Gegen 1'662'800 Stimmende legten ein Nein ein, gegen 1'087'400 hiessen die Vorlage gut. In keinem einzigen Kanton fand die Vorlage Unterstützung. Gegen die auch im Parlament lange umstrittene Erhöhung des Vignettenpreises hatten Autoverbände, die SVP sowie grün-ökologische Kreise das Referendum ergriffen.
Die deutlichste Abfuhr kassierten Bundesrat und Parlament im Kanton Freiburg, wo die Vorlage mit 69,4 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt wurde. Nein-Stimmen-Anteile von mehr als 65 Prozent gab es auch im Tessin, in Genf und in Schaffhausen.
Am meisten Unterstützung erhielt die Vorlage in Neuenburg mit einem Ja-Anteil von 49,39 Prozent. Dahinter folgen Basel-Stadt mit 48,36 Prozent und Glarus mit 48,17 Prozent Ja. Glarus und Neuenburg hätten nach einem Ja davon profitiert, dass der Bund die Verantwortung von Umfahrungsprojekten übernommen hätte.
Enttäuschung für Tourismusverbände und Hotellerie
Im Vorfeld der Abstimung beschlossen hotelleriesuisse, IG Parahotellerie, Schweizer Tourismus-Verband, Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB), Gewerbeverband (sgv), Gewerkschaftsbund (SGB) die Ja-Parole. Insbesondere die Hoteliers begrüssten die mit der Vorlage verbundene Einführung einer Kurzzeit-Vignette von 40 Franken. Eine zeitlich befristete Vignette, wie sie auch in anderen europäischen Ländern besteht, erachteten die Branchenverbände als tourismusverträgliche Lösung.
Die Befürworter sahen in einer Preiserhöhung die Möglichkeit, dass künftig alle Kantonshauptorte an das Nationalstrassennetz angebunden und regionale Zentren besser erschlossen werden. Sie hielten fest, dass der Schweizer Tourismus von einem guten Nationalstrassennetz profitieren würde.
400 Kilometer Strasse nicht zum Bund
Der Bund kann nach dem Nein nicht wie geplant von den Kantonen rund 400 Kilometer Strassen und Bauprojekte übernehmen. Er hätte unter anderem die Verantwortung für die Umfahrungen von Näfels (GL) sowie Le Locle (NE) und La Chaux-de-Fonds (NE) übernehmen und Autobahn-Engpässe im Zürcher Glatttal und bei Lausanne beheben sollen.
Insgesamt wären dem Bund wegen der Übernahmen zusätzliche Kosten von rund 300 Millionen Franken im Jahr für Unterhalt und Ausbau entstanden. Das Parlament hatte die Netzerweiterung mit dem höheren Preis für die Vignette verknüpft, um zu verhindern, dass der Bund die Strassen ohne gesicherte Finanzierung übernimmt.
Kantone waren dafür
Die Kantone befürworteten die Übertragung wichtiger Strassen an den Bund. Sollte der Bundesrat sie nun doch umsetzen wollen, müsste er den Mineralölsteuerzuschlag um 8 bis 9 Rappen pro Liter Treibstoff erhöhen.
Das rechnete der Bundesrat in seiner Anfang November veröffentlichten Antwort auf einen Parlamentsvorstoss vor. Er hielt dabei allerdings auch fest, dass bei einem Nein zum höheren Vignettenpreis die Kantone für die fraglichen Strassenabschnitte verantwortlich bleiben werden.
Letzter Aufschlag 1995
Die ein Jahr gültige Autobahnvignette wird nun wie seit fast 20 Jahren weiterhin für 40 Franken zu haben sein. Den letzten Aufschlag von 30 auf 40 Franken gab es 1995. Die Vignette wurde 1984 befristet eingeführt, und ein Jahr später wurde sie für das Fahren auf Nationalstrassen obligatorisch.
Autofahren könnte in der Schweiz nach dem Nein vom Wochenende aber dennoch teurer werden. Bereits im Februar steht mit dem Volksentscheid zur FABI-Vorlage für die künftige Bahnfinanzierung der nächste verkehrspolitische Urnengang an. Sie betrifft wegen der Begrenzung des Steuerabzugs fürs Pendeln indirekt auch Autofahrer.
Weiter plant der Bundesrat, einen neuen Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehr-Fonds (NAF) in der Verfassung zu verankern. Dieses Vorhaben enthält eine Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlages auf Treibstoffen – für Benzin und Diesel müssten Autofahrer tiefer ins Portemonnaie greifen.
Autolobby gibt sich kampfbereit
2015 kann sich das Stimmvolk möglicherweise ein weiteres Mal zum Bau einer zweiten Tunnelröhre durch den Gotthard äussern. Gegner des Vorhabens, das im Parlament noch behandelt werden muss, haben bereits ein Referendum angekündigt.
Und die Autolobby gibt sich kampfbereit: Die Autopartei sammelt Unterschriften für drei Initiativen, die die Beseitigung von Engpässen auf Autobahnen, höhere Tempolimiten und die Verwendung aller Abgaben der Strassenbenützer allein für die Strassenkasse verlangen. Letzteres fordert auch ein überparteiliches bürgerliches Komitee mit der «Milchkuh-Initiative». (npa/sda)
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