Die Covid-Zertifikatspflicht könnte schon bald in Restaurants, Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie an Veranstaltungen in Innenräumen gelten. Der Bundesrat prüft derzeit eine Ausweitung. Dadurch soll eine Überlastung der Spitalkapazitäten vermieden werden.
Nachdem mehrere Kantone in den vergangenen Tagen und Wochen eine Ausweitung der Zertifikatspflicht in Erwägung gezogen haben, will der Bundesrat nun den Rückhalt für eine nationale Lösung eruieren. Bis nächsten Montag sollen sich die Kantone und Sozialpartner dazu äussern.
Ob und – wenn ja – wann die neuen Regeln in Kraft gesetzt werden, wird der Bundesrat im Anschluss entscheiden. Das Problem sei die Ungewissheit, sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Mittwoch vor den Medien in Bern. «Ich weiss nicht, wo wir in einer Woche stehen.» Der Bundesrat wolle, wenn nötig, rasch handeln können.[IMG 2]
Erneuten Shutdown verhindern
Eine breitere Anwendung des Covid-19-Zertifikats muss nach Ansicht des Bundesrats geprüft werden, weil die Durchimpfungsrate zu tief ist. In der Schweiz seien 56 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft, in der EU dagegen 63 Prozent.
Das Problem sei, dass das Virus derzeit schnell zirkuliere – vor allem unter den ungeimpften Teilen der Bevölkerung, sagte Berset. Das habe auch mit den aufgehobenen Massnahmen zu tun. «Es gibt seit Wochen fast keine Einschränkungen mehr ausser der Maskenpflicht.»
Anders als in früheren Infektionswellen soll auf die Schliessung ganzer Branchen oder Verbote von bestimmten Aktivitäten verzichtet werden, schreibt der Bundesrat. Die Ausweitung des Covid-Zertifikats ist laut Berset «die Massnahme, welche uns erlaubt, Schadensbegrenzung zu betreiben».
Breiter Einsatz des Zertifikats
Zur Diskussion steht die Ausdehnung der 3G-Regel (geimpft, getestet, genesen) auf alle Innenbereiche von Restaurants sowie auf Veranstaltungen, die im Innern stattfinden – wie Konzerte, Theater, Kino, Sportveranstaltungen und auch Privatanlässe wie Hochzeiten. Betreiber von Discos sollen neu obligatorisch die Kontaktdaten der Besucherinnen und Besucher erheben müssen.
Neu soll auch der Zugang zu Orten wie Museen, Zoos, Fitnesscenter, Kletterhallen, Hallenbäder, Aquaparks, Thermalbäder, Billardhallen oder Casinos auf Personen mit einem Zertifikat eingeschränkt werden. Ausgenommen wären Betriebe, die ausschliesslich Aussenbereiche umfassen.
Auch bei sportlichen und kulturellen Aktivitäten in Innenräumen wie Trainings oder Musik- und Theaterproben soll künftig der Zugang auf Personen mit Covid-Zertifikat eingeschränkt werden. Diese Beschränkung gälte nicht für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren und für beständige Gruppen von maximal dreissig Personen, die in abgetrennten Räumlichkeiten regelmässig zusammen trainieren oder proben.
Kein Zertifikat für unter 16-Jährige
Wie bis anhin soll die Zertifikatspflicht nicht für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahre gelten. Ausgenommen von der Zertifikatspflicht wären nach den Plänen des Bundesrats auch religiöse Veranstaltungen, Bestattungen sowie Anlässe zur politischen Meinungsbildung bis maximal dreissig Personen.[RELATED]
Der Bundesrat schlägt zudem vor, den Einsatz des Zertifikats im Arbeitsbereich in der Verordnung zu klären. Es soll explizit festgehalten werden, dass die Arbeitgeber das Vorhandensein eines Zertifikats prüfen dürfen, «wenn dies der Festlegung angemessener Schutzmassnahmen oder der Umsetzung des Testkonzepts dient».
Keine Gratis-Schnelltests mehr
Nichtgeimpfte haben die Möglichkeit, mit einem negativen Test zu einem Zertifikat zu gelangen. Es sei jedoch nicht mehr gerechtfertigt, die hohen Kosten von der Allgemeinheit zahlen zu lassen, weil jede Person die Möglichkeit habe, sich impfen zu lassen, sagte Berset. Der Bundesrat hat entschieden, dass ab dem 1. Oktober die Testkosten für das Covid-Zertifikat nicht mehr vom Bund übernommen werden.
Nicht geändert werden sollen die bekannten und breit akzeptierten Hygiene- und Abstandsempfehlungen, die Quarantäneregeln sowie die generelle Maskentragpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen, Läden und im öffentlichen Verkehr.
Die Auslastung der Intensivstationen in den Spitälern beträgt zurzeit 81,2 Prozent. 26,1 Prozent der verfügbaren Betten werden von Covid-19-Patienten besetzt. In der Schweiz und in Liechtenstein sind dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Mittwoch innerhalb von
24 Stunden 3212 neue Coronavirus-Ansteckungen gemeldet worden. (sda/npa)