Nach dem Nationalrat lehnte am Mittwoch auch der Ständerat die Vorlage ab - mit 30 zu 14 Stimmen. Wie in der vorberatenden Rechtskommission setzte sich eine bürgerliche Mehrheit von SVP-, FDP- und CVP-Vertreterinnen und Vertreter durch. Sie entschied, nicht einmal auf das Geschäft einzutreten.
Noch im Sommer hatten die Räte zwei gleichlautende Motionen für einen Teilerlass der Geschäftsmieten knapp angenommen. Geplant war, dass Betreiber von Läden und Beizen für die Zeit des Lockdown in der ersten Corona-Welle nur 40 Prozent des Mietzinses hätten bezahlen sollen. 60 Prozent hätten die Vermieter tragen müssen.
Damals war die Mitte-Fraktion gespalten. Ein halbes Jahr später lehnt sie nun das vom Bundesrat gegen seinen Willen ausgearbeitete Gesetz ab. Der Nationalrat sagte am Montag mit 100 zu 87 Stimmen bei 7 Enthaltungen Nein zum Covid-19-Geschäftsmietegesetz. Zuvor hatte eine SP/Grüne/EVP-Allianz erfolglos einen Kompromissvorschlag eingebracht, wonach Mieterinnen und Mietern ein Mieterlass von nur 50 Prozent zugestanden hätte.
Leere Versprechen
Neue Argumente für oder gegen den Mieterlass waren am Mittwoch in der kleinen Kammer nicht zu hören. Die Debatte bewegte sich entlang der bekannten Konfliktlinien.
Die bürgerliche Mehrheit argumentierte, dass mit dem Gesetz rückwirkend in private Vertragsverhältnisse eingegriffen werde. Der Zwangserlass von Geschäftsmieten würde ausserdem zu Rechtsunsicherheit führen und der unterschiedlichen Betroffenheit der einzelnen Betriebe nicht Rechnung tragen.
Kommissionspräsident Beat Rieder (CVP/VS) wies im Namen der Mehrheit zudem darauf hin, dass die Regelung für viele Betriebe eindeutig zu spät käme. Eine schnelle Inkraftsetzung des Gesetzes sei in Anbetracht eines wahrscheinlichen Referendums «wohl illusorisch». Thomas Minder (parteilos/SH) fügte an, dass viele Vermieter «clever genug» seien, ihren Mietern freiwillige Mieterlasse zu geben, weil sie in der aktuellen Zeit kaum Nachmieter finden würden.
Der Bundesrat hielt von Anfang an nichts vom Teilerlass von Geschäftsmieten. Wirtschaftsminister Guy Parmelin verwies auf einen kürzlich erschienenen Bericht, wonach nur wenige Hinweise für umfassende Schwierigkeiten bei Geschäftsmietern bestehen. Es seien «überraschend zahlreiche Einigungen über Mietpreissenkungen zwischen den Mietparteien» getroffen worden, heisst es darin. Die Regierung sehe sich deshalb darin bestätigt, nicht in die privatrechtlichen Beziehungen zwischen Mieterinnen und Mietern und Vermieterinnen und Vermietern einzugreifen.
«Peanuts» für grosse Vermieter
In beiden Kammern empfahl schliesslich nur noch eine linke Minderheit das Gesetz zur Annahme. Sie bezeichnete die Vorlage als überlebenswichtig für zahlreiche Unternehmen - insbesondere in der Gastronomie. Der mit dem Gesetz verbundene Eingriff in die Ansprüche der Vermieterschaft erscheine ihr vor dem Hintergrund der schwierigen Lage vieler kleinerer und mittlerer Gewerbebetriebe als angemessen.[RELATED]
Laut Carlo Sommaruga (SP/GE), Präsident des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz, wären Mieterlasse für die grossen Immobilienvermieter «Peanuts», die diese problemlos stemmen könnten. Davon profitierten unter anderem zahlreiche kleinere Mieter, die mit einem Mieterlass womöglich einen Konkurs verhindern könnten.
Nach dem Nein zum Geschäftsmietegesetz können von der Corona-Krise stark betroffene Unternehmen dennoch auf Geld von Bund und Kantonen hoffen. Das Parlament debattiert derzeit über die Ausweitung der Härtefallregelung im Covid-19-Gesetz. Der Nationalrat beschloss am Montag, dass mehr Unternehmen von der Härtefallregel profitieren sollen. (sda)