Sichtlich angewidert bahne ich mir meinen Weg durch die regennassen Gassen Hanois. Meine Slalomstangen bestehen weitestgehend aus farbigen Einweg-Plastiksäcken. Zugegeben, ich bin in dieser Hinsicht speziell. Seit früher Kindheit verspüre ich beispiellosen Ekel gegenüber diesen dünnen, umweltverschmutzenden Plastiksäckchen. Ich verfolge daher den Umgang der Menschheit mit Plastik schon länger intensiv und befürworte Alustrohhalme und Take-away-Behälter genauso wie Verbote von Einwegplastik. Wie die Welt mit dem Thema umgeht, hat mich denn auch in den letzten Monaten stark beschäftigt.
Afrika bietet ein Kontrastprogramm, was Einwegplastik angeht. Auf der einen Seite die ökonomische Grossmacht Südafrika. Plastik ist omnipräsent – in Stadtzentren, an Stränden, am Rande der Autobahnen; ein Flaggenwald aus farbigen Plastiksäcken als ständiger Begleiter. Die Hemmungslosigkeit, mit welcher Plastikverpackungen aus Auto- oder Busfenstern entsorgt werden, ist schockierend. Auf der anderen Seite Tansania. Einwegplastik ist hier seit 2019 verboten. Am Zoll wird entsprechend gefilzt. Nicht auf Drogen, sondern auf Plastiksäcke sind die Beamten aus. Tatsächlich müssen wir unsere Schuh-Hüllen am Zoll zurücklassen. Die Natur ist denn auch auffällig plastikbefreit. Grund dafür ist nicht das Verbot alleine. Vielmehr hat es die Regierung geschafft, auch ökonomische Anreize für Plastikersatz zu schaffen. So werden Kleinunternehmer, die Ersatzprodukte wie Papier- oder Stofftaschen herstellen, aktiv gefördert.
Dass blosse Verbote nicht funktionieren, zeigt das Beispiel Indien. Aufgrund fehlender Strafen und Aufklärung ist das Einwegplastik-Verbot im Land weitestgehend wirkungslos. Oft wird Essen erst in Alu eingepackt, dann in einem dünnen Plastiksack gereicht. Beides wird achtlos weggeworfen. Das Resultat ist eine beispiellose, flächendeckende Verschmutzung, von der auch touristische Hochburgen wie der weltberühmte Taj Mahal nicht ausgenommen sind.
Highlight
Neben Tansania gehen auch weitere Länder Ostafrikas im Kampf gegen Einwegplastik voran, indem Verbote verabschiedet und Sensibilisierungsmassnahmen geschaffen werden.
Missing
In Vietnam wurden wir mehr als einmal genötigt, unsere Einkäufe in einem Plastiksack mitzunehmen, obwohl wir dies aktiv abgelehnt haben.
Aufgefallen
Bisher haben wir auf unserer Reise Strohhalme aus Karton, Alu, Bambus, Stroh, Bagasse, Glas und Edelstahl entdeckt.
Machen wir einen Sprung nach Südostasien. Ein Einwegplastik-Verbot wird es in Thailand erst ab 2027 geben. Essensstände auf der Gasse machen regen Gebrauch von kleinen Plastiksäcken. Trotzdem sind Strassen und Grünflächen relativ sauber. Möglich machen das ein funktionierendes Abfallsystem und das generelle Sauberkeitsbewusstsein der Thais. Dafür schockiert die Gastronomie: In jedem Restaurant werden Kaffee- und Teegetränke in Plastikbechern serviert, auch wenn die Gäste ihr Getränk im Restaurant konsumieren. Da wirkt der gelegentlich dazu gereichte Bambusstrohhalm wie ein schlechter Witz.
Die katastrophale Plastiksituation in Vietnam schlussendlich hat mich dazu verleitet, diese Zeilen zu schreiben. Immerhin ist auch hier ein Verbot aufgegleist. Ein solches kennt die Schweiz – im Gegensatz zur EU – nicht. Dafür wurde sie oft kritisiert. Verbote sind aber nur ein Puzzleteil im Kampf gegen das Übel. Erfolg versprechend ist eine Kombination aus Sensibilisierung, Anreizen und Recyclingsystemen. Und da müssen wir uns bestimmt nicht verstecken. Lasst uns trotzdem gemeinsam weiterdenken als bis zum Alustrohhalm und zur wiederverwendbaren Take-away-Box, um der Welt zu helfen, dieses Krebsgeschwür zu besiegen!
[IMG 2]Gemeinsam mit seiner Partnerin Lena-Maria Weber reist Patric Schönberg mit dem Rucksack ein Jahr um die Welt. Der ehemalige Leiter Kommunikation von HotellerieSuisse berichtet aus seiner persönlichen Perspektive über Dinge, die auffallend anders sind als bei uns. Die gesamte Reise auf Instagram: @losnescos