Claude Meier, Ihre Rücktrittserklärung als Direktor von HotellerieSuisse begründen Sie mit dem Wunsch nach einer beruflichen Weiterentwicklung. Was heisst das konkret?
Bereits bei meiner Wahl zum Direktor betonte ich, dass ich keine Stelle auf Lebzeiten annehme. Nach fast acht Jahren im erfolgreichen Tandem mit Andreas Züllig sowie der gesamten Verbands- und Geschäftsleitung sehe ich den Zeitpunkt als richtig für eine berufliche Weiterentwicklung.
Als Direktor ist das Potenzial zur Weiterentwicklung innerhalb des Verbandes limitiert.
Unabhängig der Organisation reizt mich ein Wechsel von der operativen hin zur strategischen Führung. Da ich eine starke, tiefgründige Verbundenheit mit der Hotellerie entwickelt habe, am liebsten in unserem Verband, sprich als Präsident von HotellerieSuisse.
Sie sehen sich also als neuen Präsidenten des Branchenverbandes?
Wer das nächste Präsidium übernimmt, entscheiden die Delegierten am 22. November in Basel.
Usus ist, dass Nominationen von einem Regionalverband ausgehen. Mit welcher Region setzen Sie sich ins Boot?
Ganz bewusst mit keiner. Meine offizielle Kandidatur wurde gestern von 80 Hotelièren und Hoteliers aus der ganzen Schweiz eingereicht. Ich will fortführen, was mich und mein Team in den letzten sieben Jahren auszeichnete.
Das wäre?
Die Nähe zu sämtlichen Mitgliedern, unabhängig von Regionen oder Betriebsarten. Ich will für alle da sein und unsere Mitglieder als Einheit repräsentieren, frei von unterschwelligen regionalen Partikularinteressen.
Sagen Sie somit, bisherige Präsidenten hätten dies nicht so gehandhabt?
Keinesfalls! Gerade die Corona-Krise hat bewiesen, wie wichtig es ist, in einer Sache geeint aufzutreten. Es liegt am Präsidenten, Ansichten so zusammenzuführen, dass auf politischer Ebene eine starke Branchenstimme entsteht. Diesen Weg möchte ich weiterführen.
Woher dieser überraschende Entschluss?
Ich spüre seit längerem, dass ich bereit bin, mein Engagement zu verlagern. Entsprechend habe ich mich weitergebildet, zuletzt mit einem CAS in Verwaltungsratsmanagement. Gerade dadurch wuchs die Idee, meine Rolle als Vorwärtsdenker mit strategischer Verantwortung stärken zu wollen.
Mit Verlaub, vom Direktor zum Präsidenten in der gleichen Organisation, kann dies der richtige Weg sein?
Nach über sieben Jahren an der Seite von Andreas Züllig und der Verbandsleitung kann ich wie kein anderer die Kontinuität des eingeschlagenen Weges gewährleisten. So können sich die Mitglieder darauf verlassen, dass der Verband im bestehenden Sinne und mit maximalem Engagement weiterentwickelt wird. Solche Rollenwechsel kommen gerade in der Privatwirtschaft öfters vor.
Trotzdem, gestalten Sie so nicht einen Verband à la HotellerieMeier?
Ich bin ein Gestalter, mit Herz und Verstand für die Hotellerie. Ich sehe mich künftig als Teamplayer in der Verbandsleitung, als Sparringpartner gegenüber der nationalen Geschäftsstelle und als Zuhörer der regionalen Vorstände. Als Direktor habe ich bewiesen, dass mir Transparenz und die Vielfalt unserer Hotellerie am Herzen liegen. Von diesen Grundsätzen rücke ich keinesfalls ab. Mir ist es wichtig, die Branche als Ganzes zu fördern und die Bedürfnisse der unterschiedlichen Mitglieder proaktiv in Lösungen zu verwandeln – im politischen, wirtschaftlichen und verbandsinternen Sinne.
Claude Meier
Geboren in eine Bäckersfamilie in Adligenswil LU, erlebte Claude Meier unternehmerisches Denken von Kindesbeinen an. Dadurch engagierte er sich früh politisch. Seit seiner Jugend bringt sich der studierte Volkswirt als Politiker auf verschiedenen Ebenen ein. Parallel verfügt er über 20 Jahre Erfahrung im Gestalten von Verbänden. Seine Kompetenzen in Strategie und Management hat er kontinuierlich erweitert, zuletzt mit dem Erwerb eines CAS in Verwaltungsratsmanagement. Seit 2016 führt er HotellerieSuisse mit dem Credo, seine Leidenschaft für die Hotellerie und die Menschen dahinter zugunsten der ganzen Branche einzusetzen.
Bleibt der Fakt, dass Sie kein aktueller oder ehemaliger Hotelier sind.
Das ist kein Novum. Ich wäre der dritte Nichthotelier als Präsident. Zahlreiche andere nationale Verbände werden ebenfalls sehr erfolgreich von Politikern oder Netzwerkerinnen präsidiert.
