Der jüngste Bericht des Uno-Klimabeirats (IPCC) über die globale Erwärmung war vergangenen Oktober veröffentlicht worden. Er zeigt auf, dass die CO2-Emissionen bis 2050 Netto Null betragen müssen, um den Klimawandel zu begrenzen.
Im Lichte dieser Erkenntnisse prüfe er derzeit das angezeigte Ziel der Schweiz für das Jahr 2050, schreibt der Bundesrat in seiner am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme zu einem parlamentarischen Vorstoss.
Entscheid beim Parlament
Die laufende Revision des CO2-Gesetzes hatte der Bundesrat dem Parlament bereits 2017 unterbreitet. Dabei geht es um die Ziele und Massnahmen der Klimapolitik bis 2030. Das Parlament sei frei, bei der Beratung jüngeren Entwicklungen Rechnung zu tragen und weitere Massnahmen oder ambitioniertere Ziele zu beschliessen, hält der Bundesrat fest.
Nationalrätin Irène Kälin (Grüne/AG) erkundigte sich, was der Bundesrat tue, um den CO2-Ausstoss bis 2030 auf Netto Null zu senken, wie die Klimastreikbewegung es fordert. Das bedeutet, dass nicht mehr CO2 ausgestossen wird als durch Emissionssenken eliminiert werden kann.
Laut dem Bundesrat könnte das Ziel auch mit einer massiven Verschärfung der bestehenden und geplanten Massnahmen nicht erreicht werden. Um es zu erreichen, müssten alle Aktivitäten, die Treibhausgase verursachen, verboten oder stark eingeschränkt werden, schreibt der Bundesrat. Eine solche Massnahme hätte vor dem Verhältnismässigkeitsprinzip keinen Bestand.
CO2 «einfangen» und speichern
Sogenannte negative Emissionstechnologien beurteilt der Bundesrat positiv, wie seiner Antwort auf einen Vorstoss von CVP-Ständerat Beat Vonlanthen (FR) zu entnehmen ist. Prioritär ist und bleibe aber die Eindämmung des Klimawandels durch eine möglichst rasche Absenkung der Treihausgasemissionen, schreibt der Bundesrat.
Vonlanthen erkundigte sich nach den Technologien Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU). Dabei wird der Luft CO2 entzogen und im Boden gespeichert beziehungsweise genutzt.
Der Bundesrat hält fest, im Energiesektor habe sich CCS über die letzten 15 Jahre vor allem aufgrund der hohen Kosten nicht durchsetzen können. Potenziale für den Zubau von CCS seien vorhanden, doch investiere die Industrie sehr verhalten. Ein Bericht über die Bedeutung negativer Emissionstechnologien für die Schweiz ist in Arbeit.
Keine Deklaration für Lebensmittel
Nichts hält der Bundesrat von der Idee einer Pflicht zur CO2-Deklaration für Lebensmittel, die lange Transportwege zurückgelegt haben. Er beantragt dem Parlament, eine Motion von FDP-Nationalrat Jacques Bourgeois (FR) abzulehnen.
Bourgeois argumentiert, mit mehr Transparenz könnten die Konsumentinnen und Konsumenten bewusste Entscheide treffen und Verantwortung übernehmen - etwa bei Spargeln aus Mexiko und den USA oder Lammfleisch und Kiwis aus Neuseeland.
Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass die Klima- und Umweltbilanz von in der Schweiz produzierten Lebensmittel nicht immer besser sei als jene von importierten. So könnten etwa Tomaten aus Schweizer Treibhäusern höhere CO2-Emissionen verursachen als Tomaten aus Spanien, die ohne Beheizung produziert worden seien.
Ausserdem würde eine Deklarationspflicht ausschliesslich für importierte Lebensmittel gegen das Zoll- und Handelsabkommen (GATT) verstossen. Der Bundesrat zweifel auch daran, ob die Angaben ohne Vergleichsgrösse interpretierbar wären.
Eine Absage erteilt der Bundesrat ausserdem dem Vorschlag von Peter Schilliger (FDP/LU) für ein Anschubprogramm zur CO2-Reduktion im Strassenverkehr und jenem von Samira Marti (SP/BL) für eine stärkere Besteuerung von Flugreisen, wenn die Destination innerhalb von 12 Stunden per Bahn zu erreichen ist. Über die Einführung einer Flugticketabgabe könne das Parlament im Rahmen der laufenden Diskussion zum CO2-Gesetz entscheiden, schreibt er. (sda)