Der Verordnungsentwurf des Bundes hat aus Sicht des Kantons Bern noch weitere Mängel, wie der Regierungsrat in seiner am Mittwoch publizierten Vernehmlassungsantwort deutlich macht. Der Text müsse unbedingt nachgebessert werden, es brauche beispielsweise eine Definition klarer Regeln für Härtefälle.

Vor allem müssten die bereitgestellten Bundesmittel deutlich aufgestockt werden. Bei einer Milliarde Franken stünde den Berner Unternehmen gemäss geplantem Verteilschlüssel etwa 115 Millionen Franken an Bundesgeldern zur Verfügung.

«Das wäre ein Volumen, mit dem man echte Hilfe leisten könnte», sagte Wirtschaftsdirektor Christoph Ammann (SP) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Gemäss Entwurf des Bundes wären es bloss 23 Millionen Franken. Damit könnte man im Kanton Bern den definierten Anspruchsgruppen in Tourismus, Event- und Reisebranche bloss knapp einen Monat lang die Fixkosten zahlen.

Gegen kantonalen Wildwuchs
Die Lagebeurteilung des Bundes stamme noch aus dem Spätsommer, kritisiert der Berner Regierungsrat. Sie sei weitgehend überholt, da ja inzwischen die zweite Corona-Welle mit Wucht über das Land geschwappt sei. Würde die Verordnung in der vorliegenden Form umgesetzt, würde sie zu «kantonal unterschiedlichen, unkoordinierten und ineffizienten Lösungen» führen, befürchtet der Regierungsrat. Das sei zu vermeiden.

Die Kantone sollten sich am Härtefallprogramm finanziell mit höchstens 20 Prozent statt 50 Prozent beteiligen. Eine schweizweit faire Lösung sei dann möglich, wenn der Bund das Heft in die Hand nehme und für landesweit einheitliche Vollzugskriterien sorge, sagte Wirtschaftsdirektor Ammann.

Covid-Kredite reaktivieren
Doch Nachbesserungen bei der Härtefallregelung reichten alleine nicht aus, betont die Berner Regierung. Viele Unternehmen bräuchten möglichst rasch Geld. Deshalb solle der Bundesrat sofort das Instrument der Covid-19-Kredite reaktivieren, das sich im Frühling bewährt habe. Die Vollzugssysteme seien eingespielt und könnten rasch aktiviert werden.

In der Praxis könnten beide Instrumente verbunden werden, schlägt der Regierungsrat vor. Ein Unternehmen könnte einen Antrag auf einen Covid-19-Kredit und parallel dazu ein Härtefallgesuch stellen. So käme es rasch zu Geld – und wenn das Härtefallgesuch später bewilligt werde, könnte ein Teil des Kredits erlassen werden. 

Schweizer Hotellerie fordert 500 Millionen Franken und Bundesanteil von 80 Prozent
In einer Stellungnahme zur Vernehmlassung der Covid-Härtefallverordnung fordert der Branchenverband HotellerieSuisse allein für die Beherbergungsbranche 500 Millionen Franken A-fond-perdu-Beiträge. Diese Härtefallunterstützung sei nötig, um angesichts der andauernden Corona-Krise Konkurse und Entlassungen auf breiter Front zu verhindern, schreibt der Verband.

Der Bundesanteil sei zudem auf 80 Prozent zu erhöhen, um die Wirksamkeit der Massnahme sicherzustellen. 
Die Kantone würden so noch 20 Prozent der Kosten tragen . Ohne neuen Finanzierungsschlüssel drohe die Härtefallregelung zu scheitern, weil viele Kantone bei einer fünfzigprozentigen Leistungsbeteiligung finanziell überfordert wären, heisst es weiter. Ausserdem müsse der Bund die Kosten vorerst voll übernehmen, damit die Kantone mehr Zeit für die Schaffung der Gesetzesgrundlage erhalten.
 
Mehr Hilfen bei Zuspitzung der Lage
Volkswirtschaftlich entspreche der von HotellerieSuisse geforderte Betrag einer Investition in die Zukunft, in systemrelevante Strukturen und in die Lebensgrundlage vieler ländlicher Regionen, hält der Verband fest. Hotelbetriebe erfüllen sowohl in Normal- als auch in Krisenlagen wichtige Funktionen für die Wirtschaft generell, die Schweiz als Messe- und Veranstaltungsort, den Tourismusstandort, Geschäftsreisende und indirekt die Landesversorgung. Deshalb sei die Branche als systemrelevant einzustufen.
 
Für die Überbrückung akuter Liquiditätsengpässe sollten die Covid-Kredite für jene Betriebe rasch wieder eingeführt werden, welche bisher noch keinen Notkredit bezogen haben. Im Falle zusätzlicher verbreiteter Einschränkungen im Tourismusbereich und einer langandauernden Krise müssen Bund und Kantone zudem rasch ein touristisches Notprogramm mit nicht rückzahlbaren Fixkostenzuschüssen aufsetzen, fordert der Verband. (sda htr)