Treffer. Effektiv erkundigen sich zurzeit noch nicht allzu viele Gäste nach einer Lademöglichkeit, hatten wir doch Ende 2022 erst gut zwei Prozent Elektroautos im Gesamtbestand. Gefragt ist deshalb nicht eine bereits vollständig mit Ladestationen ausgerüstete Hotelgarage.

Vielmehr geht es darum, mit einer zweckmässigen Lösung aktuelle und zukünftige Bedürfnisse zu bedienen und, fast noch wichtiger, in den Buchungsportalen die entsprechende Eigenschaft setzen zu können. Denn fast drei Viertel der schönen Zimmer, tollen Speisekarten und attraktiven Ausflugsmöglichkeiten werden in obigem Beispiel automatisch aussortiert und bleiben für ein stark wachsendes Gästepotenzial unsichtbar.

Flexibel und ausbaubar
Die grösste Herausforderung für einen konkreten Investitionsentscheid liegt darin, dass wir heute nur wenige Ladepunkte benötigen, langfristig jedoch mehrere bis sehr viele. In 30 Jahren dürften die allermeisten Autos elektrisch angetrieben sein.

In Tiefgaragen von Mehrfamilienhäusern ist die Situation vergleichbar: heute wenige, langfristig viele Elektroautos. Da hat sich eine auf Flachkabel basierende Grundinstallation durchgesetzt. «SIA 2060 C1 Power to Garage» ist der Begriff, den man sich merken muss. Das gilt für Ladeinfrastruktur in Gebäuden, sinngemäss auch für Aussenparkplätze. Alle Parkfelder werden mit dem Flachkabel erschlossen, sodass sie später sukzessive, dem Bedarf folgend, rasch und zu moderaten Kosten mit Ladepunkten ausgerüstet werden können.

Kleiner Exkurs: Ein Restaurant hat etwas andere Bedürfnisse. Ein Grossteil der Gäste stammt meist aus der näheren Umgebung und hat somit kaum Ladebedarf. Zielgruppe sind Durchreisende, die während dem Essenshalt nachladen möchten. Zehn Prozent Ladeplätze dürften voraussichtlich auch langfristig genügen, beim Ausflugsrestaurant am See oder in den Bergen wohl etwas mehr. Auf diesen Langfrist-Bedarf wird die Grundinstallation ausgelegt.

Tarifierung, Freischaltung und Inkasso
Wie in der Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses ist auch im Hotel ein zweigeteilter Tarif sinnvoll: Der Standplatz mit Ladestation darf durchaus ein Viertel bis ein Drittel mehr kosten als derjenige ohne. Damit erübrigt sich die Diskussion, ob der Ladeplatz nach einer Nacht freigegeben werden muss: Wer das Elektroauto stehen lässt, bezahlt den Ladeplatz-Tarif.

Der Strompreis kann sich an demjenigen an öffentlichen Ladestationen orientieren. Man spart Zeit, wenn das Elektroauto während dem Aufenthalt geladen wird und nicht davor oder danach eine öffentliche Ladestation aufgesucht werden muss.

Ladekarten und Apps können umständlich sein. Zudem hat laden mit ausländischen Lade-Abos oft beträchtliche Roaming-Gebühren zur Folge. Einfacher und bequemer: Auto anschliessen und Nummer der Ladestation an der Réception melden. Der Bezug je Ladepunkt kann meistens aus der Distanz via Portal ermittelt werden, Nutzungsgebühr und Ladestrom sind dann gästefreundlich eine Zeile auf der Rechnung – die Marge bleibt im Hotel.

Praxisbeispiel Hotel Bären am Bundesplatz
«Auch werden wir bei der Stadt Bern nachfragen, ob wir gegebenenfalls auf einem stadteigenen Parkplatz vor unserem Haus eine Ladestation einrichten können. Haben Sie Erfahrung mit solchen Prozeduren?», fragt Philipp Näpflin, Hotelier im Hotel Bären am Bundesplatz. Abklärungen zeigen: Parkiert wird in öffentlichen Parkhäusern, die beiden Parkfelder vor dem Haus sind zum Ein- und Ausladen gedacht.

Es macht wenig Sinn, diese durch stundenlang ladende Autos zu blockieren. Die individuelle Lösung: hoteleigene Ladekarte der Haupt-Ladenetzbetreiberin in Bern, kurze Praxis-Schulung der Réception-Mitarbeitenden, Präsentation im Internet-Auftritt samt Telefonat mit dem Webmaster und ein Gäste-Merkblatt. Umgesetzt wurde das Ganze im Herbst 2020 – über die bisherigen Erfahrungen berichtet Gastgeberin Claudia Mende.

Dieser Fachartikel ist in Zusammenarbeit mit der sympacharge.gmbh entstanden.

Dank Beratung zur richtigen Ladeinfrastruktur
Die sympacharge.gmbh steht für neutrale Beratung und Begleitung von Ladeinfrastrukturprojekten. Der Einstieg ist meistens eine Situationsaufnahme vor Ort zum Pauschalpreis. Das Praxisbeispiel zeigt, dass zuweilen auch unkonventionelle Lösungen zum Ziel führen.

In einem anderen Fall wurde mit einem hochwertigen mobilen Ladegerät am bestehenden Eventverteiler kostengünstig eine vorläufige Lademöglichkeit realisiert. Die nachhaltige Lösung kann nun gründlich geplant und umgesetzt werden.

sympacharge.com


Nachgefragt bei Claudia Mende

Wie oft wird die Ladekarte des Hotel Bären genutzt?
Der Grossteil unserer Gäste reist per ÖV an; die Ladekarte wird etwa ein bis zwei Mal pro Monat genutzt. Entscheidend ist etwas anderes: Bei Anfragen (insbesondere auch aus dem Ausland, wenn die Gäste nicht wissen, ob ihre Ladekarte in der Schweiz funktioniert) können wir kompetent Auskunft geben, das Merkblatt auf der Website verlinken und, wenn gewünscht, unsere Ladekarte zur Verfügung stellen.

Wo laden Ihre Gäste ihre Elektroautos?
Wir schicken sie meist ins Casino-Parking. Allerdings hat es da bis heute nur zwei Ladepunkte, und die sind öfters besetzt. Dann müssen die Gäste ins Bahnhofparking ausweichen. Das Casino sollte dringend nachrüsten!

Wie rechnen Sie die Ladeeinheiten ab?
In der Anfangsphase haben wir uns auf einen Pauschalbetrag von 15 Franken pro Ladung geeinigt. Nach den ersten Auswertungen wurde festgestellt, dass die Ladekosten höher ausfallen. Die Pauschale wurde auf 25 Franken angepasst. Dieser Entscheid hat sich als richtig erwiesen.

Urs Salvisberg, Inhaber/Geschäftsführer sympacharge.gmbh