Was bringen Sie mit, was dem Verband heute fehlt?
Die Verbandsleitung sowie die operative Crew machen einen tollen Job, welchen ich zielgerichtet ergänzen will. Durch mein langjähriges politisches und gesellschaftliches Engagement verstehe ich mich als Brückenbauer über Partei- und Organisationsgrenzen hinweg. So darf ich für mich in Anspruch nehmen, dass ich zu Beginn der Pandemie und über mehrere Monate hinweg federführend im Aufbau der Tourismus-Allianz mit über 13 nationalen Verbänden war. Zudem sehe ich mich als Person, die Chancen erkennt und sich nicht scheut, hohe Ziele mit Enthusiasmus und im Sinne der Schweizer Hotellerie anzupeilen. Und am Ende verstehe ich mich als Förderer der Branche, unabhängig von Regionen, Betriebsarten oder sonstigen Faktoren.
Sie wollen Brücken bauen. Fehlen diese heute?
Als Branchenverband sind wir im Kern eine politische Organisation, die für die Interessen der Branche kämpft. Dazu sind wirtschaftliche, politische und verwaltungsinterne Beziehungen unerlässlich. Mit dreissig Jahren Erfahrung in der Politik habe ich ein gewisses Gespür dafür, wie und wo gewinnbringende Allianzen geschmiedet werden. Gerade im Tourismus haben wir in den letzten Jahren Allianzen aufgebaut, die es weiterzupflegen und auszubauen gilt. Alles mit dem Ziel, die Rahmenbedingung im Interesse der Mitglieder auszugestalten.
Dem Thema, dass Sie die Branche nicht «von der Pike auf» kennen, können Sie trotz Verbundenheit nicht ausweichen.
Ich habe in den letzten sieben Jahren nicht nur rund 500 Hotels in sämtlichen Regionen der Schweiz besucht, sondern einen aktiven Austausch mit allen Betreibern geführt. So erlebte ich die ganze Vielfalt der Hotellerie. Gerade dadurch, dass ich den Kopf frei von betriebseigenen Sorgen habe, kann ich meine ganze Leidenschaft für die Gestaltung der Branche einsetzen. Dies immer mit dem nötigen Weitblick für das tourismuswirtschaftliche Gesamtsystem.
Sie sprechen von Leidenschaft und Emotionen für die Branche. Wie können diese, ohne Vergangenheit als Hotelier, tatsächlich echt sein?
Die Gespräche mit unseren Mitgliedern, gerade während der Corona-Krise, haben sich tief in mein Herz gebrannt. Ich habe mehr als einmal Hoteliers erlebt, die mir gegenüber Tränen in den Augen hatten. Wer als Direktor auf diese Art mitbekommt, wie viel Herzblut diese Menschen täglich investieren, der nimmt diese Emotion tief in sich auf und wandelt sie in Energie um. Energie, um für die Zukunft dieser Menschen zu kämpfen. Der direkte und ehrliche Austausch war und ist für mich die Quelle meiner Leidenschaft. Daran wird sich nichts ändern.
Was passiert, wenn Sie im November nicht Präsident werden?
Den Delegierten stehen allesamt äusserst fähige Personen zur Wahl. In jedem Falle unterstütze ich das nächste Präsidium mit Tat und Kraft, bis meine Nachfolge als Direktor bis spätestens Sommer 2024 geregelt ist. Erst dann orientiere ich mich beruflich neu, bleibe der Branche jedoch tief verbunden und hoffentlich auch erhalten.
Abschliessend und in einem Satz, welches Paket kriegt der Verband, wenn die Delegierten Sie als Nachfolger von Andreas Züllig wählen?
Ein in der Politik, Wirtschaft und Bundesverwaltung breit vernetzter Gestalter mit Weitblick und Leidenschaft für sämtliche Facetten der Schweizer Hotellerie.
Kandidaturen für das Präsidium
Am 22. November wählen die Delegierten von HotellerieSuisse ein neues Verbandspräsidium. Bis Redaktionsschluss am 31. Mai gingen bei HotellerieSuisse folgende Nominationen ein:
Martin von Moos nominiert von Regionalverband HotellerieSuisse Zürich
Marie Forestier und Urs Bircher nominiert von Association Romande des Hôteliers, HotellerieSuisse Berner Oberland und HotellerieSuisse Bern+ Mittelland
Claude Meier nominiert von 80 Hotelièren und Hoteliers aus der ganzen Schweiz
Neben dem Präsidium wählen die Delegierten im November zudem eine Vertretung aus der Marken- beziehungsweise Parahotellerie sowie einen Jung-Hotelier oder eine Jung-Hotelière in die Verbandsleitung. Bis zu den Wahlen stellt die htr hotelrevue alle Kandidierenden für das Präsidium in einem Interview vor.