Offen ist, wann die Rückkehr zur «normalen Lage» erfolgen wird. Die Aufhebung der «ausserordentlichen Lage» ist zwar ein Schritt mit grosser Symbolkraft, für die Bürgerinnen und Bürger dürfte er aber auf den ersten Blick kaum spürbar sein.
Denn auch in der besondere Lage hat der Bundesrat die Kompetenz, gewisse Massnahmen selber anzuordnen, die normalerweise in der Zuständigkeit der Kantone liegen, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) festhält. Dies geschieht allerdings erst nach Anhörung der Kantone, beispielsweise im Rahmen des Koordinationsorgans oder einer Konsultation der Gesundheitsdirektorenkonferenz.
Anordnen kann der Bundesrat etwa Massnahmen gegenüber Einzelnen wie beispielsweise die flächendeckende Quarantäne für alle Kontaktpersonen. Möglich sind auch Massnahmen gegenüber der Bevölkerung wie das Verbot oder die Einschränkung von Veranstaltungen, das Schliessen von Schulen und anderen öffentlichen Institutionen oder privaten Unternehmen oder Einschränkungen bestimmter Aktivitäten an definierten Orten.
Ärztinnen und Ärzte sowie weitere Gesundheitsfachpersonen können auch in der besonderen Lage dazu verpflichtet werden, bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten mitzuwirken. Zudem können Impfungen für obligatorisch erklärt werden.
Die Massnahmen sind im Gesetz abschliessend aufgezählt. Der Bundesrat kann sie entweder in Form einer konkreten Verfügung anordnen oder in Form einer Verordnung erlassen. In einer besonderen Lage koordiniert das Eidgenössische Departement des Innern die Massnahmen des Bundes.[RELATED]
Verordnung aufgeteilt
Rechtlich hat der Bundesrat bereits vorgesorgt. Um dem Anliegen einer weitgehenden Rückführung in die besondere Lage entgegen zu kommen, hat die Landesregierung die Covid-19-Verordnung 2 in zwei Verordnungen aufgeteilt, wie das BAG auf Anfrage bekannt gab. Dies ermögliche eine Rückführung der zentralen gesundheitspolizeilichen Kernmassnahmen gegenüber der Bevölkerung, Organisationen und Institutionen in die besondere Lage.
Betroffen davon seien insbesondere Massnahmen gegenüber der Bevölkerung, Organisationen und Institutionen sowie die Meldepflicht im Bereich der Gesundheitsversorgung, beispielsweise zur Auslastung der Spitalbetten.
Alle notrechtlichen Covid-19-Verordnungen sind gemäss Verfassung vom Bundesrat befristet worden: Die meisten treten sechs Monate nach Inkrafttreten ausser Kraft, für einige Massnahmen gelten kürzere Fristen.
Auch Massnahmen, die der Bundesrat auf der Grundlage seiner gewöhnlichen Kompetenzen ergriffen habe, sind fast alle befristet. Einige Massnahmen wie etwa der Fristenstillstand bei Volksinitiativen und Referenden oder die Finanzhilfe für «Jugend und Sport» treten gemäss BAG mit dem Erreichen der Gültigkeitsfrist ausser Kraft.
Gesetz für notrechtliche Verordnungen
Für die übrigen Verordnungen beziehungsweise Teile davon soll eine Grundlage auf Gesetzesstufe geschaffen werden. Auch diese Rechtsgrundlage wird befristet sein. Dabei geht es nur um jene Massnahmen, die zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie und deren Folgen über die Geltungsdauer der auf «Notrecht» abgestützten Verordnungen hinaus notwendig sind.
Wie viele das sein werden, lässt sich laut BAG derzeit noch nicht genau sagen. Der Bundesrat werde noch im Juni die Vernehmlassung zu einem Covid-19-Gesetz eröffnen und dem Parlament dann voraussichtlich im August die entsprechende Botschaft zu einem dringlichen Bundesgesetz vorschlagen, das Rechtsgrundlagen für die weiterzuführenden Teile der notrechtlichen Verordnungen enthält. (sda)